Giorgia Meloni schliesst Wahlkampf ab
Giorgia Meloni hat für die Wahlen am Sonntag gute Aussichten. Am Freitag hat die Italienerin ihren Wahlkampf in Neapel beendet.
Das Wichtigste in Kürze
- Die italienische Spitzenkandidatin Giorgia Meloni hat ihren Wahlkampf am Freitag beendet.
- Das Rechtsbündnis Melonis hat beste Chancen auf den Wahlsieg am Sonntag.
- Meloni wird mangelnde Distanz zum Faschismus vorgeworfen.
Zwei Tage vor der Parlamentswahl in Italien hat die aussichtsreichste Kandidatin ihren Wahlkampf beendet: Giorgia Meloni, Spitzenkandidatin für den Posten der Regierungschefin, hatte am Freitag einen letzten Auftritt im Süden des Landes.
«Ich bin eine Patriotin. Wir sind eine Partei des Südens und der Nation». Das erklärte die Vorsitzende der Rechtsaussen-Partei Fratelli d'Italia (FDI) am Freitag vor einem jungen Publikum in Neapel. Sie versprach, sich für die von Armut und Arbeitslosigkeit geprägte Region einzusetzen.
Gemäss Umfragen liegt Meloni derzeit vorne: Voraussichtlich wird sie mit dem Rechtsbündnis die Regierung stellen. Das Lager dürfte auf 46 Prozent der Stimmen kommen. Das Bündnis besteht aus Melonis Partei, der rechtsnationalen Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und der Forza Italia (FI). Die FI ist die Partei des langjährigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.
Das Links-Bündnis um den Partito Democratico (PD) um Ex-Regierungschef Enrico Letta liegt aktuell nur bei 28,5 Prozent. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung würden laut Umfragen nur noch 13 Prozent der Stimmbürger wählen.
Überraschungen noch immer möglich
Die meisten Analysten gehen davon aus, dass Meloni am Sonntag gewinnen wird. Damit würde sie die erste rechtsnationale Regierung in Italien seit dem Zweiten Weltkrieg bilden. Allerdings könnte der erwartete Erdrutschsieg auch ausbleiben: Bis zu 40 Prozent der italienischen Wähler sind noch unentschlossen, Überraschungen sind Experten zufolge noch möglich. Etwa, wenn die Unterstützung der Wähler für Melonis Verbündete nachlässt und ihre Rivalen zulegen.
So könnte die Fünf-Sterne-Bewegung – bei der Parlamentswahl 2018 noch Wahlsiegerin mit über 30 Prozent – auf dem Vormarsch sein. «Ich denke, dass die Fünf-Sterne-Bewegung im Süden mehr Stimmen haben wird als erwartet». Das sagte Franco Pavoncello, Professor für Politikwissenschaft an der John Cabot Universität in Rom. Er verwies darauf, dass die Partei 2018 die meisten Stimmen im Süden holte.
Sowohl Lega-Chef Salvini als auch Berlusconi sorgten zum Abschluss der Wahlveranstaltungen für Schlagzeilen. Salvini forderte am Freitag «eine Entschuldigung oder den Rücktritt» von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Diese hatte sich zu der Frage geäussert, ob sie mit Sorge auf die Wahl in Italien blicke: «Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, haben wir Instrumente zur Verfügung». So die Aussage von der Leyens.
Der Chef der rechtsnationalen Lega schrieb daraufhin bei Twitter: «Was soll das sein, eine Drohung?» Er warf von der Leyen «beschämende Arroganz» vor. Die freie und demokratische Wahl des italienischen Volks müsse respektiert werden.
Kritik kam auch aus den Reihen von Berlusconis Forza Italia. Der Vizevorsitzende der Partei und frühere EU-Kommissar sowie Europaparlaments-Präsident Antonio Tajani kritisierte von der Leyens Äusserungen als «Einmischung».
«Putin zum Krieg gedrängt»
Berlusconi sorgte zudem mit verständnisvollen Äusserungen über den russischen Staatschef Wladimir Putin für Wirbel. Putin sei von der russischen Bevölkerung und seinem Umfeld zum Einmarsch in die Ukraine «gedrängt» worden. So Berlusconi am Donnerstagabend dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Rai.
Die Äusserungen lösten heftige Kritik aus. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Enrico Letta, sprach von «skandalösen und schwerwiegenden Erklärungen». Er warnte, dass eine populistische, europaskeptische Regierung in Rom ein Risiko für die EU sei. «Alle, die uns gesagt haben, die italienische Rechte sei gemässigt, lügen», sagte Letta.
«Sich zwei Tage vor der Wahl auf die Seite Putins zu stellen und den Rücktritt von der Leyens zu fordern. Was muss noch passieren?» So kritisierte er das Rechtsbündnis.
Obwohl seine Partei Umfragen zufolge knapp hinter Melonis Partei Fratelli d'Italia liegt, hat er wohl keine Chance. Ohne eine breite linke Koalition dürfte seine Partei vor einem schwierigen Wahlsonntag stehen.
Mangelnde Distanz zum Faschismus?
Obwohl sich Meloni immer wieder vom Faschismus distanziert hat, stehen doch Vorwürfe im Raum: Denn ihre Partei und insbesondere ihre Vergangenheit zeichnen ein anderes Bild.
Gegenüber dem britischen «Spectator» stellt sie die FDI als Mitte-Rechts-Bewegung dar. Auf den Vorwurf des Faschismus angesprochen, sagt sie: «Ich verstecke mich nie. Wäre ich eine Faschistin, würde ich sagen, dass ich eine Faschistin bin. Ich habe aber nie vom Faschismus gesprochen, weil ich keine Faschistin bin.»
Dieses Bild von der Distanz zum Faschismus erhält allerdings Risse, wenn man auf die Partei Melonis blickt. Dem «Tagesspiegel» zufolge ist sie voller Hardliner, die gerne dem Faschismus oder Benito Mussolini huldigen. Auch den Kontakt zu Holocaust-Leugnern scheint man nicht zu scheuen – selbst in der Führungsriege der Partei.