Nach einer Anklage wegen Untreueverdachts wird Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) seine Versetzung in den Ruhestand beantragen.
Stefan Schostok
Stefan Schostok - dpa/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Konsequenzen aus Anklage wegen Untreue in sogenannter Rathausaffäre.
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Persönlich sehe er nach wie vor kein Fehlverhalten bei sich, betonte Schostok am Dienstag in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Die tragenden Parteien im Stadtrat hätten ihm jedoch die politische Unterstützung entzogen, wodurch ihm eine ordnungsgemässe Amtsausübung nicht länger möglich sei.

Über Schostoks Antrag muss zunächst der Stadtrat entscheiden, bevor ihn gegebenenfalls auch noch die niedersächsische Kommunalaufsicht genehmigen müsste. Im Rat ist eine Dreiviertelmehrheit nötig, um diesen anzunehmen. Nach Angaben einer Stadtsprecherin wird der Rat sich am 16. Mai zu einer Sondersitzung versammeln, um abzustimmen.

Schostok bleibt demnach formell weiter im Amt, lässt sich jedoch gemäss der standardmässigen Urlaubs- und Abwesenheitsregelungen bei der Führung der Verwaltung und repräsentativen Terminen vertreten. In Hannover wird der Oberbürgermeister direkt gewählt, über eine Neubesetzung müssten daher die Bürger entscheiden. Kommt es zur Versetzung in den Ruhestand, erfolgt die Wahl binnen sechs Monaten.

Die Staatsanwaltschaft Hannover klagte Schostok in der vergangenen Woche wegen Untreue an. Demnach soll der 54-Jährige mehrere Monate lang von einer illegalen informellen Gehaltszulage für seinen früheren Büroleiter gewusst haben. Schostok beteuerte stets seine Unschuld. Auch am Dienstag wiederholte er dies. «Ich war und bin mit keines Fehlverhaltens bewusst.» Er benötige allerdings «hinreichende politische Unterstützung» im Amt. Das sei nicht mehr gegeben.

Die Vorgänge rund um die unzulässige Zulage sind seit längerem als sogenannte Rathausaffäre bekannt. Auch Schostok ehemaliger Bürochef und der frühere Personaldezernent der Stadt wurden angeklagt. Laut Staatsanwaltschaft entwickelten sie gemeinsam die Idee, das Gehalt des Büroleiters durch gesetzlich nicht vorgesehene Zulagen für «pauschale Mehrarbeitsvergütung» zu erhöhen. Dadurch flossen von April 2015 bis zur Entdeckung im Mai 2018 an diesen 50.000 Euro.

Schostok war nach Erkenntnissen der Anklagebehörde zunächst nicht eingeweiht, soll jedoch spätestens im April 2017 von den anderen informiert worden sein. Demnach liess er sie noch etwa ein Jahr weitermachen, ohne die unrechtmässige Praxis zu stoppen. Über die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens entscheidet nun das Landgericht Hannover. Die zuständigen Richter dort prüfen zunächst die Anklage.

Nach Bekanntwerden der Anklageerhebung rückten alle Parteien im Rat einschliesslich von Schostoks eigener SPD von ihm ab. Der SPD-Bezirk Hannover gab am Dienstag ausserdem bekannt, dass Schostok nach zehn Jahren sein Amt als Vorsitzender abgibt. Er habe entschieden, auf dem im Juni geplante Bezirksparteitag nicht erneut anzutreten, teilte Bezirksgeschäftsführer Christoph Matterne mit.

Schostok ist seit etwa fünfeinhalb Jahren Oberbürgermeister von Hannover. Er wurde im Oktober 2013 gewählt. Davor war er drei Jahre lang Chef der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag.

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