In Indonesien drohen künftig harsche Strafen für Sex
Die Scharia könnte in Indonesien bald fest im Strafrecht verankert werden. Es drohen drakonische Strafen, etwa für vorehelichen und gleichgeschlechtlichen Sex.
Das Wichtigste in Kürze
- Indonesien steht kurz davor, Vorschriften aus der Scharia fest im Strafrecht zu verankern.
- Damit würde es möglich, bei 37 statt nur 10 Anklagepunkten die Todesstrafe auszusprechen.
- Für andere «Verbrechen», wie etwa ausserehelichen Sex oder Abtreibung droht Gefängnis.
Indonesien hat mit rund 227 Millionen die weltweit grösste muslimische Bevölkerung. Lange galt das südostasiatische Land dabei als Vorbild für einen toleranten Islam. In den vergangenen Jahren haben jedoch konservative Kräfte immer grösseren Einfluss gewonnen.
Das zeigte sich auch bei der Präsidentschaftswahl. Der für eine zweite Amtszeit wiedergewählte Joko Widodo gilt eigentlich als liberal, trat aber im April mit einem islamischen Kleriker als Vizepräsidentschaftskandidat an. Vielen Wählern war Widodo offenbar während seiner ersten Amtsperiode nicht radikal genug.
Konservative Kreise machen Druck auf Präsidenten
Nun gerät der Präsident deshalb zwischen die Fronten. Eine parlamentarische Arbeitsgruppe hat nämlich einen neuen radikalen Gesetzes-Vorschlag erarbeitet. Dabei könnten drakonische Vorschriften aus der Scharia künftig fest im indonesischen Strafrecht verankert werden.
Zudem geht der Entwurf in Teilen Indonesiens, in denen die Scharia bereits praktiziert wird, sogar noch einen Schritt weiter. In Provinzen wie Aceh etwa soll das islamische Recht als offizielles Strafgesetz anerkannt werden.
Das heisst, dass die Todesstrafe bei 37 statt bisher 10 Anklagepunkten angewendet werden könnte.
Der Entwurf sieht zudem unter anderem Gefängnis vor für vorehelichen und gleichgeschlechtlichen Sex, Abtreibungen oder für die Aufklärung über Verhütungsmittel.
Das Verbot ausserehelicher Kontakte würde dabei auch für ausländische Gäste gelten.
«Gesetze verstossen gegen internationales Recht»
Der Entwurf hätte eigentlich diese Woche verabschiedet werden sollen. Nach Protesten von Menschenrechtsorganisationen und einer Petition hat Staatspräsident Joko Widodo aber erstmal eine Verschiebung angeordnet. Einige Artikel müssten überarbeitet werden, meinte Widodo.
Harscher geht Human Rights Watch mit der Gesetzes-Vorlage ins Gericht. «Dieser Entwurf ist nicht nur ein Desaster für Frauen, religiöse und Genderminderheiten, sondern für alle Indonesier», sagt Andreas Harsono gegenüber dem «Spiegel».
Der indonesische Forscher hält fest, dass das bisherige Strafgesetz tatsächlich überholt werden muss, da es noch aus der niederländischen Kolonialzeit stammt.
«Jedoch nicht so», sagt Harsono, der seine Heimat seit geraumer Zeit für die Menschenrechtsorganisation überwacht und erklärt, dass einige der neuen Artikel gegen internationales Recht verstossen würden.