Kamala Harris zeigt sich in ersten TV-Interview souverän
Erstmals gibt Kamala Harris als US-Präsidentschaftskandidatin ein TV-Interview. Trotz einiger schwieriger Fragen bleibt die Demokratin souverän.
Das Wichtigste in Kürze
- Kamala Harris hat ihr erstes Fernsehinterview seit ihrer Nominierung gegeben.
- Die Fragen meisterte sie ohne grössere Patzer.
- Harris lobte Ex-Präsident Biden und wehrte sich gegen die Angriffe von Donald Trump.
Grössere Patzer blieben bei Kamala Harris in ihrem ersten Interview als Präsidentschaftskandidatin aus. Doch einige Chancen, zu punkten, verpasste die 59-Jährige im Gespräch mit dem US-Sender CNN auch. Donald Trump reagierte nach dem Interview auf Truth Social mit einem Wort: «LANGWEILIG.»
Mit CNN entschied sich die Wahlkämpferin für einen Sender, der den Demokraten eher wohlgesonnen ist. Donald Trump gibt häufig Interviews – vorrangig allerdings Sendern wie Fox News, die eisern hinter ihm stehen.
Kamala Harris lobt Joe Biden
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin hat Joe Bidens Leistungen als erfolgreich verteidigt. Die Regierung habe die Vereinigten Staaten nach der Krise der Corona-Pandemie wieder auf den Wachstumspfad gebracht, und das schneller als andere Länder, sagte Harris.
In einem Interview nach Bidens katastrophaler TV-Debatte gegen Trump im Juni trat Harris souverän auf und stellte sich auch loyal hinter ihren Chef. Den verteidigte sie nun erneut und stellte klar, dass sie es nicht bereue, ihn damals verteidigt zu haben.
Sie gab einen unterhaltsamen Einblick in den Tag, an dem sie von Bidens Rückzug erfahren hat. «Meine Familie war bei uns zu Gast, einschliesslich meiner kleinen Nichten, und es gab Pfannkuchen», sagte Harris. Als sie mit ihrer Familie habe puzzeln wollen, habe plötzlich das Telefon geklingelt und Biden habe sie über seine Pläne informiert.
Harris sagte, sie habe den 81-Jährigen gefragt, ob er sich sicher sei. Dieser habe dann sehr deutlich gemacht, dass er Harris als seine Nachfolgerin im Rennen um das Weisse Haus unterstützen werde. «Mein erster Gedanke galt nicht mir, um ehrlich zu sein. Mein erster Gedanke galt ihm», sagte Harris weiter.
Wahlkampfpläne als Vize nicht umgesetzt – dennoch Erfolge
Auf die Frage von Moderatorin Dana Bash, wieso sie ihre aktuellen Wahlkampfpläne – etwa zur grosszügigeren Unterstützung von Familien und Hauskäufern – als Vizepräsidentin nicht längst umgesetzt habe, sagte sie, es gebe «noch mehr zu schaffen».
Aber die Regierung habe «gute Arbeit» geleistet, betonte die 59-Jährige. Dabei nannte sie die Erfolge am Arbeitsmarkt sowie insbesondere die Preisobergrenze für Insulin für Rentner sowie weitere Massnahmen gegen hohe Medikamentenpreise.
In dem Gespräch musste Kamala Harris auch erklären, warum sie in manchen Bereichen eine Kehrtwende hingelegt habe – etwa beim Thema Fracking. Einst hatte sich Harris gegen die Erdgasgewinnung durch Fracking ausgesprochen, nun sagt sie: «Ich werde Fracking nicht verbieten.»
Es handelt sich dabei um eines der Themen, für das sie von Trump immer wieder angegriffen wird – ebenso wie beim Thema Migration. Auch hier musste sich Kamala Harris in dem Interview für ihre Leistung als US-Vize in dem Bereich verteidigen.
Bei illegalen Grenzübertritten hat Kamala Harris auf Konsequenzen gepocht. «Wir haben Gesetze, die befolgt und durchgesetzt werden müssen», sagte Harris zum Wahlkampfthema Migration. Wenn diese Gesetze nicht befolgt würden, müsse das Konsequenzen haben.
«Und lassen Sie es mich klar sagen: In diesem Rennen bin ich die einzige Person, die transnationale kriminelle Organisationen verfolgt hat, die mit Waffen, Drogen und Menschen handeln», fügte sie hinzu mit Blick auf ihre Vergangenheit als Generalstaatsanwältin im Bundesstaat Kalifornien.
Harris sprach sich zudem erneut deutlich für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine Freilassung der israelischen Geiseln aus. «Es wurden viel zu viele unschuldige Palästinenser getötet, wir müssen eine Einigung erzielen», sagte sie. «Dieser Krieg muss beendet werden, und wir müssen eine Vereinbarung treffen, die die Freilassung der Geiseln vorsieht.» Gleichzeitig betonte sie, dass Israel das Recht habe, sich selbst zu verteidigen.
Harris bezeichnet Trump-Aussage zu ihrer Hautfarbe als «abgestandene Masche»
Aussagen Donald Trumps über ihre Identität als schwarze Amerikanerin hat die Präsidentschaftskandidatin als «dieselbe alte, abgestandene Masche» bezeichnet. Manche Kritiker hatten Trumps Vorwurf, sich aus politischen Gründen neuerdings als schwarze Amerikanerin zu identifizieren, als rassistisch angesehen.
Kamala Harris ist die erste Frau, die erste Schwarze und die erste Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln, die den Eid als US-Vizepräsidentin abgelegt hat. Ihr Vater war aus Jamaika in die USA eingewandert. Ihre Mutter kam aus Indien.
Vor wenigen Wochen hatte Ex-Präsident Trump mit Blick auf Harris gesagt: «Sie war immer indischer Abstammung und hat nur mit ihrer indischen Abstammung geworben.» Er sagte weiter: «Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist, bis sie vor einigen Jahren plötzlich schwarz wurde.»
Bei der Wahl läuft es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Harris und Trump hinaus. Entscheidend sind bei der Präsidentenwahl die sogenannten Swing States, in denen gemäss der Tradition nicht von vornherein feststeht, ob die Demokraten oder Republikaner gewinnen. Hier liegen Trump und Harris in Umfragen zum Teil fast gleichauf.