Kopf-an-Kopf-Rennen bei Präsidentenwahl in Polen
Das Wichtigste in Kürze
- Amtsinhaber Duda in Nachwahlbefragungen knapp vor Trzaskowski.
Sein Vorsprung war jedoch derart dünn, dass der Ausgang der Stichwahl zwischen dem rechtsgerichteten Staatschef und seinem liberalkonservativen Herausforderer in der Nacht offen blieb.
Die drei Prognosen des Ipsos-Instituts beruhten auf Befragungen von Wählern bei Verlassen der Wahllokale. Die offiziellen Ergebnisse wurden erst für den Verlauf des Montags erwartet.
In der dritten und letzten Prognose war Dudas Vorsprung etwas grösser als in den beiden vorherigen. Er kam demnach auf 51,0 Prozent und Trzaskowski auf 49,0 Prozent. Damit lag der Vorsprung des Amtsinhabers aber immer noch innerhalb der Fehlermarge, die von Ipsos mit zwei Prozentpunkten angegeben wurde. In den ersten beiden Prognosen hatte Dudas Vorsprung 1,6 beziehungsweise 0,8 Prozentpunkte betragen.
Duda sagte gleichwohl schon am Abend vor Anhängern: «Ich bin glücklich über meinen Sieg.» Er räumte aber im selben Atemzug ein, dass seine Freude nur auf den Wählerbefragungen beruhte. Trzaskowski sagte zu seinen Anhängern, «wahrscheinlich nie» zuvor sei der Ausgang einer polnischen Präsidentenwahl derart knapp gewesen.
Für die regierende nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ist die Präsidentenwahl von grosser Bedeutung. Ein Sieg des ihr nahestehenden Duda dürfte ihre Vormachtstellung mindestens bis zur Parlamentswahl 2023 festigen. Sollte sich doch Trzaskowski von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) durchsetzen, wäre dies aus Sicht der PiS ein schlechtes Vorzeichen für die Parlamentswahl.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 28. Juni war Duda auf 43,5 Prozent der Stimmen gekommen, Trzaskowski auf 30,4 Prozent. Trzaskowski hatte für einen Sieg in der Stichwahl auf Wähler gesetzt, die in der ersten Runde noch für andere Oppositionskandidaten gestimmt hatten.
Die Beteiligung an der Stichwahl fiel mit 67,9 Prozent vergleichsweise hoch aus. Trotz der Corona-Pandemie hatten sich vor den Wahllokalen lange Schlangen gebildet. Die Wähler wurden aufgefordert, Masken zu tragen, sich die Hände zu desinfizieren sowie Rentnern, Schwangeren und Wählern mit Kindern den Vortritt zu lassen.
Duda hat vor allem im ländlichen Raum, in Kleinstädten und im Osten des Landes viele Anhänger, während Trzaskowski breite Unterstützung in den grösseren Städten und im Westen des Landes nahe der Grenze zu Deutschland hat.
Ursprünglich war die Wahl für Mai angesetzt gewesen - zu einer Zeit, als Duda in den Meinungsumfragen noch einen deutlichen Vorsprung hatte. Wegen der Pandemie und verfassungsrechtlicher Bedenken wurde der von der PiS damals als reine Briefwahl geplante Urnengang jedoch verschoben. Dudas Beliebtheitswerte sanken seitdem erheblich. Dies liegt teilweise daran, dass Polen durch die Corona-Krise erstmals seit Ende des Kommunismus in eine Rezession gerutscht ist.
Duda hatte im Wahlkampf auf die Verteidigung konservativer Werte gesetzt. Dabei machte der 48-Jährige auch mit Verbalattacken auf Verfechter einer vermeintlichen «LGBT-Ideologie» Stimmung, die den Polen angeblich aufgezwungen werden solle. LGBT steht im Englischen für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also für lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender.
Duda bediente darüber hinaus im Wahlkampf auch antideutsche Ressentiments. Deutschen Medien warf er eine «Attacke» gegen Polen vor. Wegen angeblicher «manipulativer» Berichterstattung zur Präsidentschaftswahl in deutschen Zeitungen hatte das Aussenministerium in Warschau vor einigen Tagen einen deutschen Diplomaten einbestellt.
Trzaskowski warb dagegen für ein anderes Polen - mit besseren Beziehungen zur EU. Zudem unterstützt der 48-Jährige die Einführung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften. Die Homo-Ehe und das Adoptionsrecht für Homosexuelle lehnt aber auch er ab.