Lehrermangel an Grundschulen noch grösser als bislang erwartet
Der Lehrermangel an Deutschlands Grundschulen wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Jahr 2025 fehlen laut Bertelsmann-Stiftung mehr als 26.000 Lehrer.
Bis 2025 fehlen laut einer am Montag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Analyse mindestens 26.300 Lehrer und damit 11.000 mehr als von der Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrer jüngsten Prognose angenommen. Die KMK bestätigte einen vermutlich zunehmenden Lehrermangel. Gewerkschaften und Verbände forderten unter anderem mehr Studienplätze und eine Qualifizierung von Quereinsteigern.
Die Kultusministerkonferenz war im vergangenen Jahr noch von rund 15.300 fehlenden Pädagogen im Jahr 2025 ausgegangen. Die Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Zorn, die für die Bertelsmann-Stiftung die Analyse erstellten, führten ihre deutlich höheren Zahlen auf einen Anstieg der Schülerzahlen zurück. Während die KMK noch mit 3,064 Millionen Schülern im Jahr 2025 gerechnet habe, ergebe sich auf Grundlage einer Bevölkerungsschätzung des Statistischen Bundesamts eine Zahl von rund 3,232 Millionen Grundschulkindern.
Auch im Jahr 2030 werden laut Bertelsmann-Stiftung die Schülerzahlen höher als von der KMK erwartet liegen. Statt von 3,019 Millionen Kindern müsse mit 3,181 Millionen Kindern im Grundschulalter gerechnet werden. Wenn die Lücke bei den Lehrern bis 2025 nicht geschlossen werden könne, drohe der Lehrermangel bis 2030 anzuhalten.
Die Kultusministerkonferenz rechnet in den kommenden Jahren ebenfalls mit einer grösseren Lücke als bislang. Auch die aktuellen KMK-Zahlen zeigten, dass der Bedarf an Grundschullehrern grösser als bislang angenommen sei, erklärte ein Sprecher des Gremiums. Er verwies ebenfalls darauf, dass die jüngsten Bevölkerungsprognosen bei der vorherigen Berechnung noch nicht vorgelegen hätten. Die nächste KMK-Analyse zum Lehrerbedarf soll bis November erscheinen.
Die Kultusminister hätten die Entwicklung im Blick, versicherte der Sprecher. Die Situation sei in den Ländern auch sehr unterschiedlich, zudem variiere der Lehrerbedarf deutlich zwischen Schularten und Fächern. Die Länder reagierten auf den Mangel beispielsweise mit Seiteneinsteigerprogrammen oder Initiativen für mehr Lehramtsstudenten.
Gewerkschaften und Verbände forderten grössere Anstrengungen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach sich dafür aus, den Numerus clausus (NC) für das Studium abzuschaffen und die Zahl der Studienplätze deutlich auszubauen. Es sei eine «Schande», dass junge Menschen keinen Studienplatz bekämen, erklärte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Statt eine Ausbildungsoffensive zu starten, gebe es in einigen Bundesländern immer noch einen NC für das Grundschullehramt.
Der Deutsche Philologenverband sieht die Ursachen für den Lehrermangel in zu wenigen Studienplätzen sowie einer verlängerten Studiendauer für das Grundschullehramt. Verbandspräsidentin Susanne Lin-Klitzing forderte «echte Ursachenanalysen» statt «teurer Symbolpolitik». Sie forderte als Reaktion auf den bestehenden Lehrermangel unter anderem, die Zuverdienstgrenze für pensionierte Lehrer auszusetzen und Quereinsteiger an Universitäten nachzuqualifizieren.
Der Deutsche Beamtenbund (DBB) kritisierte, die Politik müsse Schluss machen mit «Lippenbekenntnissen». Die «eklatante Unterversorgung» sei seit Jahren bekannt, erklärte Verbandsvize Jürgen Böhm. Konkret sei jetzt etwa eine aktive Nachwuchswerbung notwendig.