Lindner erhöht im Streit um Bundeshaushalt Druck auf SPD und Grüne
Im Koalitionsstreit um den Bundeshaushalt 2024 erhöht Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Druck auf die Koalitionspartner SPD und Grüne.
Das Wichtigste in Kürze
- Finanzminister: «Dieser Staat hat ein Kostenproblem».
«Ich werde erst dann ins Kabinett gehen, wenn ich einen realistischen Etatentwurf habe», sagte Lindner der «Welt am Sonntag». Der Minister hatte die für Mittwoch geplante Vorlage der Haushaltseckwerte kurzfristig verschoben. Gescheitert ist aus seiner Sicht nichts. «Aber wir müssen grundsätzlicher beraten», sagte Lindner.
Der Einigungsdruck liege nicht bei ihm, betonte der Finanzminister. «Im Gegenteil müssen die Kolleginnen und Kollegen ein Interesse an einer raschen Einigung haben, da ihre finanzwirksamen Projekte ja ohne Haushalt nicht vorangetrieben werden.» Nach Jahren der Notlagenkredite, der Rücklagen und des Nullzinses sei die wirkliche Finanzlage nun sichtbar: «Wir haben starke Einnahmen, aber die Ausgaben steigen viel zu schnell. Dieser Staat hat ein Kostenproblem.»
Die Situation sei mit keiner Etatberatung der vergangenen zehn Jahre zu vergleichen, sagte Lindner weiter. Er werde Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) «zum weiteren Vorgehen Vorschläge unterbreiten», sagte er auf die Frage, ob er eine Sparklausur des Kabinetts anstrebe, bei der jeder Minister etwas auf den Tisch legen müsse. Auf diese Weise hatte sich im Sommer 2010 die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) auf ein umfassendes Sparpaket geeinigt.
Die Minister der Ampel-Regierung hatten bei Lindner Ausgabenwünsche angemeldet, die rund 70 Milliarden Euro über dem bisher vereinbarten Finanzplan liegen.
Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sieht angesichts erwarteter Steuermehreinnahmen neue Spielräume im Bundeshaushalt. «Einige Entspannung dürfte die nächste Steuerschätzung geben», sagte er den RND-Zeitungen vom Samstag. «Die Entwicklung ist deutlich besser als erwartet.» Kindler forderte zugleich den Abbau von klimaschädlichen Subventionen: «Gerade in Zeiten der Klimakrise würde der Abbau klimaschädlicher Subventionen eine doppelte Dividende bringen: Für den Haushalt und für unsere Lebensgrundlagen.»
Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta verlangte höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt für die Pflege- und Krankenversicherung und warnte vor einer Mehrbelastung der Beitragszahlenden. Alle SPD-geführten Ministerien müssten sich mit «deutlich mehr Nachdruck» für die Einhaltung des Koalitionsvertrags einsetzen, forderte sie ebenfalls in den RND-Zeitungen.
Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Christian Görke, sprach von einer «strukturellen Schieflage im Bundeshaushalt». Das Ausgabenproblem sei auch durch «zahlreiche Fehlentscheidungen» der vergangenen Jahre entstanden. «Gleichzeitig haben wir aber auch massive Einnahmenprobleme durch die Nichterhebung einer Vermögensabgabe für Superreiche, massivste Erbschaftsteuergeschenke oder den Verzicht auf eine Umsatzsteuer bei Börsenprodukten», erklärte er. Allein diese drei Massnahmen würden Einnahmenverbesserungen von nahezu 48 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten, betonte Görke.