Türkisches Verfassungsgericht erklärt Inhaftierung Kavalas für rechtmässig
Das türkische Verfassungsgericht hat eine Klage des renommierten Kulturförderers Osman Kavala gegen seine mehrjährige Untersuchungshaft abgewiesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Kulturförderer sitzt seit mehr als drei Jahren in Untersuchungshaft.
Die Inhaftierung bedeute «keine Verletzung» von Kavalas Rechten, urteilte das höchste Gericht des Landes nach einem Richtervotum am Dienstag. Dem 63-Jährigen, der seit mehr als drei Jahren in Untersuchungshaft sitzt, werden eine Beteiligung am fehlgeschlagenen Putschversuch von 2016 und Spionage vorgeworfen. Kavala weist die Vorwürfe zurück.
Das Votum der Verfassungsrichter fiel knapp aus: Nach Angaben eines Gerichtssprechers stimmten sieben der Richter für eine Freilassung Kavalas, acht waren dagegen. Veröffentlicht werden soll die Urteilsbegründung voraussichtlich in ein bis zwei Monaten.
Kavalas Anwälte hatten die sofortige Freilassung des Unternehmers gefordert. Der international bekannte Kulturförderer war im Februar nach knapp zweieinhalb Jahren im Gefängnis freigelassen worden, nachdem ein türkisches Gericht ihn von dem Vorwurf freigesprochen hatte, die regierungskritischen Gezi-Proteste im Sommer 2013 in Istanbul finanziert und organisiert zu haben. Wenige Stunden später wurde er erneut festgenommen, diesmal in Zusammenhang mit dem Putschversuch 2016.
Der neue Prozess gegen Kavala hatte am 18. Dezember begonnen. Bei einer Verurteilung wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Putschversuch droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Zusätzlich 20 Jahre Gefängnis fordert die Staatsanwaltschaft wegen der Spionagevorwürfe.
Bei der Prozesseröffnung beteuerte Kavala seine Unschuld. «Ich war mein Leben lang gegen militärische Staatsstreiche und habe die Einmischung der Armee in die Politik immer kritisiert», sagte er. Die nächste Anhörung Kavalas soll am 5. Februar stattfinden.
Das Verfahren richtet sich ausser gegen Kavala auch gegen den in der Türkei geborenen US-Professor Henri Barkey, gegen den in Abwesenheit verhandelt wird. Er soll eine selbst organisierte Konferenz in der Türkei für die Koordination des Putsches genutzt haben. Barkey bezeichnete die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen im Gespräch mit AFP als «Farce erster Klasse» und warf den türkischen Behörden vor, Beweise zu «erfinden».
Menschenrechtsorganisationen sehen in dem Verfahren gegen Kavala den Versuch, einen Verteidiger der Meinungsfreiheit in der Türkei zum Schweigen zu bringen. Anlässlich des Prozessbeginns hatte der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus Beeko, den Kulturmäzen als «ein offensichtliches Opfer der politischen Instrumentalisierung der türkischen Justiz» bezeichnet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits vor einem Jahr die «sofortige Freilassung» Kavalas gefordert.
Der in Paris geborene Kavala betreibt einen der grössten Verlage der Türkei und setzt sich mit seiner Organisation Anadolu Kültür für den Dialog der Volksgruppen etwa im Kurden-Konflikt oder mit den Armeniern ein. Er gehörte zudem zu den Gründern des türkischen Zweigs der Open Society Foundation des US-Philanthropen George Soros. Die Stiftung fördert demokratische Bewegungen in zahlreichen osteuropäischen Ländern. Soros, der ungarisch-jüdischer Abstammung ist, ist das Feindbild vieler Populisten.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Kavala nach dessen Festnahme im Oktober 2017 als «roten Soros der Türkei» verunglimpft. Im November dieses Jahres holte er erneut gegen den Unternehmer aus und warf ihm trotz dessen Freispruchs vor, für die regierungskritischen Proteste in Istanbul 2013 verantwortlich gewesen zu sein.