Merkel sieht deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Zeichen von Corona-Pandemie
Zum Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag den Fragen der Abgeordneten gestellt.
Das Wichtigste in Kürze
- Kanzlerin wertet Gespräche mit Grossbritannien skeptisch.
Merkel rückte dabei am Mittwoch das geplante EU-Hilfsprogramm in der Corona-Pandemie ins Zentrum, brachte aber auch ihre Sorgen bei den Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Grossbritannien zum Ausdruck. Innenpolitisch zeigte sie sich offen für eine Frauenquote in Unternehmensvorständen und warb für den Kohleausstieg, über den am Freitag im Parlament abgestimmt werden soll.
Die EU-Präsidentschaft werde von den Bemühungen zur Eindämmung und Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie geprägt sein, sagte Merkel bei der regelmässig im Bundestag stattfindenden Regierungsbefragung. Sie kündigte an, sich für eine Einigung unter den EU-Mitgliedsstaaten auf ein Corona-Hilfspaket einzusetzen. Die Positionen lägen hier noch «weit auseinander».
Skeptisch zeigte sich die Kanzlerin mit Blick auf die Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Grossbritannien. Die Europäische Union muss sich nach ihrer Einschätzung auch auf ein Scheitern der Verhandlungen vorbereiten: «Wir sollten vorsorgen für den Fall, dass das Abkommen doch nicht zustande kommt.»
Zwar werde sie sich während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft weiter «für eine gute Lösung stark machen», sagte Merkel. Aber die Fortschritte in den Verhandlungen seien bislang «um es zurückhaltend zu formulieren, sehr übersichtlich». Das Abkommen soll die Handelsbeziehungen zwischen Grossbritannien und der EU nach dem Brexit regeln.
Merkel antwortete auch auf zahlreiche innenpolitische Fragen der Abgeordneten. Dabei zeigte sie sich offen für eine verbindliche Frauenquote in den Vorständen grosser Unternehmen. «Ich halte es für absolut unzureichend, dass es immer noch börsennotierte Unternehmen gibt, in denen nicht eine einzige Frau im Vorstand ist», sagte Merkel.
Über das Thema ist die Kanzlerin nach eigenen Angaben «im engen Gespräch» mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die eine gesetzliche Frauenquote für Unternehmensvorstände plant. In der Union stösst eine solche Vorgabe allerdings immer noch auf Vorbehalte.
Die Kanzlerin verteidigte zudem die Vereinbarungen zum Kohleausstieg. Es handele sich um einen «insgesamt ganz wichtigen Schritt, den wir jetzt gehen», zeigte sich Merkel überzeugt. Es sei «etwas Grosses» geschaffen worden. Am Freitag stimmt der Bundestag über den Kohleausstieg ab.
Im Streit um eine polizeikritische Kolumne in der Tageszeitung «taz» verteidigte Merkel das Vorgehen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Sie halte es für die «absolut richtige Reaktion», sich hinter die Polizisten zu stellen und zugleich das Gespräch zu suchen, sagte Merkel auf eine Frage der AfD. Sie äusserte sich aber nicht direkt zu der zunächst von Seehofer angedrohten Strafanzeige gegen die «taz»-Autorin, auf die der Innenminister schliesslich doch verzichtete.
Die Kanzlerin wandte sich in der Fragestunde auch gegen Kritik am Auslaufen der Sonderregelung zum Kündigungsschutz in der Corona-Pandemie. «Die Regelung war ein tiefer Eingriff in die Vertragsfreiheit», sagte Merkel. Es gebe auch Vermieter mit wirtschaftlichen Problemen. Sie räumte ein, dass es in der Frage einen Dissens in der Koalition gegeben habe. Das dreimonatige Zahlungs-Moratorium für von der Krise betroffene Mieter war Ende Juni ausgelaufen.