Nach der Wahl in Brandenburg gibt es 2024 in Deutschland bis auf Hamburg keine Landtagswahlen. Die Bundestagswahl findet am 28. September 2025 statt.
Olaf Scholz
Am 28. September 2025 wird der Bundestag gewählt, doch Zweifel an der Stabilität von Kanzler Olaf Scholz' Regierung wachsen. (Archivbild) - Kay Nietfeld/dpa

Das ist in Deutschland ungewöhnlich: Nach der Wahl in Brandenburg vom Sonntag steht im nächsten Jahr – vom Stadtstaat Hamburg im März abgesehen – keine Landtagswahl an.

Am 28. September 2025 soll dann der Bundestag gewählt und damit über die Zusammensetzung der nächsten Regierung von Europas grösser Volkswirtschaft entschieden werden. Doch ob die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bis dahin hält, daran wachsen wieder die Zweifel.

Sozialdemokraten feiern Wahlsieg in Brandenburg

Zwar haben Scholz' Sozialdemokraten im Bundesland Brandenburg einen inzwischen seltenen Wahlsieg erzielt. Doch sie haben dies weniger dem Kanzler, als der Popularität von Landesvater Dietmar Woidke und der Angst vieler Brandenburger vor einem Durchmarsch der in Teilen rechtsextremen AfD zu verdanken.

Und für die in Berlin regierende «Ampel»-Koalition insgesamt wurde der Wahltag zum Desaster: Die Grünen von Vizekanzler Robert Habeck flogen mit 4,1 Prozent aus dem Landtag. Die Liberalen (FDP) von Finanzminister Christian Lindner, schon bisher nicht im Landesparlament, landeten in den Ergebnisgrafiken mit 0,8 Prozent im Feld «Sonstige».

SPD nur ohne Scholz erfolgreich?

«Die SPD kann noch gewinnen, aber nur wenn sie die Ampel bekämpft und der Kanzler den Kontinent verlässt», spottete am Montag die «Berliner Zeitung» mit Blick auf die Reise des Regierungschefs zu den Vereinten Nationen. «Ist doch super, dass wir gewonnen haben», hatte Scholz schon am Sonntag aus New York verlauten lassen. Viele sehen seine Koalition aber nun vor einer neuen Zerreissprobe.

Würde in Deutschland jetzt neu gewählt, käme die «Ampel» laut Umfragen insgesamt auf höchstens 30 Prozent, weniger als die oppositionellen Christdemokraten alleine. Die FDP wäre mit 4 Prozent nicht mehr im Bundestag in Berlin vertreten, sie stellt nach ihrem Absturz in Brandenburg jetzt abermals die Koalition im Bund infrage.

«Die Menschen sind mit der Ampel fertig», sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki dem Sender Welt TV. Es gebe völlig unterschiedliche Auffassungen, wie man die Wirtschaft wieder flott machen könne. Entweder gelinge es, einen vernünftigen gemeinsamen Nenner zu finden – oder es mache für die Freien Demokraten keinen Sinn mehr, an dieser Koalition weiter mitzuwirken.

FDP-Chef stellt Bedingungen

Schon vor der Brandenburg-Wahl hatte FDP-Chef Christian Lindner die Worte vom «Herbst der Entscheidungen» fallen lassen. Er meinte damit, dass sich die Koalition in strittigen Punkten wie einer geplanten Rentenreform oder Haushaltseinsparungen einigen müsse.

Am Montag präzisierte er, dass drei Fragen in diesem Herbst dringend geklärt werden müssten: «Migration, wirtschaftlicher Erfolg dieses Landes und stabilitätsorientierte Haushaltspolitik mit mutiger Schwerpunktsetzung».

Das Thema Migration gilt als Hauptgrund für den Erfolg der AfD, die in Potsdam zwar nur zweiter Sieger blieb, im Vergleich zur Wahl 2019 aber um 5,7 Prozentpunkte auf 29,2 Prozent zulegte. Bei zwei weiteren ostdeutschen Landtagswahlen war die Partei am 1. September in Thüringen stärkste Kraft geworden und in Sachsen knapp hinter den Christdemokraten auf Platz zwei gelandet.

ZDF-Umfrage

In einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen, die am Sonntag vom ZDF veröffentlicht wurde, sagten 63 Prozent der Befragten, dass Brandenburg die vielen Flüchtlinge nicht verkraften könnte. 2019 sagten das nur 35 Prozent.

Auch für die Christdemokraten gab es am Sonntag in Brandenburg nichts zu feiern. Die CDU, dort bisher in einem Dreierbündnis mit den Grünen und Woidkes SPD, fiel um 3,5 Punkte auf 12,1 Prozent, ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in Ostdeutschland. «Das ist schmerzhaft für die CDU», sagte der deutsche CDU-Chef Friedrich Merz, der am Montag offiziell zum Kanzlerkandidaten der CDU und ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU gekürt wurde.

Woidke habe es im Wahlkampf auf eine Polarisierung zwischen SPD und AfD – «die oder wir» – angelegt. Dabei sei die CDU zerrieben worden.

SPD hält noch zu Scholz

Woidke hatte im Wahlkampf ausdrücklich auf Scholz' Unterstützung verzichtet. Während in der Presse bereits darüber spekuliert wird, die deutsche Sozialdemokraten könnten vor der nächsten Wahl ähnlich den US-Demokraten ihren Spitzenmann fallen lassen, stärkte Woidke ihm nun ausdrücklich den Rücken. «Der Bundeskanzler ist gesetzt als Kanzlerkandidat», sagte der brandenburgische Ministerpräsident in der ARD. Ähnlich äusserte sich am Montag SPD-Chef Lars Klingbeil. «Da gibt es gar kein Wackeln», sagte er.

Sollte die «Ampel» im Herbst an der Haushalts- oder Rentenfrage scheitern, dann müsste Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Wenn er sie verliert, könnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auflösen und vorgezogene Wahlen ansetzen.

Allerdings gäbe es bei diesen laut Umfragen für keinen der drei Koalitionspartner etwas zu gewinnen, was den Durchhaltewillen stärken dürfte. Merz sagte am Montag, er stelle sich auf einen «sehr harten Wahlkampf» für die Bundestagswahl 2025 ein.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Frank-Walter SteinmeierChristian LindnerRentenreformOlaf ScholzWahlkampfBundestagRegierungMigrationAbsturzHerbstAngstCSUAfDARDCDUZDFSPD