Politologe: FPÖ-Affäre wird für AfD bei EU-Wahl kaum negative Auswirkungen haben
Die Videoaffäre der österreichischen FPÖ wird nach Einschätzung des Politologen Frank Decker für die deutsche AfD bei der Europawahl kaum negative Auswirkungen haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Ex-SPD-Chef Schulz hofft auf Mobilisierung gegen Rechtspopulisten.
«Man sollte den Effekt der FPÖ-Affäre nicht überschätzen», sagte der Bonner Wissenschaftler der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Montagsausgabe). Schliesslich würden rechtspopulistische Protestparteien «vor allem als Dagegen-Parteien gewählt und nicht, weil sie ein überzeugendes Erscheinungsbild bieten oder eine bessere Regierungsalternative versprechen».
Decker prognostizierte, die AfD werde trotz der FPÖ-Affäre ein zweistelliges Ergebnis bei der Europawahl am kommenden Sonntag erzielen.
Der Skandal um die FPÖ war durch ein heimlich aufgenommenes Video ausgelöst worden, in dem sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit zeigte, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfgelder öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. Strache trat als Konsequenz als Vize-Kanzler und FPÖ-Chef zurück, voraussichtlich im September sollen vorgezogene Parlamentswahlen in Österreich stattfinden.
Der frühere deutsche Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), rechnet hingegen schon mit einem Effekt des politischen Bebens in Österreich auf die Europawahl. Dies gelte sowohl für die FPÖ als auch für die AfD unter Führung von Jörg Meuthen oder etwa die rechtsradikale Lega von Italiens Innenminister Matteo Salvini, sagte Schulz der «Neuen Osnabrücker Zeitung».
«Ich denke, dass die Wählerinnen und Wähler am kommenden Sonntag jetzt noch deutlicher sehen, wen sie da vor sich haben, wenn sie Leute wie Strache, Salvini oder Meuthen auf dem Wahlzettel haben», sagte der frühere SPD-Chef. Die Affäre Strache stehe «symbolisch für die Verantwortungslosigkeit von rechtspopulistischen Parteien in Regierungen». Am Sonntag gebe es nun «die Chance, diesen Parteien die Quittung zu erteilen, die sie verdienen», urteilte Schulz.
ARD-Wahlmoderator Jörg Schönenborn riet derweil davon ab, von einer Schicksalswahl für die EU zu sprechen. «Das passt nicht zur deutschen Wirklichkeit. Es gibt bei uns ein breites Bekenntnis zu Europa», sagte der WDR-Fernsehdirektor dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Montagsausgabe). Das gelte auch fürs Ausland. «Europa ist so populär wie nie.»
Die Umfragen kommen laut Schönenborn auf ein 35-Jahres-Hoch in der Frage, ob die EU den Menschen mehr Vorteile als Nachteile bringt. «Das zieht sich durch alle EU-Mitgliedsstaaten - mit einer Ausnahme: Italien», sagte der Umfragenexperte.