Präsenz zeigen und provozieren - Vor einem Jahr zog die AfD in den Bundestag ein
«Wir werden Frau Merkel jagen»: Mit diesen Worten gab AfD-Kandidat Alexander Gauland die Richtung vor. Nun ist die AfD schon seit einem Jahr im Bundestag
Das Wichtigste in Kürze
- Die AfD zog vor einem Jahr in den Bundestag ein.
- Besonders in den Flüchtlings- und Migrationsthemen war die AfD aktiv.
Präsenz zeigen und provozieren - nach dieser Devise agiert die AfD im Bundestag. Vor einem Jahr, am 24. September 2017, zog die Partei mit 12,6 Prozent als drittstärkste Kraft in das Parlament.
In Umfragen liegt die 2013 gegründete AfD seit Monaten über ihrem Wahlergebnis, aktuell zwischen 13 und 17 Prozent. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik konnte sich damit eine Partei am rechten Rand des Parteiensystems flächendeckend etablieren.
Holpriger Start
Mit der Kampfansage «Wir werden Frau Merkel jagen» gibt AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland am Wahlabend die Richtung vor. Zunächst macht die Partei jedoch Schlagzeilen in eigener Sache: Nach der Wahl erklärt Frauke Petry, bis dahin AfD-Chefin, ihren Austritt aus Fraktion und Partei. Petry wollte die AfD als gemässigte Partei etablieren. Sie sitzt fortan fraktionslos im Parlament. Somit stellt die AfD 92 Parlamentarier, den Fraktionsvorsitz teilen sich Gauland und Alice Weidel.
Postenbesetzung
Bei der Wahl der Bundestagsvizepräsidenten fällt der AfD-Kandidat Albrecht Glaser dreimal durch - er hatte die Religionsfreiheit für Muslime in Frage gestellt. Die AfD lehnt die Benennung eines Ersatzkandidaten ab. Vorbehalte gibt es auch gegen Peter Boehringer, der nur mit den Stimmen von AfD und FDP Vorsitzender des Haushaltsausschusses wird.
Vorsitzender des Rechtsausschusses ist Stephan Brandner aus Thüringen - ein Vertrauter von Rechtsaussen Björn Höcke. Der Tourismus-Ausschuss wird von Sebastian Münzenmaier geleitet, der ebenfalls zum rechten AfD-Flügel zählt.
Vollbesetzte Reihen
Mit hoher Anwesenheit glänzt die AfD bei den ersten Bundestagssitzungen. Mitte Januar weist sie spätabends per «Hammelsprung» nach, dass die Beschlussfähigkeit nicht gegeben ist, die Sitzung wird abgebrochen. Parallel laufende Ausschusssitzungen und andere Termine lassen im Laufe der Zeit aber auch die Lücken auf den AfD-Bänken grösser werden.
Thema Flüchtlinge und Migranten
Die Parlamentsarbeit der AfD wird von der Asyl- und Sicherheitspolitik beherrscht, auch andere Themen dreht sie gern in diese Richtung. Im April reicht die Fraktion Verfassungsklage gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen deren Flüchtlingspolitik ein. Im Juni hält sie im Alleingang eine Schweigeminute für die getötete 14-jährige Susanna ab. Das Video dazu wird in den sozialen Netzwerken von der AfD-Klientel gefeiert.
Selbst Debatten wie zu Wölfen in Deutschland nutzt die AfD zur Stimmungsmache gegen Migranten: Ihr Redner Karsten Hilse zieht Ende Juni Parallelen zwischen der Ansiedlung von Wölfen und der Zuwanderung und wettert den Grossteil seiner Rede gegen Flüchtlinge. Zu anderen zentralen Themen, etwa der Rentenpolitik, hat die Partei noch kein Konzept.
Radikalisierung der Sprache
Die AfD hat laut Gauland «den Korridor des Sagbaren im Bundestag ausgeweitet». Auf das Scheitern von AfD-Kandidaten für Ausschussposten sagt er im Januar: «Wenn man Krieg haben will im Bundestag, dann kann man auch Krieg haben.» Im Mai handelt sich Weidel einen Ordnungsruf ein, weil sie «Kopftuchmädchen» als «Taugenichtse» bezeichnet. Mit seiner Kritik an einem «entarteten Doppelpass» sorgt der Abgeordnete Gottfried Curio für Aufregung im Parlament.
Um ihre Empörung über die AfD auszudrücken, greifen auch andere Abgeordnete zu derben bis hin zu drastischen Worten. In der Haushaltsdebatte Mitte September sagt der SPD-Abgeordnete Martin Schulz, Gauland gehöre auf den «Misthaufen» der deutschen Geschichte - angesichts dessen früherer Äusserung, die Nationalsozialisten seien «nur ein Vogelschiss» gewesen. Der SPD-Parlamentarier Johannes Kahrs nennt «Rechtsradikale im Parlament unappetitlich» und «hässlich», worauf die AfD-Fraktion geschlossen den Saal verlässt.
Faktencheck
Um die Angriffe von AfD-Rednern im Bundestag besser parieren zu können, werden deren Aussagen von Mitarbeitern anderer Fraktionen einem Faktencheck unterzogen. So können nachfolgende Redner direkt auf die AfD-Aussagen eingehen und gegebenenfalls widerlegen.