WEF weg von Davos wäre «enormer Verlust» bis «nicht unser Problem»
Ohne Klaus Schwab an der Spitze könnte das WEF Davos verlassen. Politikerinnen und Politiker fänden das nicht nur schade.

Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Rücktritt von Klaus Schwab könnte das WEF von Davos wegziehen.
- Das WEF sei eine private Organisation, heisst es schulterzuckend bei SP und SVP.
- «Das WEF ist ein Glück, ja eine Perle», sagt dagegen Mitte-Nationalrat Martin Candinas.
Nach dem überraschenden Rücktritt von WEF-Gründer Klaus Schwab steht die Austragung des WEF-Jahrestreffens in Davos zur Debatte. Man könnte es ja auch etwa in Singapur oder an wechselnden Standorten stattfinden lassen.
Wie schlimm wäre ein Wegzug des Weltwirtschaftsforums für Graubünden und die Schweiz? Sollte allenfalls gar der Bundesrat aktiv werden – und wenn ja, wie? Klar ist: Das WEF kostet die Steuerzahler Millionen, insbesondere wegen der Sicherheitsvorkehrungen.
Umgekehrt führen sowohl Touristiker wie auch der Bundesrat immer wieder eine Studie der Hochschule Sankt Gallen an. Diese kommt zum Schluss: Der durch das WEF ausgelöste Gesamtumsatz beträgt rund 100 Millionen Franken. Hinzu kommen Steuereinnahmen von plusminus zehn Millionen.
Gegenüber Nau.ch sagt deshalb Tourismus-Experte Jürg Stettler: «In der Bilanz ist das ein Event, der sich für Davos, aber auch für die ganze Schweiz auszahlt.»
WEF und Politik: Zweifel, Lob und Schulterzucken
Genau diesen Nutzen für die Bevölkerung hinterfragt die Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer. Zudem sei das WEF nicht wichtiger als etwa die demokratisch legitimierten Institutionen in Genf. Mitte-Nationalrat Martin Candinas sieht dies anders: «Ein Wegzug wäre ein enormer Verlust», denn es gebe weltweit keinen vergleichbaren Anlass.

Es sei im Interesse der ganzen Schweiz, dass das WEF den «Spirit of Davos» weiterhin in die weite Welt trage. «Das WEF ist ein Glück, ja eine Perle, für unsere Schweiz», findet der Bündner.
Weniger Emotionen lösen die Querelen innerhalb des World Economic Forums bei anderen Parlamentariern aus. Hier kommt es dafür zu überraschenden Gemeinsamkeiten von SP und SVP: «Das WEF ist eine private Organisation», betonen sowohl SP-Nationalrat Fabian Molina wie auch SVP-Nationalrat Roland Büchel.

Für Molina heisst das: ein exklusives Jahrestreffen, wo immer die Interessen von Grosskonzernen über die jene der Weltbevölkerung gesetzt worden seien. Aber ob das WEF aus der Schweiz wegziehe, sei reine Spekulation.
Büchel dagegen streicht heraus: Am WEF erhalte der Bundesrat Gelegenheit, sich mit Staatschefs, Ministern und Topshots aus der Wirtschaft zu treffen. «Das erspart einige Reisen», gibt er auf der finanziellen Seite zu bedenken.
WEF: Bundesrat soll Ball flach halten
Dass sich nun der Bundesrat für einen Erhalt des WEF in Davos starkmachen soll, unterstützt lediglich Mitte-Mann Candinas. Es gelte, einen «intensiven und wohlwollenden Kontakt zu den WEF-Verantwortlichen» zu pflegen.

Grünen-Nationalrätin Brenzikofer findet dagegen, der Bundesrat solle sich, wenn schon, für anderes einsetzen: Multilateralismus und Dialog. Zum Beispiel mit einem Multilateralismus-Gipfel, «ähnlich wie das Bürgenstocktreffen im letzten Jahr». Nur nicht dort und auch nicht in Davos, sondern in Genf.
Und die Polparteien SP und SVP? Sind sich erneut – fast – einig. «Die Schweiz unternimmt genug für das WEF», findet SVPler Büchel. «Der Bundesrat darf das WEF nicht noch stärker hofieren», sagt SPler Molina.

Es betont: Die Schweiz biete als Gaststaat vieler internationaler Organisationen neutral und im Herzen Europas sehr gute Rahmenbedingungen für internationale Treffen. «Wenn das WEF diese Vorteile nicht entsprechend gewichtet, ist das nicht das Problem der Politik.»
Ganz ähnlich klingt dies bei SVP-Nationalrat Büchel: «Wenn die neuen ‹Tätschmeister› glauben, dass ein WEF ohne Schwab und ohne Davos gleich erfolgreich sein wird, dann steht es ihnen frei, es andernorts zu versuchen.»