Präsidentenwahl in Russland: Streit um Kriegsgegner Nadeschdin
Die russische Wahlkommission hat die Echtheit der Unterschriften für den kriegskritischen Präsidentschaftskandidaten Boris Nadeschdin angezweifelt.
«Wir sehen Aberdutzende von Leuten, die nicht mehr auf der Welt sind, aber ihre Unterschrift gegeben haben – und da taucht die Frage nach der Ehrlichkeit und den ethischen Normen etwa der Unterschriftensammler auf», sagte der Vizechef der Zentralen Wahlkommission, Nikolai Bulajew, am Freitag der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Er deutete an, dass Nadeschdin an Fälschungen beteiligt sein könne.
Der Beschuldigte wehrte sich gegen die Vorwürfe. «Tote Seelen» gebe es in seinen Unterschriftenlisten nicht, schrieb er auf seinem Telegram-Kanal in Anlehnung an den gleichnamigen Roman des russischen Schriftstellers Nikolai Gogol. Tatsächlich war Nadeschdin der einzige Bewerber, für den die Russen in der Öffentlichkeit Schlange standen, um für ihn und seine Kandidatur zu unterschreiben. Eigenen Angaben nach sammelte sein Team das Doppelte der geforderten 100'000 Unterschriften.
Angelegenheit noch nicht entschieden
Entschieden ist die Angelegenheit noch nicht. Bulajew schlug vor, Nadeschdin und einen anderen Kandidaten einer kommunistischen Splitterpartei für Montag in die Wahlkommission einzuladen, um ihnen «die Ergebnisse der Überprüfungen zu zeigen und die Protokolle mit den Beanstandungen vorzustellen.» Politische Beobachter räumen der Kandidatur Nadeschdins nur geringe Chancen ein. Sie gehen davon aus, dass die Wahlkommission den Altliberalen wegen seiner Kriegskritik unter einem Vorwand aus dem Rennen nehmen wird.
Amtsinhaber Wladimir Putin will sich bei der Präsidentenwahl im März zum fünften Mal wiederwählen lassen – und hat dafür 2020 extra die russische Verfassung umschreiben lassen. Grossen Zulauf für einen expliziten Gegner seines Angriffskriegs kann der Kreml nicht gebrauchen.