Inmitten der Regierungskrise in Rom hat das Rettungsschiff «Open Arms» vor der italienischen Insel Lampedusa weiter auf eine Entscheidung über das Schicksal der Flüchtlinge an Bord gewartet.
Die «Open Arms» vor der Küste Lampedusas
Die «Open Arms» vor der Küste Lampedusas - Local Team/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Kapitän beschreibt extrem angespannte Lage an Bord.
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Der Kapitän beschrieb die Lage auf dem Schiff mit 134 Flüchtlingen am Freitag als extrem angespannt. Innenminister Matteo Salvini, der mit anderen Regierungsmitgliedern einen heftigen Streit über die Flüchtlingspolitik führt, verweigerte dem spanischen Schiff weiterhin das Einlaufen.

Wenn keine rasche Lösung gefunden werde, dann werde die Situation an Bord «explodieren», warnte Kapitän Marc Reig in einem Interview des spanischen Fernsehsenders TVE. Die Lage sei «unmenschlich». Die Küste Lampedusas sei so nah, dass sich vom Schiff dorthin schwimmen lasse. Die Flüchtlinge wollten ins Wasser springen: «Sie halten es nicht mehr aus.»

Das Schiff wird von der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms betrieben. Es hat nur 180 Quadratmeter Platz und lediglich zwei Waschräume. Einige der Flüchtlinge waren nach Angaben der Organisation am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag nach Lampedusa gebracht worden, weil sie dringende medizinische oder psychologische Hilfe brauchten. Die meisten Flüchtlinge mussten aber an Bord bleiben.

Der Streit zwischen italienischen Regierungsmitgliedern um die Flüchtlingspolitik verschärfte sich unterdessen weiter.

Regierungschef Giuseppe Conte hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass sechs EU-Staaten einschliesslich Deutschlands sich zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt hätten. Der parteilose Regierungschef warf zugleich dem rechtsradikalen Innenminister Salvini vor, sich «zwanghaft» auf eine Flüchtlingspolitik zu konzentrieren, die sich mit dem Schlagwort «geschlossene Häfen» zusammenfassen lasse.

Salvini schrieb daraufhin auf Facebook, ohne seine «Entschlossenheit» hätte die EU «niemals einen Finger gerührt und Italien und die Italiener sich selbst überlassen». Die einwanderungsfeindliche Lega von Salvini hatte die Regierungskoalition mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung in der vergangenen Woche platzen lassen. Mittels eines Misstrauensantrags gegen Ministerpräsident Conte wollte Salvini rasche Neuwahlen erzwingen. Der Versuch scheiterte jedoch.

Die Flüchtlinge an Bord der «Open Arms» gerieten damit ins Zentrum der politischen Krise in Rom. Anfang des Monats hatte Salvini dem Schiff per Dekret das Einfahren in italienische Gewässer verboten. Ein Gericht hob die Anordnung dann am Mittwoch auf, woraufhin Salvini ein neues Dekret erliess, um die «Open Arms» zu stoppen. Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta von Salvinis fallen gelassenem Koalitionspartner weigerte sich jedoch, den Erlass gegenzuzeichnen.

Die «Open Arms» ist seit Anfang August mit vor der libyschen Küste geretteten Flüchtlingen auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Ein weiteres Seenotschiff, die von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée betriebene «Ocean Viking» mit mehr als 350 Flüchtlingen an Bord, befand sich derweil weiter auf dem Meer zwischen Malta und Italien. Beide Staaten verweigerten dem Schiff das Einlaufen in ihre Häfen.

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