Brasiliens Präsident durch Untersuchung der Justiz schwer unter Druck

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Brasilien,

Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro drohen Ermittlungen der Justiz, die bis hin zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen den ultrarechten Präsidenten führen könnten.

Brasiliens Staatschef Bolsonaro im Visier der Justiz
Brasiliens Staatschef Bolsonaro im Visier der Justiz - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Ex-Justizminister wirft Bolsonaro politische Einflussnahme auf Bundespolizei vor.

Ein Richter am Obersten Gericht des Landes wies am Montag die Bundespolizei an, die explosiven Vorwürfe des zurückgetretenen Justizministers Sergio Moro zu untersuchen, wie aus einem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Gerichtsdokument hervorgeht. Dabei geht es um die Anschuldigung, der Präsident habe sich in Ermittlungen der Polizei einmischen wollen. Die Untersuchung könnte den Weg zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro ebnen - oder zu einer Anklage gegen Moro wegen Falschaussage.

Der oberste Richter Celso de Mello gab der Bundespolizei 60 Tage Zeit, um den in Brasilien hoch angesehenen, früheren Anti-Korruptionsrichter Moro zu den von ihm erhobenen Vorwürfen zu befragen. Der durch seine Rolle im Jahrhundertprozess «Lava Jato» bekannt gewordene und in der brasilianischen Bevölkerung äusserst beliebte Moro hatte am Freitag seinen Rücktritt als Justizminister verkündet und zugleich schwere Vorwürfe gegen Bolsonaro erhoben.

Nach Moros Darstellung wollte Bolsonaro durch die Entlassung des Bundespolizeichefs Mauricio Valeixo politischen Einfluss auf die Behörde nehmen. Ein solcher Angriff auf die Unabhängigkeit der Bundespolizei erschüttere die Glaubwürdigkeit der Regierung, begründete Moro seinen Rücktritt.

Bolsonaro habe ihm gesagt, dass er den entlassenen Bundespolizeichef durch eine Person ersetzen wolle, «die er persönlich kennt und die er anrufen könnte, um Informationen zu laufenden Ermittlungen zu erhalten», sagte Moro, der als enger Vertrauter Valeixos gilt. Brasilianischen Medienberichten zufolge verfügt Moro über Aufnahmen seiner Gespräche mit Bolsonaro. Der Präsident weist die Anschuldigungen zurück.

Richter Mello begründete seine Anordnung zu Untersuchungen gegen Bolsonaro damit, dass die gegen den Staatschef erhobenen Vorwürfe offenbar «in engem Zusammenhang zu seiner Ausübung des Präsidentschaftsamts» stünden. Insgesamt nannte der Richter sieben Vorwürfe gegen Bolsonaro, darunter Amtsvergehen und Behinderung der Justiz.

Sollten sich die Vorwürfe gegen Bolsonaro im Zuge der Ermittlungen bestätigen, könnte das Abgeordnetenhaus an deren Ende ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro einleiten. In vergleichbaren Fällen hatte sich das Unterhaus in der Vergangenheit stets gegen einen solchen Schritt entschieden.

Auch in der brasilianischen Bevölkerung gibt es bisher keine klare Mehrheit, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro unterstützen würde. 45 Prozent der Befragten in einer am Montag in der Zeitung «Folha de S. Paulo» veröffentlichten Umfrage forderten ein solches Verfahren gegen den Staatschef, während sich 48 Prozent dagegen aussprachen.

Doch Bolsonaro steht nicht nur wegen der von Moro erhobenen Vorwürfe unter Druck, sondern auch wegen seines Umgangs mit der Coronavirus-Pandemie. Der rechtsradikale Staatschef spielt nach wie vor die von dem neuartigen Coronavirus ausgehende Gefahr herunter und ist gegen Ausgangsbeschränkungen, wie sie von Gouverneuren brasilianischer Bundesstaaten verhängt wurden. Mitte April entliess er den beliebten Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta, nachdem dieser sich im Kampf gegen das Virus wiederholt für strikte Corona-Auflagen ausgesprochen hatte.

Vergangene Woche sprach sich der Oberste Richter Alexandre de Moraes dafür aus, mögliche Rechtsverstösse bei einer Demonstration gegen die geltenden Corona-Restriktionen in Brasília zu untersuchen, an der Bolsonaro teilgenommen hatte. Moraes bezeichnete die Vorgänge als «sehr schwerwiegend». Der Protest habe sich gegen den «demokratischen brasilianischen Rechtsstaat» und dessen Institutionen gerichtet. Auch seien dort verbreitete Parolen «verfassungswidrig» gewesen.

Unterstützer des ultrarechten Staatschefs hatten bei der Demonstration eine Militärintervention wegen der Corona-Massnahmen sowie die Schliessung des Parlaments verlangt. Bolsonaro, der ein erklärter Bewunderer der früheren brasilianischen Militärdiktatur ist, war in seiner Rede auf diese Forderungen nicht eingegangen.

Brasilien ist das lateinamerikanische Land mit der höchsten Zahl von registrierten Coronavirus-Infektionen. Nach offiziellen Angaben wurden 45.000 Infektionsfälle nachgewiesen, mehr als 2900 Menschen starben. Experten gehen jedoch von einer bis zu 15-fach höheren Dunkelziffer aus.

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