Schweiz auf schwarzer Liste der internationalen Arbeitsorganisation
Die internationale Arbeitsorganisation übt Kritik an der Schweiz. Grund dafür ist der ungenügende Kündigungsschutz hierzulande.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz ist auf der schwarzen Liste der internationalen Arbeitsorganisation.
- Grund dafür ist der ungenügende Kündigungsschutz hierzulande.
Gewerkschaftlich aktive Arbeitnehmende sind in der Schweiz nicht genügend vor Kündigung geschützt. Das kritisiert die internationale Arbeitsorganisation ILO. Sie hat die Schweiz auf eine schwarze Liste gesetzt – kurz vor einer Jubiläumskonferenz in Genf.
Die Liste hat die zuständige ILO-Kommission beschlossen, wie diese auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA bestätigte. Sie umfasst vierzig Länder, die ILO-Konventionen verletzten. Zusammen mit Griechenland und Weissrussland ist die Schweiz das einzige europäische Land auf der Liste.
Ungenügender Kündigungsschutz
Ihr wird vorgeworfen, völkerrechtliche Verpflichtungen nicht einzuhalten. Dabei geht es um die ILO-Konvention 98 zum Kündigungsschutz für gewerkschaftlich engagierte Arbeitnehmende, welche die Schweiz 1999 ratifiziert hat.
Zwar ist nach Schweizer Recht eine Kündigung missbräuchlich, wenn sie wegen einer rechtmässigen gewerkschaftlichen Tätigkeit erfolgt. Die maximale Entschädigung für missbräuchliche Kündigung liegt aber lediglich bei sechs Monatslöhnen.
Aus Sicht der ILO reicht das nicht. Die Organisation hatte bereits 2004 moniert, das wirke nicht genügend abschreckend für die Arbeitgeber. Mit der geltenden Regelung könnten gewerkschaftlich engagierte Arbeitnehmende mundtot gemacht werden. Der ILO-Bericht, auf welchem die Liste basiert, erwähnt das Beispiel eines Neuenburger Spitals, das Mitarbeitende nach einem Arbeitskampf entlassen hat.
Ein «Schuss vor den Bug»
Im letzten Bericht zuhanden der ILO schrieb der Bundesrat , dass die Sozialpartner an ihren unterschiedlichen Haltungen in dieser Frage festhielten. Die Gewerkschaften forderten eine Entschädigung von mindestens zwölf Monatslöhnen und die Möglichkeit einer Wiedereinstellung. Die Arbeitgeber dagegen wünschten keine höheren Entschädigungen bei missbräuchlicher Kündigung.
Dass die Schweiz deshalb nun auf einer schwarzen Liste figuriert, ist aus Sicht der Gewerkschaften ein «Schuss vor den Bug». Dies sagte Luca Cirigliano vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Es zeige, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht habe. Nun müsse etwas geschehen.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schreibt, es habe die Auflistung der Schweiz in der «Longlist» der ILO zur Kenntnis genommen. Die Liste wird an der ILO-Konferenz behandelt, die am 10. Juni in Genf beginnt.
Dort wird entschieden, ob die Schweiz auch auf die «Shortlist» mit 25 Ländern kommt. Die Schweiz würde in diesem Fall gerügt und aufgefordert, etwas gegen den Missstand zu unternehmen.
Ob die Schweiz auf dieser Liste figuriere, werde erst zu Beginn der Konferenz bekannt, schreibt das Seco. Werde sie aufgeführt, würde der Bund im Rahmen des ILO-Aufsichtssystems darauf reagieren.