Sozialhilfe der Schweiz hilft mehreren jungen Dschihadisten
Etwa 40 Prozent der dschihadistisch radikalisierten Personen lassen sich von der Sozialhilfe der Schweiz helfen. In der Schweiz betrifft es vor allem Männer.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund 40 Prozent der in der Schweiz lebenden Dschihadisten beziehen Fürsorgeleistungen.
- Es handelt sich dabei vermehrt um junge Männer.
Rund 40 Prozent der 130 dschihadistisch radikalisierten Personen in der Schweiz beziehen Fürsorgeleistungen. Das zeigt eine am Mittwoch publizierte Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).
Dschihadistische Radikalisierung betrifft in der Schweiz mehrheitlich junge Männer aus der Agglomeration mit tendenziell niedrigem Bildungsstand und geringer Arbeitsintegration. Einige von ihnen sind zudem mit sozialen und psychischen Problemen konfrontiert und hatten bereits vor ihrer Radikalisierung einen kriminellen Hintergrund.
Dies zeigen aktualisierte und erweiterte Daten zur 2015 durchgeführten ZHAW-Studie «Hintergründe dschihadistischer Radikalisierung in der Schweiz». Die Datengrundlage bildet eine quantitative Analyse der vom Nachrichtendienst des Bundes zur Verfügung gestellten Informationen. Sie handeln von den Hintergründen dschihadistischer Radikalisierung sowie Interviews mit verschiedenen Akteuren.
Gefahr durch Radikalisierte bleibt bestehen
Aufgrund der Entwicklung des «Islamischen Staates» (IS) seit Mitte 2016 hat die Anzahl dschihadistisch motivierter Ausreisen gemäss ZHAW «stark abgenommen». Dieser global zu beobachtende Trend lasse sich auch auf die Schweiz übertragen.
Die Gefahr, die von radikalisierten Personen ausgehe, bleibe jedoch in europäischen Staaten einschliesslich der Schweiz bestehen.
Bei der geografischen Verteilung der dschihadistischen Radikalisierung ortet die Studie regionale Unterschiede. So ist etwa die Region Genf/Wallis/Waadt stärker betroffen als die übrige Schweiz.
Auch im Vergleich der europäischen Länder gibt es Unterschiede. In Relation zur Gesamtbevölkerung weist die Schweiz mehr Dschihadreisende auf als Italien und weniger als Deutschland. Die Schweiz ist jedoch nicht so stark vom Problem dschihadistischer Radikalisierung betroffen wie Frankreich, Belgien oder Österreich.
Besondere Anforderungen an Strafvollzug
Der Dschihadismus hat auch Folgen auch für die Gefängnisse: Der Strafvollzug muss sich laut der Studie «den Herausforderungen von dschihadistisch radikalisierten Insassen stellen» - auch wenn dies wenige sind.
Die Studie schlägt beispielsweise vor, das Strafvollzugspersonal gezielt weitergebildet wird. Dies damit es über genügend «Hintergrundwissen und Handlungskompetenzen für einen aufmerksamen, professionellen Umgang mit radikalisierten Personen» verfüge.
Da diese Weiterbildung aufwändig ist, schlägt die ZHAW vor schweizweit zwei bis drei Strafvollzugsanstalten zu Kompetenzzentren aufzubauen. Dies mit dem Schwerpunkt auf dschihadistisch radikalisierte Insassen.