Was verändern die Anti-AfD-Proteste in Deutschland?
In Deutschland haben hunderttausende «gegen rechts, für die Demokratie» demonstriert. Ein Experte glaubt, dass sich deshalb das Parteiengefüge verändern könnte.
Das Wichtigste in Kürze
- Hunderttausende haben in Deutschland übers Wochenende «gegen rechts» demonstriert.
- Laut einem Experten könnte dies weitreichende Folgen für das Parteiengefüge haben.
- «Bekehrte Bürgerliche» könnten zur Mitte zurückkehren, AfD-Wähler zu Nichtwählern werden.
Am vergangenen Wochenende sind unzählige Deutsche auf die Strasse gegangen: Die Proteste waren eine Reaktion auf ein Treffen hochrangiger AfD-Funktionäre zum Thema «Remigration».
Sie zogen Deutschlandweit rund 300'000 Menschen an: In München gingen am Samstag 200'000 Menschen auf die Strassen, während in Frankfurt am Main 35'000 Demonstranten versammelt waren. In Hannover und Bremen beteiligten sich rund 40'000 Personen an den Protesten «gegen rechts, für die Demokratie».
Trotz dieser massiven öffentlichen Gegenreaktion bleibt offen, ob die Proteste nur ein kurzfristiges Phänomen sind: Aktuell liegt die Unterstützung für die AfD laut einer Umfrage bundesweit nämlich bei 22 Prozent – Tendenz steigend.
Können die Demos wirklich etwas verändern?
Demos könnten AfD-Sympathisanten zum Nachdenken anreden
Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen, erklärt gegenüber dem «Tagesspiegel»: Die Demonstrationen seien «Signalereignisse für den Parteienwettbewerb». Sie könnten weitreichende Folgen für die deutschen Parteien haben.
Zahlreiche Politiker äusserten sich zu den Protesten, Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck beispielsweise sagte: «Es ist beeindruckend zu sehen, wenn jetzt viele Menschen auf die Strasse gehen und Flagge zeigen für unsere Demokratie.»
«Die Dynamik wirkt auf den Wählermarkt», so Korte weiter. Er betont jedoch auch, dass diese Dynamik nicht nur in eine Richtung wirke. Zu den möglichen Auswirkungen zählt er eine «Verhärtung mit Trotz-Wählern», aber auch eine «neue Nachdenklichkeit, die aus AfD-Sympathisanten Nichtwähler macht.»
Schliesslich könnten sich auch «bekehrte bürgerliche Wähler» wieder stärker zur politischen Mitte hin orientieren, so Korte gegenüber dem «Tagesspiegel».
Viele potenzielle AfD-Wähler seien von Ängsten und Unsicherheiten geprägt, behauptet er. Korte glaubt jedoch: «Die meisten Unzufriedenen werden wieder mittig wählen, wenn die Politik wieder Leistungsversprechen einlöst und dringende Probleme löst.» Nur die Zeit wird zeigen können, ob seine Analyse zutrifft.