Zweiter Weltkrieg: Polen fühlt sich bei Reparationen diskriminiert

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Ist Polen nach dem Zweiten Weltkrieg angemessen von Deutschland entschädigt worden? Die rechtskonservative polnische Regierung hat darauf eine klare Antwort.

Zweiter Weltkrieg
Der polnische Aussenminister Jacek Czaputowicz sieht Polen bei den Weltkriegs-Reparationen diskriminiert. (Archiv) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 1. September ist der 80. Jahrestag vom Beginn des Zweiten Weltkriegs.
  • Der polnische Aussenminister Jacek Czaputowicz sagte, Polen sei diskriminiert worden.
  • Czaputowicz meint, Deutschland hätte Polen bei den Reparationszahlungen benachteiligt.

Kurz vor dem 80. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs beklagt Polen, dass es bei den deutschen Reparationszahlungen deutlich benachteiligt worden sei. Der polnische Aussenminister Jacek Czaputowicz sagte in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur, bei der Entschädigung der von Deutschland angegriffenen Länder habe es «einen Mangel an grundsätzlicher Fairness» gegeben. «Polen wurde in diesem Prozess diskriminiert.»

Obwohl Polen besonders stark unter den Angreifern und Besatzern des Nazi-Regimes gelitten habe, sei der Anteil an den Entschädigungszahlungen «minimal» gewesen. «Es gibt Länder, die ein Vielfaches weniger verloren haben, aber mehr Kompensation bekommen haben. Ist das in Ordnung?», fragte Czaputowicz.

«Die zentrale Frage ist, ob Polen im Vergleich zu anderen Staaten fair behandelt wurde.» Ausdrücklich nannte er Frankreich und die Niederlande.

Fünf bis Sechs Millionen Tote in Polen

Polen hatte im Zweiten Weltkrieg gemessen an der Gesamtbevölkerung so viele Tote zu beklagen wie kein anderes Land. Fünf bis sechs Millionen Polen kamen ums Leben - und damit etwa jeder Sechste. Auch der Grad der Zerstörung durch den Vernichtungskrieg der Nazis war vergleichsweise hoch. Die Hauptstadt Warschau wurde vor dem Rückzug der Wehrmacht fast komplett dem Erdboden gleich gemacht.

Die rechtskonservative PiS-Partei hat das Thema Entschädigung nach der Regierungsübernahme 2015 wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Nach früheren polnischen Berechnungen belaufen sich die von Deutschland verursachten Kriegsschäden auf etwa 800 Milliarden Euro.

Eine polnische Parlamentskommission hat gerade einen neuen Bericht dazu fertiggestellt. Wann er veröffentlicht wird, ist aber noch unklar. Am 13. Oktober finden in Polen Parlamentswahlen statt.

Zweiter Weltkrieg: Gedenken zum 70. Jahrestag

Am 1. September wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Gedenken an den Überfall auf Polen nach Warschau und Wielun reisen. Wielun war die erste polnische Stadt, die von den deutschen Angreifern bombardiert wurde.

Wenige Tage vor dem Jahrestag äussert sich Czaputowicz nun ausgesprochen deutlich zu dem Thema. «In Polen gibt es die Überzeugung, dass Deutschland uns Anfang der neunziger Jahre unter Druck gesetzt hat, dieses Thema nicht zur Sprache zu bringen. Deshalb kehren wir jetzt zu dem Thema zurück.»

Deutschland hält das Thema mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die aussenpolitischen Folgen der deutschen Einheit für rechtlich und politisch abgeschlossen. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass Polen keine Entschädigung mehr zustehen. Unter anderem wird das damit begründet, dass Polen 1953 auf Reparationen verzichtet habe. Polen argumentiert dagegen, diese Erklärung sei unter sowjetischen Druck entstanden und verfassungswidrig.

Ob Polen in letzter Konsequenz auch dazu bereit wäre, rechtliche Schritte einzuleiten, sagte Czaputowicz nicht. «Es ist zu früh, darüber zu diskutieren. Die Gerichte befassen sich nur mit rechtlichen Aspekten der Angelegenheit, in dieser Situation müssen aber auch Moral und Fairness eine Rolle spielen», sagte der Aussenminister. «Zu einer guten Verständigung zwischen unserer Länder gehört, dass die Polen das Gefühl haben, gerecht behandelt zu werden.»

Griechenlands Reparationsforderungen

Die polnische Regierung will auch abwarten, wie Deutschland mit den griechischen Reparationsforderungen umgeht. Die inzwischen abgewählte linke Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte die Bundesregierung per diplomatischer Note offiziell zu Verhandlungen über Reparationen aufgefordert. Eine Antwort gibt es noch nicht.

Nächste Woche will der neue, konservative Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis nach Berlin kommen. «Wir werden beobachten, wie Deutschland mit den Ansprüchen Griechenlands umgeht. Wir sprechen jedoch nicht mit Griechenland über dieses Thema», sagte Czaputowicz.

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