Fragezeichen zum St. Galler Einsatz von Gesichtserkennungssoftware
Der Bundesgerichtsentscheid könnte den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware durch die Polizei in Frage stellen.
Ein Entscheid des Bundesgerichts zum Luzerner Polizeigesetz hat möglicherweise Auswirkungen auf andere Kantone. In einem Vorstoss aus dem St. Galler Kantonsrat wird aufgrund des Urteils nach der Rechtmässigkeit des Einsatzes von Gesichtserkennungssoftware durch die St. Galler Kantonspolizei gefragt.
Bereits in mehreren Kantonen setzt die Polizei bei Ermittlungen auf Gesichtserkennungssoftware. Seit 2021 wird im Kanton St. Gallen das schwedische Produkt Griffeye verwendet, wie die Kantonspolizei gegenüber Keystone-SDA einen Bericht der NZZ vom letzten November bestätigt.
Die Software könne aus Bilddaten, die in einem Strafverfahren gesichert wurden, «Gesichtsdaten detektieren, die mit den restlichen gesicherten Bilddaten oder sogenannten erkennungsdienstlichen Fotoaufnahmen abgeglichen werden».
Grenzen und Möglichkeiten der Technologie
So werde etwa geprüft, ob eine verdächtige Person bereits polizeilich bekannt ist «oder auf welcher Route die Täterschaft geflohen ist». Eingesetzt werde das Programm nur bei schweren Straftaten wie Raubüberfällen, Tötungsdelikten oder schweren Sexualdelikten und im Auftrag der Staatsanwaltschaft.
Die St. Galler SP-Kantonsrätin und Strafrechtsprofessorin Monika Simmler hatte den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in den letzten Jahren wiederholt kritisiert.
Dazu fehle die Rechtsgrundlage, argumentierte sie etwa in einem Beitrag der «Rundschau» von 2022. Der damalige St. Galler Polizeikommandant entgegnete, es gelte bei diesem Thema nicht nur den Datenschutz, sondern auch andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen.
Kritische Fragen zum Einsatz der Software
Nun gibt es erneut kritische Fragen zum Einsatz der Software: Es sei höchst fraglich, «ob heute eine ausreichende formell-gesetzliche Grundlage» für das Handeln der St. Galler Kantonspolizei bestehe, heisst es im Vorstoss der drei FDP-Kantonsräte Ruben Schuler, Alexander Bartl und Martin Stöckling aus der Wintersession des St. Galler Kantonsrats.
Die Parlamentarier beziehen sich auf ein Urteil aus Lausanne zum Luzerner Polizeigesetz vom 17. Oktober. Erstmals nehme dort das Bundesgericht Stellung zur Rechtmässigkeit von automatisierter Gesichtserkennungssoftware. Es stelle fest, dass es sich dabei «um einen schweren Grundrechtseingriff» handle, für den es eine gesetzliche Grundlage brauche.
Die Kantonsräte wollen nun von der Regierung wissen, ob sie die bisherige Praxis als rechtmässig erachte. Und: «Woraus ist für die Bürgerinnen und Bürger ersichtlich, welche Gesichtsdaten auf welche Weise mit welchen Datenbanken abgeglichen werden?»