Darum zoffen sich Alte und Junge im Job oft
Eine neue Studie zeigt: Generationenkonflikte im Job sind weitverbreitet. Was immer wieder für Reibereien sorgt.
Das Wichtigste in Kürze
- Generationenunterschiede sorgen im Job immer wieder für Zoff.
- Eine neue Studie zeigt, dass sowohl Junge als auch Alte oft nicht zufrieden sind.
- Einige Gründe: Smartphones, gewünschte Flexibilität und starres Denken.
Fast jeder fünfte junge Mitarbeitende der Generation Z in Schweizer Unternehmen ist unzufrieden mit der Zusammenarbeit zwischen den Generationen.
Laut einer aktuellen Studie bewerten 19 Prozent der Gen-Zler (Jahrgänge 1997 bis 2012) die Zusammenarbeit mit älteren Kollegen negativ.
Auch die Babyboomer (geboren 1946–1964) sehen die Zusammenarbeit mit jüngeren Kollegen kritisch: Knapp ein Viertel von ihnen ist unzufrieden.
Doch was genau sorgt für im Geschäft für Zoff zwischen den Generationen?
Berater hat wegen Generationen-Zoff viel zu tun
Alexander Beck ist selbstständiger HR-Berater – mit Generationenkonflikten kennt er sich gut aus.
«Die Anfragen zu diesem Thema sind deutlich gestiegen», sagt er zu Nau.ch. «Wegen der demografischen Entwicklung wird vielen Unternehmen bewusst, dass sie dieses Thema aufnehmen müssen.»
Zur Erinnerung: Die geburtenreiche Babyboomer-Generation verlässt den Arbeitsmarkt allmählich. Derweil steigt die Generation Z seit rund zehn Jahren ins Berufsleben ein.
Die Jahrgänge sind geburtenschwächer. Das ist ein Grund für den Fachkräftemangel, der seit einigen Jahren in der Schweiz herrscht.
Und weil viele Unternehmen so verzweifelt Personal suchen, haben die Jungen die Qual der Wahl. Und teils auch die Möglichkeit, mehr Ansprüche zu stellen.
Kurz: Im Job prallen Generationen mit verschiedenen Interessen und Bedürfnissen aufeinander, wie Beck erklärt. «Es ist vor allem das, was zu Konflikten führt.»
«Sexy»-Sprüche und «das haben wir schon immer so gemacht»
Ein Beispiel für einen Generationen-Konflikt kennt Nau.ch-Leser Frederik Schwendimann*.
«Unser rund 40-jähriger Chef hat mal einer Mitarbeiterin Anfang 20 gesagt, ihr T-Shirt sei ‹sexy›. Er dachte, es sei okay, so etwas zu sagen.»
Vor ein paar Jahren hätte das vielleicht noch weniger für Stirnrunzeln gesorgt. «Doch die Mitarbeiterin fand die Aussage verstörend und auch nicht zeitgemäss.»
Nau.ch-Leserin Jana Riedo* kritisiert nicht fehlendes Fingerspitzengefühl, sondern starres Denken der älteren Generationen: «Als ich Anfang 20 war, hiess es bei uns im Büro als Begründung ständig: ‹Das haben wir schon immer so gemacht›.»
Das habe sie «schrecklich» gefunden.
«Zahlreiche Stereotype» über Gen Z
Mo Tongmool von der Beratungsfirma Zeam (Durchschnitts-Mitarbeiter-Alter: 21) von Gen-Z-Aushängeschild Yaël Meier bestätigt: «Das Grundproblem ist, dass ältere Generationen oft von ihrem Status quo ausgehen. Sie nehmen alles, was junge Menschen anders machen, als grundsätzlich falsch wahr.»
Gleichzeitig neige die Generation Z dazu, ältere Menschen schnell mit einem «Ok, Boomer» abzustempeln. «Beide Haltungen stehen einem gegenseitigen Lernen im Weg.»
Mitarbeiter will nebenbei in Start-up investieren – Chef gefällt's nicht
Auch Berater Alexander Beck erinnert sich an ein Beispiel für einen Generationen-Konflikt.
«Ein junger Elektroingenieur wollte aufgrund seiner abgeschlossenen Ausbildung im Unternehmen ‹etwas kürzertreten›. Er wollte sich stärker um sein zweites Standbein kümmern.»
Der junge Mann hatte nämlich mit einem Kollegen zusammen ein Start-up gegründet.
«Das hat der Arbeitgeber überhaupt nicht verstanden. Er warf ihm eine gewisse Illoyalität vor», erzählt Beck. «Er hatte das Gefühl, dass der Mitarbeiter seine ursprüngliche Funktion und Rolle nicht mehr mit demselben Engagement ausführen würde.»
Dabei habe er sich neue Kompetenzen aneignen wollen, die auch dem Hauptarbeitgeber zugutekommen.
Arbeits-Einstellung «der grösste Unterschied»
Das Beispiel zeigt: Die Flexibilität, die junge Menschen von ihren Chefinnen und Chefs erwarten, wollen die nicht immer gewähren.
Beck erklärt: «Die Einstellung zur Arbeit ist der grösste Unterschied, den ich durch Gespräche mit den verschiedenen Generationen-Vertretern feststelle.»
Im Grundsatz könne man sagen, die Generation Z sei da zum Leben. Anders die Babyboomer und die Generation X – «sie bringen die Einstellung mit, das Leben ist zum Arbeiten da».
Dabei hätten eigentlich auch ältere Generationen ähnliche Ansprüche wie die Gen Z, sagt Tongmool. «Etwa in Bezug auf Home-Office oder flexible Arbeitszeiten.»
Der «entscheidende» Unterschied: «Die Gen Z kann als erste Generation diese Ansprüche durch die veränderte Arbeitsmarktlage tatsächlich durchsetzen.»
Diese neue Durchsetzungsfähigkeit werde oft als «aneckend» wahrgenommen. «Leider hat diese Entwicklung dazu geführt, dass sich in den letzten Jahren zahlreiche Stereotypen über die Gen Z verfestigt haben.»
Ältere sehen Handy als Ablenkung – dabei sind Junge damit produktiv
Auch Themen wie Technologie und Arbeitszeiten würden immer wieder für Generationen-Konflikte sorgen.
Tongmool sagt: «Für viele aus der Gen Z ist das Smartphone fast wie ein verlängerter Arm. Wir nutzen es nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch produktiv. Sei es für Notizen, Tools wie ChatGPT oder zur Vernetzung.»
Ältere Generationen würden das Handy jedoch oft in erster Linie als Ablenkung wahrnehmen.
Zudem würden sie dazu neigen, Arbeitszeit und Erfolg direkt miteinander gleichzusetzen – nach dem Motto: «Wer zuerst kommt und zuletzt geht, ist am erfolgreichsten.»
Dem sei aber nicht (mehr) so: «Technologische Entwicklungen ermöglichen es, denselben Output in deutlich kürzerer Zeit zu erreichen.»
Für viele Jüngere würde sich daher die Frage stellen: «Warum länger im Büro bleiben, wenn die Arbeit erledigt ist und die Zeit besser zur Erholung genutzt werden kann?»
Tongmool räumt jedoch ein, dass sich diese Entwicklung nicht auf alle Jobs übertragen lasse.
Und die Lösung für solche Konflikte? Becks Erfahrung zeigt, dass es in flachen Hierarchien seltener zu Streitereien kommt – und damit auch zu weniger Kündigungen.
*Name von der Redaktion geändert