Graubünden stellt sich seiner Vergangenheit in der Nazizeit
Graubündens Regierung plant, die Zeit des Nationalsozialismus und Faschismus im Kanton umfassend zu erforschen.

Die Bündner Regierung will die Zeit des Faschismus und des Nationalsozialismus in Graubünden wissenschaftlich breit aufarbeiten. Wie die Regierung am Donnerstag mitteilte, reagiert sie mit dem Beschluss auf einen Historikerbericht, den das Parlament angeregt hatte.
Die Zeit des Faschismus wurde in Graubünden 2023 Thema, im Nachgang zu einer Debatte um ein Grabmal für internierte deutsche Soldaten des 1. Weltkriegs auf dem Friedhof Daleu in Chur. Der Grosse Rat forderte eine umfassende Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus und Faschismus in Graubünden.
In einem ersten Schritt sollte der Forschungsstand wissenschaftlich erhoben und Forschungslücken benannt werden. Dieser Bericht der Bündner Historiker Christian Ruch und Andrea Tognina liegt nun vor.
«Die Bündner Geschichte zur Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus weist zwar weiterhin einiges an Forschungslücken und -bedarf auf. Die immer wieder kolportierte Behauptung, dass man so gut wie nichts über diese Epoche wisse, ist jedoch nicht haltbar», lautet das Fazit der Historiker.
Forschungsbedarf trotz vorhandener Erkenntnisse
Allerdings konnten sich die Geschichtsforscher des Eindrucks nicht erwehren, dass zwischen dem in Form von Schriften und Filmen greifbaren Thema einerseits und dessen öffentlicher Wahrnehmung andererseits «eine gewisse Diskrepanz» bestehe.
«Angesichts des grossen öffentlichen und politischen Interesses an der fraglichen Epoche, erscheint es angebracht, dass der Kanton die Erforschung der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus fördert», folgerte nun die Regierung.
Der mediale Diskurs und die öffentliche Meinung der fraglichen Zeit mit Bezug zu Nationalsozialismus und Faschismus sollen mit den Mitteln der Medienwissenschaft analysiert werden.
Dazu lädt der Kanton Institutionen der Geschichts- und Medienforschung ein, ein Forschungskonzept für eine systematische Auswertung der Bündner Medien bezüglich ihrer Berichterstattung zu Nationalsozialismus und Faschismus einzureichen.