Grünen-Nationalrat Kilian Baumann: Nein zum Autobahn-Ausbau
Das Wichtigste in Kürze
- Am 24. November 2024 stimmt die Schweiz über den Ausbahn-Ausbau ab.
- Nationalrat Baumann (Grüne) äussert sich im Gastbeitrag zur Vorlage, die er ablehnt.
- Der Autobahn-Ausbau würde die bestehenden Verkehrsprobleme in der Schweiz nicht beheben.
Der geplante Ausbau der Autobahnen wird viel kosten und wertvolles Kulturland verschlingen, aber keine Verkehrsprobleme lösen. Denn mehr Strassen ziehen immer mehr Verkehr nach sich, der sich dann einfach an der nächsten Engstelle staut.
Es ist Zeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und zu einer zukunftsgerichteten Verkehrspolitik zu finden, die der ganzen Bevölkerung zugutekommt und alle Verkehrsarten einbezieht.
Am 24. November werden wir über den weiteren Ausbau des Schweizer Autobahnnetzes abstimmen. Insgesamt sechs Projekte sind Teil des geplanten Ausbaus: In St. Gallen, Schaffhausen und Basel handelt es sich vor allem um Ausbauten in städtischem Raum, in Bern Grauholz und Schönbühl-Kirchberg sowie am Genfersee zwischen Le Venegron-Coppet und Nyon werden dem Autobahnausbau auch Wald und wertvolles Kulturland zum Opfer fallen.
Während insbesondere konservative Parlamentarierinnen und Parlamentarier bei der Förderung der Biodiversität noch lautstark den Verlust von wertvoller Ackerfläche für die Lebensmittelproduktion beklagten, sehen dieselben Personen beim Autobahnausbau dieses Problem plötzlich nicht mehr.
Bei solch einer argumentativen Verdrehung kann es einem fast schon schwindlig werden.
Denn biodiversitätsfreundlich bewirtschaftete Flächen bleiben uns ja grundsätzlich erhalten und geschützte Flächen könnten notfalls auch wieder unter den Pflug genommen werden.
Demgegenüber zerstört der Ausbau von Autobahnen wertvolles Kulturland, das dann unwiederbringlich verloren ist. Zudem ist der Strassenausbau ein Treiber der Zersiedelung, der dann wiederum Kulturland zum Opfer fallen wird.
Ein Fass ohne Boden
Das Prinzip ist schon lange bekannt und hat sich in der Praxis immer wieder bestätigt: Mehr Strassen bringen zwar eine kurzfristige Entlastung, doch sie ziehen schon nach kurzer Zeit zusätzlichen Verkehr nach sich, der sich dann an der nächsten Engstelle wieder staut.
Denn mit dem erweiterten Angebot steigt auch die Nachfrage und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis über den Ausbau des nächsten Flaschenhalses debattiert wird.
Angesichts des knappen Kulturlandes und der vielen Strassen, die bereits heute unser Landschaftsbild dominieren, sollten wir uns statt über immer weitere Ausbauten und Kapazitätserhöhungen vielmehr Gedanken zu einer umfassenden Mobilitätsplanung machen, die allen zugutekommt.
Eine Planung, die nicht einfach Mehrverkehr generiert, sondern nach Dringlichkeit priorisiert, positiv auf die Lebensqualität der gesamten Bevölkerung wirkt und alle Verkehrsarten einbezieht.
Steigende Infrastrukturkosten
Dass Mehrverkehr und der Aus- und Neubau von Strassen angesichts der Klimakrise keine Option sind, liegt eigentlich auf der Hand. Der Anteil des Verkehrs am CO2-Austoss der Schweiz beträgt 41 Prozent, wobei der Flugverkehr nicht eingerechnet ist.
Der grösste Anteil am CO2-Ausstoss ist damit auf Verbrennungsmotoren zurückzuführen. Doch der Verkehr als Mitverursacher des Klimawandels ist nicht das einzige Problem, sondern auch die stetig zunehmenden Folgen des Klimawandels auf unsere Infrastruktur.
Mit den häufigeren Wetterextremen wird es eine immer grössere Herausforderung, diese Infrastruktur überhaupt erhalten zu können. Das wurde uns leider diesen Frühling und Sommer deutlich vor Augen geführt: Auch solide Bauten wie Autobahnen können den Wassermassen bei Wetterextremen nicht immer standhalten.
Die Erhaltung der Infrastruktur wird in Zukunft eine grosse und enorm kostspielige Herausforderung.
Verkehrsprobleme bleiben bestehen
Weder aus Sicht des Klimas noch der Biodiversität und schon gar nicht, wenn wir an unsere Lebensqualität denken, lässt sich ein weiterer Ausbau der Autobahnen rechtfertigen. Die Kosten des Ausbaus lassen sich nicht nur mit den Baukosten von 5,3 Milliarden Franken beziffern.
Hinzu kommen der Verlust von wertvollem Kulturland sowie der Verbrauch von weiteren Flächen, darunter auch Wald, die aktuell mit insgesamt 500‘000 Quadratmeter beziffert werden. Die steigenden CO2-Emissionen, mehr Lärm und die langfristigen Infrastrukturkosten sind weitere negative Punkte.
Stehst du oft im Stau?
Die Stimmbevölkerung wird darüber befinden. Doch es ist zu befürchten, dass sich eine Mehrheit für mehr Strassen und weniger Natur entscheiden wird – um sich gleich danach wieder über die verbaute Landschaft, das erhöhte Verkehrsaufkommen und den Stau am nächsten Engpass zu beklagen.
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Zum Autor: Killian Baumann (*1980) ist Nationalrat der Grünen. Der Berner ist Bauer und besitzt einen Biohof, auf dem er Acker- und Futterbau betreibt. Seit 2021 ist er Präsident der Kleinbauern-Vereinigung für eine vielfältige, ökologische und soziale Landwirtschaft.