Kalauz (Stadttunnel Nein): «Stadttunnel in Zug löst keine Probleme»
Im ersten Interview-Teil erläutert Michel Kalauz vom Komitee «Stadttunnel Nein», weshalb er am 3. März 2024 das Projekt Stadttunnel Zug bekämpft.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 3. März wird im Kanton Zug über die Umfahrungen Unterägeri und Zug abgestimmt.
- Bei der Umfahrung Zug soll ein 750-Millionen-Tunnel das Stadtzentrum entlasten.
- Michel Kalauz (Stadttunnel Nein) lehnt das Projekt ab.
Nebst der Umfahrung Unterägeri wird im Kanton Zug auch über den Stadttunnel Zug abgestimmt. Für rund 750 Millionen Franken soll eine Umfahrung entstehen, mit dem Ziel, das Zentrum zu entlasten. Die Kosten könnte der Kanton aus seinem Eigenkapital beziehen.
Michel Kalauz (Stadttunnel Nein) ist gegen das Vorhaben. Im ersten Interview-Teil spricht er über seine Gründe, weshalb er einen Stadttunnel ablehnt.
Nau.ch: Weshalb sind Sie gegen einen Tunnelbau in Zug?
Michel Kalauz: An dieser Stelle möchte ich klarstellen, dass ich nicht grundsätzlich gegen sinnvolle und effiziente Strassenkonzepte bin. Der Stadttunnel in Zug löst jedoch keine Probleme, sondern verschiebt und verschärft sie nur und dies zum Schnäppchenpreis von fast einer Milliarde Franken.
Einfach gesagt, soll der Verkehr durch einen Trichter mitten ins Stadtzentrum gepresst werden, dies ohne jegliches Konzept oder flankierende Massnahmen. Nur schon die Etikette mit dem Namen «Umfahrung» ist falsch. In Zug handelt es sich um einen Transit ins Herz der Stadt.
Wie soll sonst das Gebiet beim Nordportal umschrieben werden, wenn nicht als Teil vom Zentrum. Der Bahnhof liegt direkt daneben, das Stadthaus 50 Meter, die Zuger Hauptpost 100 Meter entfernt. Wenn es sich hierbei nicht um das Zentrum der Stadt Zug handelt, muss die Definition des Wortes neu ausgehandelt werden. Offensichtlich ist es keine Umfahrung.
Ausserdem tritt der Verkehr aus dem Nordportal, im grössten Quartier, aus dem Boden. Dazu kommt noch, dass die Fahrzeuge danach nicht aus der Stadt draussen sind. Das aktuelle Konzept sieht vor, den Verkehr danach mit einer 180-Grad-Drehung wieder oberirdisch in die Stadt zu lenken. Bei 75 Prozent des Verkehrs in der Stadt Zug handelt es sich um Ziel-Quell-Verkehr, welcher in die Stadt möchte, daher fahren diese Fahrzeuge von der anderen Seite wieder in die Stadt hinein zu den vielen Parkhäusern im südlichen Teil von Zug.
«Verkehrsfreie Vorstadt wäre bereits heute machbar»
Nau.ch: Sehen Sie auch Vorteile, welche durch den Tunnel entstehen?
Kalauz: Das Einzige, was wir für knapp eine Milliarde erhalten werden, ist eine Reduktion des Verkehrs in der Altstadt von heute 20'000 Fahrzeugen auf potenziell 5000. Jedoch ist dies fernab von Flanieren und Strassenkaffees, da ohne Riegel, weiter alle 18 Sekunden ein Fahrzeug diesen Strassenabschnitt passiert.
Versprochen wird ebenfalls eine verkehrsfreie Vorstadt. Jedoch wäre dies bereits heute machbar. Wer mal mit dem Auto durch Zug gefahren ist, erkennt, dass wir oberirdisch noch Kapazitäten haben. Die Bahnhofstrasse wird zweispurig geführt.
Den meisten ist dies nicht einmal bewusst, weshalb sie mittig auf diesem «Boulevard» fahren. Offensichtlich wäre eine Abklassierung der Vorstadt von heute kantonaler zur Ortsstrasse mit den bestehenden Kapazitäten problemlos möglich und dadurch auch eine Sperrung der Verkehrsachse Vorstadt für den Individualverkehr. Dies für ein Promille des Betrags des Stadttunnels. Es wäre «morgen» schon umsetzbar und faktisch zum Nulltarif.
Nau.ch: Sie fordern alternative Massnahmen, um den wachsenden Verkehr in den Griff zu bekommen. Welche Alternative zum Tunnelbau erachten Sie als sinnvoller?
Kalauz: Wie bereits beschrieben, wäre eine Möglichkeit die Bahnhofstrasse im Gegenverkehr zu führen. Ebenfalls hat der VCS bereits vor bald 10 Jahren ein sehr durchdachtes Konzept eingereicht, welches den Verkehr über ein ausgeklügeltes Einbahnsystem regelt. Dadurch könnten sogar noch dutzende Ampeln entfernt werden, was den Verkehrsfluss erhöhen würde.
Möglichkeiten wären ausserdem, dass oberirdische Parkplätze, welche längst aufgehoben sein müssten, endlich Platz für den Langsamverkehr machen würden. Dies ist nicht geschehen, obwohl ein neues Parkhaus am Postplatz gebaut wurde, welches die Anzahl der Parkplätze in dieser Gegend noch erhöht hat. Dieses Parkhaus ist als Ersatz für die oberirdischen Parkplätze gedacht und war ein demokratischer Kompromiss auch fürs lokale Gewerbe.
Noch wichtiger sind jedoch die von einer Lokalzeitung aufgedeckten Fakten, welche aufzeigen, dass der Verkehr in den letzten 10 Jahren nicht zu-, sondern abgenommen hat. Die Verkehrszahlen von den Behörden zeigen dies, für die Orte, welche für den Tunnel und die dazugehörige Abstimmung relevant sind. Obwohl es sich um relevante Daten handelt, scheint es, dass diese vorsätzlich weder publiziert noch an den diversen Informationsveranstaltungen kommuniziert wurden.
Es ist äusserst bedenklich, dass sich die Aussenwirkung aufdrängt, dass die Baudirektion des Kantons Zug und das Baudepartement der Stadt Zug die Zahlen wissentlich nicht preisgegeben haben, um die Abstimmung zu Gunsten des Tunnels zu beeinflussen. Ich muss zugeben, dass mein bisher intaktes Vertrauen gegenüber den Exekutiven unter diesem demokratieunwürdigen Sachverhalt stark gelitten hat.
Zur Person: Michel Kalauz (37) ist als Mitglied und im Vorstand des Komitees «Stadttunnel Nein» tätig. Er ist ausserdem Mitglied der Geschäftsleitung der SP Zug, arbeitet als Betriebsökonom und wohnt in Zug.