Mario Fehr kritisiert Corona-Massnahmen anderer Kantone
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Zürich verhängt keine strengeren Massnahmen gegen das Coronavirus.
- Grossanlässe finden weiterhin statt; die (Teil-)Verbote anderer Kantone werden kritisiert.
- Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli betont, dass die Ressourcen langsam knapp werden.
Zürich, als bevölkerungsreichster Kanton, hat diese Woche am meisten Neuinfektionen gemeldet. Bei der 7-Tage-Inzidenz liegen die Zürcher zwar «nur» im Mittelfeld. Doch wie in allen Kantonen zeigt die Kurve steil nach oben.
Betroffen sind längst nicht nur die Agglomerationen, sondern praktisch flächendeckend der ganze Kanton. Besonders häufig angesteckt hat sich die Gruppe der 20- bis 39jährigen. Massnahmen bei Clubs und anderen Ausgeh-Treffpunkten sind somit naheliegend.
Keine Massnahmen, aber Optimierungen
Die Regierung des Kantons Zürich will nun die Massnahmen des Bundes konsequent umsetzen. Die einheitlichen Regeln für die ganze Schweiz seien zu begrüssen. Der Kanton Zürich habe bis anhin die strengsten Vorschriften gehabt, aber auch den strengsten Vollzug. Weitere Massnahmen seien zu diesem Zeitpunkt aber nicht sinnvoll.
Die Grossveranstaltungen sollen weiterhin stattfinden können, die Schutzkonzepte werden noch einmal überprüft. Viele Massnahmen wie die Maskenpflicht seien bereits getroffen und es mache keinen Sinn, alle zwei Wochen die Regeln zu ändern, betont Regierungspräsidentin Silvia Steiner. Wichtig sei die Einhaltung der Regeln, damit diese ihre Wirkung auch entfalten könnten.
Ressourcen werden knapp
Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli informiert zunächst zu den neusten, noch provisorischen Zahlen. 584 Fälle, 13 Hospitalisationen, drei Beatmete mehr als gestern. Die Fallzahlen verdoppeln sich im Kanton Zürich alle sieben Tage.
Kritisch wird die Situation beim Contact Tracing, wo noch einmal aufgestockt wird. Ab nächster Woche wolle man 1000 Fälle innert 24 Stunden kontaktieren können. «An dieser Stelle darum auch ein Appell: Melden Sie sich, informieren Sie sich», so Rickli.
Auch die Testkapazitäten reichen jetzt nicht mehr aus. Zwar hat der Kanton Zürich vier Apotheken im Rahmen eines Pilotversuchs erlaubt, ebenfalls PCR-Tests durchzuführen. Trotzdem sei man bereits wieder an Grenzen gestossen, so Rickli.
Der Pilotbetrieb werde verkürzt, es soll auf rund 50 Apotheken aufgestockt werden. Das brauche aber Personal, weshalb man dazu eigens eine kurze Weiterbildung anbiete. Im Stadtspital Triemli und dem Kantonsspital Winterthur soll ein Testcenter entstehen.
Spitäler unterstützen sich gegenseitig
Rickli lobt die Zusammenarbeit mit den Spitälern, auf deren Planungen und Massnahmen man sich verlassen könne. Ressourcen von Spitälern ohne Notfall-Station sollen anderen Spitälern zur Verfügung gestellt werden. Dabei geht es einerseits um Geräte, aber auch um Personal.
Entscheidend sei primär die Zahl der Hospitalisationen: «Im Moment haben wir es im Griff: Ich mache mir Sorgen, wie das in zwei bis drei Wochen aussieht, wenn die Massnahmen nicht greifen», so Rickli.
«Wir können auf 360 Betten hochfahren, aber mit einer Qualitätseinbusse». Denn es gebe zu wenig Personal in diesem Bereich. Deshalb habe man im Sommer auch eine spezielle Ausbildung angeboten, über 80 Pflegefachpersonen hätten diese besucht.
Grossveranstaltungen: Kritik an anderen Kantonen
Sicherheitsdirektor Mario Fehr Fehr übt massive Kritik am Verhalten anderer Kantone bei den Grossveranstaltungen. «Ich bin der Meinung, dass es so wie jetzt nicht geht», sagt Fussball-Fan Fehr, denn so komme es zu Wettbewerbsverzerrungen. Er zählt auf, dass in einigen Kantonen Verbote für die Profiligen gelten oder starke Einschränkungen. Gleichzeitig finde aber zum Beispiel in Bern die Caravan-Messe mit Tausenden Besuchern statt.
Für Fehr machen diese Massnahmen und Diskrepanzen keinen Sinn. Sonderstabs-Leiter Bruno Keller bestätigt, dass gerade bei Grossveranstaltungen die Schutzkonzepte sehr gut umgesetzt und kontrolliert werden.
Klubschliessung, Privatbereich oder Ampelsystem
Der Regierungsrat tritt mit einem Grossaufgebot vor die Medien. Regierungspräsidentin und Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP), Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) und Sicherheitsdirektor Mario Fehr (SP) sind anwesend. Sie werden begleitet vom Leiter des Sonderstabs Covid-19, Bruno Keller.
Im Vorfeld haben sich verschiedene Parteien und Politiker bereits mit eigenen Forderungen gemeldet. So will die SP ein Verbot von privaten Zusammenkünften mit mehr als 15 Personen. Sie fordert aber auch die Schliessung von Bars und Clubs. Begleitend brauche es eine finanzielle Unterstützung der Betriebe.
Bei Bürgerlichen macht man sich derweil für das andernorts bereits eingeführte Ampelsystem stark. Die Grünliberalen weisen einerseits die Forderungen der SP zurück, erhoffen sich andererseits eine stärkere Rolle des Bundes.