Kilian Baumann (Grüne) zum Hofsterben in der Schweiz

Kilian Baumann
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Lyss-Aarberg,

Kilian Baumann (Grüne) spricht sich für eine bessere Pachtzinskontrolle und die Umverteilung von Direktzahlungen gegen das Hofsterben im Gastbeitrag aus.

Kilian Baumann
Kilian Baumann ist Berner Nationalrat für die Grünen, Bio-Bauer und seit 2021 ist er Präsident der Kleinbauern-Vereinigung. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr kleine und mittlere Höfe in der Schweiz werden nicht weitergeführt.
  • Gründe sind unter anderem ein ruinöser Wettlauf um Land und Direktzahlungen.
  • Es braucht eine griffige Pachtzinskontrolle und eine Direktzahlungsobergrenze.

«Krampfen für 17 Franken die Stunde. Die Schweizer Landwirtschaft steht unter grossem wirtschaftlichem Druck», war in den Zeitungen zu lesen.

Doch in der Berichterstattung über die tiefen Einkommen in der Landwirtschaft bleibt eine wesentliche Ursache dieser Misere meist unerwähnt: Für die prekäre wirtschaftliche Lage vieler kleinerer und mittlerer Landwirtschaftsbetriebe und das fortschreitende Hofsterben sind vor allem die politischen Rahmenbedingungen, insbesondere die ungleiche Verteilung der Direktzahlungen, verantwortlich.

Produzentenpreise sind zu tief

Als Ursache der tiefen Einkommen in der Landwirtschaft wird stets auf die tiefen Produzentenpreise verwiesen.

Tatsächlich sind die Bäuerinnen und Bauern von Seiten des Detailhandels und der verarbeitenden Industrie grossem Preisdruck ausgesetzt.

Im vergangenen Jahr gab es 255.000 Bauernhöfe in Deutschland (Symbolbild).
Für das fortschreitende Hofsterben vieler kleinerer und mittlerer Landwirtschaftsbetriebe seien vor allem die politischen Rahmenbedingungen verantwortlich, sagt Kilian Baumann. (Symbolbild) - Silas Stein/dpa

Die Mehrheit der Betriebe kann allein mit dem Verkauf ihrer Produkte die Produktionskosten nicht decken und generiert sogar ein negatives Markteinkommen.

Die Produzentenpreise sind schlicht zu tief, um über die Runden zu kommen.

Das Engagement der Bäuerinnen und Bauern und ihrer Verbände für bessere Produzentenpreise ist darum richtig und wichtig.

Direktzahlungen vom Bund sind ungleich verteilt

Um eine bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten, werden die Betriebe aber auch vom Bund gezielt mit Direktzahlungen unterstützt.

Diese haben mit jährlich 2,8 Milliarden Franken einen massgeblichen Anteil am bäuerlichen Einkommen.

Im Durchschnitt erhält ein Landwirtschaftsbetrieb im Jahr rund 80'000 Schweizer Franken Direktzahlungen, doch die Gelder werden leider sehr ungleich verteilt.

Denn ein grosser Teil der Direktzahlungen wird nach der Grösse der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausgeschüttet und ist nur wenig abgestuft.

Das bedeutet, dass kleine Betriebe wenig und grosse Betriebe sehr viel Direktzahlungen erhalten. Für die ganz Grossen gibt es mehrere Hunderttausend Franken pro Jahr.

Je mehr Bauernhöfe aufgegeben werden, desto grösser werden die Zahlungen für die noch bestehenden Betriebe, da diese die Nutzflächen der aufgegebenen Höfe kaufen oder pachten.

So konzentrieren sich immer mehr Land und Direktzahlungen bei immer weniger, dafür immer grösseren Landwirtschaftsbetrieben.

Direktzahlungen kommen bei den Bauern oft nicht an

Gleichzeitig kommt ein immer grösserer Teil der Direktzahlungen nicht mehr den bewirtschaftenden Bäuerinnen und Bauern zugute, sondern den Landbesitzern.

Der Pachtlandanteil ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, mittlerweile sind es 46 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Um Preistreiberei zu verhindern, ist der Pachtzins eigentlich gesetzlich festgelegt und muss von den kantonalen Behörden bewilligt werden.

Eine Pachtzinskontrolle besteht aber nur noch auf dem Papier und so werden für Pachtland vielerorts überrissene Zinsen bezahlt.

Diese Gelder gehen an vermögende Privatpersonen und Erbengemeinschaften und fliessen so aus der produzierenden Landwirtschaft ab.

Ruinösen Wettlauf um Land und Direktzahlungen

Bei der Einführung der Direktzahlungen verhinderten Einkommens- und Vermögenslimiten sowie eine Obergrenze pro Betrieb und Jahr allzu grosse soziale Ungleichheiten unter den Landwirtschaftsbetrieben.

Diese Rahmenbedingungen wurden von der Kleinbauern-Vereinigung bei der Neugestaltung der schweizerischen Agrarpolitik in den 1990er-Jahren über Volksinitiativen und Referenden erkämpft.

Geld
In der Schweiz sei es zu einem ruinösen Wettlauf um Land und Direktzahlungen in der Landwirtschaft gekommen, meint Grüne-Nationalrat Kilian Baumann. (Symbolbild) - keystone

Doch in den letzten fünfzehn Jahren hat das bürgerlich dominierte Parlament dieses System schrittweise ausgehöhlt und so einen ruinösen Wettlauf um Land und Direktzahlungen gestartet.

Als Folge davon können vor allem kleinere und mittlere Betriebe mit der immer weiter fortschreitenden Intensivierung der Produktion nicht mehr Schritt halten.

Denn diese ist mit langfristigen Investitionen in kapitalintensive Produktionsmittel wie mehr Land, neue Ställe oder grössere Maschinen verbunden.

Kleinere Hofbetriebe besser unterstützen

In der Berichterstattung in den Medien werden oft die kleineren Betriebe ins mediale Scheinwerferlicht gestellt, während sich die grossen und gutsituierten Betriebe diskret im Schatten halten.

So profitiert man vom Goodwill der Bevölkerung gegenüber einer vielfältigen und bäuerlichen, von kleineren und mittleren Betrieben geprägten Landwirtschaft.

Doch gleichzeitig bevorteilt die aktuelle Agrarpolitik systematisch die grossen Betriebe und ist so die eigentliche Ursache der steten Intensivierung und der Treiber des fortschreitenden Hofsterbens.

Sollten Schweizer Bauern mehr Franken für ihre Produkte verlangen?

Eine griffige Pachtzinskontrolle in den Kantonen und die Wiedereinführung von Direktzahlungsobergrenzen und damit verbunden die Umschichtung der Zahlungen an kleinere und mittlere Betriebe ist darum der erste Schritt zur Verbesserung der Lage vieler Bäuerinnen und Bauern und damit auch ein wirksames Mittel gegen das Hofsterben und zur Förderung einer vielfältigen, bäuerlichen Landwirtschaft.

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Zum Autor: Killian Baumann (*1980) ist Nationalrat der Grünen. Der Berner ist Bauer und besitzt einen Biohof, auf dem er Acker- und Futterbau betreibt. Seit 2021 ist er Präsident der Kleinbauern-Vereinigung für eine vielfältige, ökologische und soziale Landwirtschaft.

Kommentare

User #6365 (nicht angemeldet)

Der Umgang mit den Bauern ist schon lange Zeit eine riesige Katastrophe. Es ist schon seit Jahren ersichtlich überall wo der Bund die Finger drin hat funktioniert gar nichts mehr! Was sagt uns das? Genau!

User #7958 (nicht angemeldet)

Sehr guter Artikel, bei Hofaufgaben landet doch dass Land meist bei einer Person, da man nicht Kleinstparzellen alla Goms will. Der zieht dann via Pachtzins einen Teil Direktzahlungen rein, ohne einen Finger zu krümmen. Die einzigen Kosten welche die Landbesitzer haben, sind wohl Steuern und Kosten für den Unterhalt von Zufahrtsstraßen.

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Armin Spichtig
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