Mario Fehr: Galladé mit Verständnis, Juso mit Häme
Der Austritt von Mario Fehr aus der SP stösst auf viel Verständnis, sorgt für Angebote für einen Parteiwechsel und Beschimpfungen durch die Juso.
Das Wichtigste in Kürze
- Mario Fehr stösst mit seinem Austritt aus der SP auf viel Verständnis.
- Die SP Zürich wollte ihn nicht mehr für den Regierungsrat aufstellen.
- Die Juso bezeichnet Fehr gar als «menschenverachtend» und «nicht würdig».
Es war ein Paukenschlag, aber überrascht sei wohl niemand, so der Tenor im Kanton Zürich. Der langjährige Regierungsrat Mario Fehr tritt aus der SP aus. Fehr lag sich mit seiner Partei schon seit Jahren immer wieder in den Haaren. Die Juso hatte auch schon mal Strafanzeige gegen ihn eingereicht, seine Nomination als Regierungsratskandidat war 2019 parteiintern umstritten. Seine Parteimitgliedschaft hatte Mario Fehr daraufhin bereits einmal sistiert, jetzt kehrt er der SP vollends den Rücken.
Juso: Mario Fehr ist «menschenverachtend» und «nicht würdig»
Die Stadtzürcher Juso legen nach der Austritts-Ankündigung gleich noch ein Brikett nach. Mario Fehr sei «menschenverachtend und «nach rechts abdriftend», schreibt die Juso-Sektion auf Twitter. Sie reagiert damit auf den Vorwurf Fehrs, die SP sei «zunehmend ideologisch und nach links abdriftend».
Dass Fehr dem rechten Flügel der SP angehört, war schon zu Zeiten seiner 12 Jahre umspannenden Nationalrats-Karriere klar. Die Juso Stadt Zürich begrüsst nun die klare Zäsur: Mario Fehr sei «einer sozialen Partei wie der SP nicht würdig». Mit seiner liberalen Haltung stösst Fehr dagegen bei anderen Parteien auf Sympathie.
Wechselt Fehr die Partei?
So streicht der Zürcher Jungfreisinnige Alain Schwald heraus, dass die Juso-Lästerei Fehrs Argumente erst recht stützten. Auf Verständnis stösst Fehr aber auch bei einer anderen SP-Dissidentin: ex-Nationalrätin Chantal Galladé, die zu den Grünliberalen wechselte. «Es ist jeder Fall wieder anders, aber natürlich kann ich nachvollziehen, was in ihm vorgegangen ist», sagt Galladé heute zu Nau.ch.
Ob sie mit ihm, den sie aus gemeinsamen Nationalrats-Zeiten gut kennt, auch über das Thema Parteiaustritt gesprochen hat, verrät Galladé nicht. Aber: «Ich war auch in letzter Zeit immer wieder mit ihm in Kontakt – man sucht sich seine Freunde ja nicht aufgrund der Parteizugehörigkeit aus!»
Das erste Angebot für eine neue politische Heimat kommt allerdings nicht von den Grünliberalen, sondern von der Mitte-Partei. «Willkommen bei @Mitte_Centre #MarioFehr!», twittert die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür. «Die Mitte» hätte damit auf einen Schlag gleich zwei Regierungsratssitze, nachdem sie in den letzten Jahren Mühe hatte, nur schon einen zu halten.
SP wollte Fehr nicht mehr aufstellen
Die SP Kanton Zürich hat offenbar intensive Gespräche mit Fehr geführt und will nun «diese Trennung in Anstand vollziehen». Aus der heutigen Mitteilung geht einerseits Verständnis hervor, andererseits dankt die Partei Fehr auch für seinen langjährigen Einsatz. Die Differenzen seien unüberbrückbar geworden, nach den Sommerferien habe man informieren wollen.
Jetzt sei Fehr dem zuvorgekommen. Im Rahmen der Gespräche habe man Fehr auch informiert, dass man ihn nicht für eine weitere Amtsperiode empfehlen werde. Ein Parteiwechsel würde sich also anbieten, in seinem Austrittsschreiben schliesst dies Fehr allerdings aus.
Einem Wechsel in die Privatwirtschaft stehe nichts entgegen, findet Chantal Galladé: «Man kann immer viel, wenn man so intelligent ist wie er.» Denn: «Mario Fehr ist einer der erfahrensten Politiker im Land, er braucht sicher keine Tipps und schon gar nicht öffentlich.»