Pascal Bernhard (GFL) findet, dass es pragmatische und nachhaltige Kompromisse braucht, die einen fairen Wohnungsmarkt in der Stadt Bern schaffen.
Pascal Bernhard
Pascal Bernhard ist Bauingenieur und GFL-Stadtratskandidat. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Pascal Bernhard (GFL) äussert sich zur Wohnungsdebatte in der Stadt Bern.
  • Die Wohnungsknappheit der Stadt Bern braucht neue Lösungsansätze aus der Politik.
  • Eine städtische Wohnungstauschbörse und die Umwandlung von Büroflachen könnte helfen.
Ad

Wie kann die Stadtberner Politik erreichen, dass alle, die in der Stadt wohnen wollen, dies auch zu fairen Bedingungen tun können? Im Hinblick auf die kommenden Wahlen hat das politische Spektrum verschiedene Ideen hervorgebracht, wie man das Wohnungsangebot in der Stadt Bern erweitern kann.

Von der wirtschaftsliberalen Seite wurde eine Initiative lanciert, welche ein unbürokratisches Aufstocken von bestehendem Wohnraum ermöglichen soll. Die Ratslinke kritisierte dies umgehend als «heisse Luft» und forderte einmal mehr, dass die Stadt weiter Bauland und Wohnraum aufkaufen soll, um dies dem Markt zu entziehen.

Beides sind Ansätze, die man verfolgen soll, aber alleine werden sie das Problem der Wohnungsknappheit nicht beheben können. Nachfolgend möchte ich dies begründen und weitere Massnahmen aufzeigen, welche ergriffen werden müssen, um dem Wohnungsmangel nachhaltig zu begegnen.

Aufstockung von Gebäuden lohnt sich oftmals nur bei hohen Mieteinnahmen

Die Möglichkeiten, bestehende Gebäude einfach aufzustocken, um damit erschwinglichen Wohnraum zu bauen, sind begrenzt. Dafür muss ein Gebäude ein geeignetes Tragwerk aufweisen und die denkmalpflegerischen Belange müssen respektiert werden.

Bei allzu vielen Gebäuden in der Stadt Bern dürften diese beiden Rahmenbedingungen nicht zutreffen. Natürlich erlaubt die heutige Bautechnik auch, Gebäude aufzustocken, die nicht über ein geeignetes Tragwerk verfügen.

Stadt Bern
Viele Gebäude in der Stadt Bern erfüllen nicht die Rahmenbedingungen für eine Aufstockung, sagt GFL-Stadtratskandidat Pascal Bernhard. - Keystone

Hier lohnt sich eine Aufstockung aber nur, wenn die entstandenen Wohnungen anschliessend zu entsprechend hohen Preisen vermietet werden können. Denn eine Verstärkung und ein Umbau des Tragwerks bringen hohe Kosten mit sich, die mit entsprechenden Mieten amortisiert werden müssen.

Deshalb ist dieser Ansatz nur einer von vielen, denn damit wird in den meisten Fällen lediglich Wohnraum für einkommensstarke Bevölkerungsschichten geschaffen.

Wohnraum muss auf unbebauten Flächen geschaffen werden

Auch ist es wichtig, dass die Stadt Bern einen substanziellen Anteil an Bauland und Wohnfläche besitzt, um Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu haben. Aber nur Bauland und Wohnungen zu kaufen, hilft nicht gegen den Mangel an Wohnungen per se.

Denn es ändert nichts daran, dass immer mehr Menschen in Bern wohnen wollen, wobei der zusätzliche Wohnraum aber nicht bereitgestellt wird. Um das Problem nachhaltig zu lösen und faire Mietpreise für alle zu ermöglichen, muss auch Wohnraum auf unbebauten Flächen geschaffen werden.

Denn wir können nicht ausklammern, dass der Wohnungsmarkt von Angebot und Nachfrage gesteuert wird; was zu absurd hohen Mieten führt, wenn das Angebot kleiner ist als die Nachfrage.

Mit der vorherrschenden Wohnungsknappheit führt das dazu, dass ein paar wenige Glückliche eine günstige, städtische Wohnung von der Stadtverwaltung zugewiesen bekommen oder in einer Wohnbaugenossenschaft Platz finden. Der grosse Rest muss entweder überhöhte Marktmieten bezahlen oder draussen bleiben.

Es muss nicht das perfekte Quartier sein

Die Stadt Bern hätte Projekte wie das Viererfeld, wo viel guter Wohnraum geschaffen werden könnte. Leider stockt gerade dieses Projekt seit Jahren. Die erste Abstimmung zur Überbauung jährt sich heuer zum 10. Mal und der Baustart ist immer noch nicht absehbar. Die hohen Anforderungen, welche der Gemeinde- und der Stadtrat an das Projekt stellen, um das scheinbar «perfekte» Quartier zu bauen, hindern eine schnellere Abwicklung.

Ein perfektes Quartier zu bauen, ist in einer innerstädtischen Umgebung weder möglich noch nötig; ein «gutes» Quartier würde ausreichen, um lebenswerten Wohnraum zu bieten. Die Aufgabe der Politik und der Verwaltung muss sein, ein Quartier mit guten Kompromissen zu planen, welches in vernünftiger und nützlicher Zeit gebaut werden kann. Wir brauchen den Wohnraum jetzt und nicht in 10 oder 15 Jahren.

viererfeld
Auf dem Viererfeld will die Stadt Bern Wohnungen bauen, dass Projekt verzögert sich aber. Pascal Bernhard findet, dass die Anforderungen von Gemeinde- und Stadtrat zu hoch sind. - keystone

Mit dem Ankauf von Bauland, welches sie dann nicht überbaut, agiert die Stadt Bern unter diesen Umständen sogar kontraproduktiv. Denn private Bauinvestoren und Pensionskassen hätten solches Bauland in dieser Zeit schon längst überbaut. Dass es auch anders ginge, zeigen Städte wie Zürich oder Lausanne, welche es in den letzten 20 Jahren geschafft haben, ihr Wohnungsangebot substanziell zu erweitern.

In Bern hingegen laufen wir Gefahr, dass nur noch diejenigen in der Stadt wohnen können, die sich das leisten können oder das Glück haben, von der Stadtverwaltung oder einer Wohnbaugenossenschaft eine günstige Wohnung zugewiesen bekommen zu haben. Die Politik und die Verwaltung müssen deshalb dringend einen Zacken zulegen beim Zubau von Wohnflächen, damit die soziale Durchmischung gewahrt wird und keine Zweiklassengesellschaft entsteht.

Es braucht pragmatische und nachhaltige Kompromisse

Die Politik kann aber auch auf kurze Frist etwas gegen die Wohnungsknappheit tun: Beispielsweise sind viele Wohnungen unterbelegt. Die Politik muss Konzepte ergreifen, die dem entgegenwirken.

Eine städtische Wohnungstauschbörse könnte dazu geschaffen werden. Viele Wohnungen in der Stadt Bern werden ausserdem immer noch als Büros genutzt. Der Bedarf an Büroflächen sinkt jedoch seit Jahren, weshalb die Politik unbedingt Anreize schaffen muss, damit diese Büroflächen wieder als Wohnungen genutzt werden.

Findest du die Mietpreise in Bern zu hoch?

Die kommenden Wahlen müssen wir nutzen, um unser Parlament und unsere Exekutive mit Personen zu besetzen, welche alle Hebel betätigen, auch diejenigen, die der eigenen Ideologie widersprechen.

So können pragmatische und nachhaltige Kompromisse gefunden und zeitnah durchgeführt werden, die einen fairen Wohnungsmarkt in der Stadt Bern schaffen. Alles andere gehört zum Bereich der Bewirtschaftung von Partikularinteressen und ist Schaumschlägerei.

Zum Autor: Pascal Bernhard ist Bauingenieur und GFL-Stadtratskandidat.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

AbstimmungParlamentWohnwelt