Politiker im Rollstuhl kritisiert, weil er Hundekot nicht aufliest
Matyas Sagi-Kiss sitzt im Elektrorollstuhl: Weil er den Kot seiner Assistenzhündin nicht entsorgen konnte, wurde der Zürcher «ruppig» zurechtgewiesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zürcher Politiker Matyas Sagi-Kiss sitzt im Rollstuhl und hält eine Assistenzhündin.
- Weil er den Hundekot nicht entsorgen konnte, wurde er von einer Passantin zurechtgewiesen.
- Wer den Kot nicht entsorgen könne, solle keine Hunde halten – helfen wollte sie ihm nicht.
Menschen mit Behinderungen stehen täglich vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die von der breiten Öffentlichkeit oft übersehen werden. Manchmal entstehen diese Herausforderungen aber auch erst aufgrund eben dieser Ignoranz vonseiten Dritter.
Der Zürcher Lokalpolitiker Matyas Sagi-Kiss berichtet von einem solchen Erlebnis: Auf dem Heimweg von einem schmackhaften Brunch wird der Sozialdemokrat am Limmatufer von einer Passantin beleidigt.
Wegen Hundekot «ruppig» zurechtgewiesen
Auslöser der Auseinandersetzung war seine Assistenzhündin «Ginger», die – mit Herrchens Erlaubnis – ihr Geschäft im Grünen verrichtet hatte: An einem kleinen Abhang, wo ausser «waghalsigen Kletter-Fans» keine Fussgänger jemals hingelangen könnten, wie er auf «Linkedin» erklärt.
«Es versteht sich von selbst, dass ich im Elektrorollstuhl nicht in der Lage bin, in dieser Situation den Kot aufzuheben», schreibt er. Dennoch habe eine andere Hundehalterin den Sozialdemokraten «ruppig» zurechtgewiesen, schreibt Sagi-Kiss.
Sagi-Kiss habe versucht, sich zu erklären, stiess dabei aber auf «wenig Verständnis», wie er weiter ausführt. Im Gegenteil, die Passantin will von seiner Begründung nichts wissen und geht gar noch einen Schritt weiter: «Sie meinte, wenn ich das nicht könne, dürfe ich auch keinen Hund haben. Es sei mal wieder typisch – Leute wie ich wollten immer alle Rechte haben.»
Sagi-Kiss ist überzeugt, dass die Hundehalterin damit Menschen mit Behinderungen im Allgemeinen meint. Was den Sozialdemokraten am meisten stört: «Hat die erwähnte Passantin etwa angeboten, mir zu helfen? Nein, natürlich nicht.»
Die logische Konsequenz der Denkweise dieser Passantin würde darin resultieren, dass Menschen mit Behinderungen prinzipiell keine Assistenzhunde halten dürften: Schliesslich werde es immer Situationen geben, in denen Menschen mit Behinderungen nicht in der Lage seien, den Hundekot zu entfernen.
Situationsbedingte Ausnahmen für Menschen mit Behinderungen?
Überdies sei die Zahl der Menschen mit Behinderungen, die einen Assistenzhund halten, klein: Es sei nicht so, als würde daraus eine «Problematik von nennenswerter Tragweite» entstehen. Diesen Menschen zu verbieten, Hunde oder gar Assistenz- oder Blindenführhunde zu halten, würde eine Verletzung des Diskriminierungsverbots darstellen.
Sagi-Kiss endet sein Plädoyer mit einer Forderung. Es brauche situationsbedingte Ausnahmen von der unbestrittenen Regel, nach welcher Hundehalter den Kot ihres Tieres aufzuheben und zu entsorgen haben. Ungeachtet dessen könnten Passanten und Passantinnen aber bereits jetzt zu einer Verbesserung der Situation beitragen: Wenn sie proaktiv ihre Hilfe anbieten würden.