SP BS: «Schweiz soll sich um europäische Integration bemühen»
Michela Seggiani (SP) spricht im Interview über eine Schweizer Teilnahme an Erasmus+. Generell könne die Schweiz mehr von der EU profitieren als umgekehrt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Antrag betreffend Erasmus+ liegt dem Basler Grossrat vor.
- Damit soll der Bund dazu aufgefordert werden, einen Finanzierungsplan vorzulegen.
- Michela Seggiani (SP) hält das Programm für sehr wichtig.
Seit 2014 wird die Schweiz nicht mehr mit dem Programm Erasmus+ assoziiert. Der Basler Grossrat bespricht am 10. April nun einen Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative zur gesicherten Teilnahme an Erasmus+.
Der Antrag wird von links bis rechts unterstützt: Fina Girard (GAB), Sandra Bothe (GLP), Catherine Alioth (LDP) und Jöel Thüring (SVP) gaben Nau.ch gegenüber an, die Standesinitiative unterstützen zu wollen. Als Letzte äussert sich Michela Seggiani (SP) zum Geschäft – sie sieht im Programm viele Chancen für die Zukunft der Schweiz.
Nau.ch: Befürworten Sie eine Teilnahme der Schweiz am Erasmus+-Programm?
Michela Seggiani: Ja, auf jeden Fall. Das Verhandlungsmandat, das den Bundesrat zu neuen Verhandlungen mit der EU ermächtigt, ist auch eine Chance dafür, in Zukunft wieder an Erasmus+ teilnehmen zu können. Eine grenzüberschreitende Bildung und der internationale Austausch sind für die Studierenden, für die Forschung und für das Bildungswesen sehr wichtig. Die Schweiz befindet sich mitten in Europa und sollte sich in allen Bereichen um eine starke europäische Integration bemühen.
Nau.ch: Welche Vorteile ergäben sich durch eine Zusammenarbeit für den Universitätsstandort Basel?
Seggiani: Die Zusammenarbeit mit der EU in der Bildung und in der Forschung ist für die Schweiz enorm wichtig, um auf dem internationalen Parkett weiterhin ernst genommen zu werden und konkurrenzfähig zu bleiben. Das gilt vor allem für den Universitätsstandort Basel.
Wenn wir den internationalen Austausch und die Attraktivität nicht gewährleisten können, können wir die guten Leute in Bildung und Forschung nicht mehr halten und die Qualität nimmt ab. Deshalb ist eine Zusammenarbeit, die durch Erasmus+ und Horizon wieder bestärkt würde, in jeder Hinsicht ein Vorteil.
«Kommt uns jetzt schon sehr teuer zu stehen, nicht Teil des Bildungsprogramms der EU zu sein»
Nau.ch: Können zum jetzigen Zeitpunkt Schätzungen zu den entstehenden Kosten abgegeben werden? Für welchen Teil müsste der Kanton Basel-Stadt aufkommen?
Seggiani: Ich bin sicher, dass die Kosten nicht höher werden, sondern sich sehr wahrscheinlich anders verteilen würden. Es kommt uns jetzt schon sehr teuer zu stehen, nicht Teil des Bildungsprogramms der EU zu sein. Die Kosten werden wohl ein Teil der Verhandlungen sein.
Nau.ch: Im Antrag wird auch das Rahmenprogramm Horizon Europe erwähnt. Sollte die Schweiz Ihrer Meinung nach zum Forschungsprogramm zurückkehren?
Seggiani: Ja, wenn das überhaupt noch möglich ist, unbedingt. Das aktuelle Rahmenprogramm Horizon Europe dauert von 2021 bis 2027 und läuft momentan ohne die Schweiz. Es wäre erfreulich, die Schweiz könnte in Zukunft wieder Teil des Programmes werden.
Nau.ch: Was erhoffen Sie sich künftig für die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Europa?
Seggiani: Wir müssen uns bewusst sein, dass die Schweiz von der EU stärker profitieren kann als die EU von der Schweiz. Wir sind Bittstellende, die in allen Bereichen gesonderte Verhandlungen brauchen. Hier erhoffe ich mir einen Bundesrat, der die Anliegen der Schweizer Bevölkerung nach bestem Wissen und Gewissen vertritt und im Sinne der Parteien und Gewerkschaften gute Einigungen erzielt.
Zur Person: Michela Seggiani (49) ist Fraktionspräsidentin der SP Basel-Stadt im Grossen Rat und Vizepräsidentin der Finanzkommission sowie Mitglied der BKK.