Stadtklima-Initiativen: «Nichts mit Nachhaltigkeit zu tun»

Thierry Ehrsam
Thierry Ehrsam

Winterthur Stadt,

In Winterthur wird am 9. Juni 2024 über die beiden Stadtklima-Initiativen abgestimmt. Alexandra Stadelmann (Die Mitte) setzt sich für ein Nein ein.

Winterthur Stadtklima-Initiativen
Winterthur entscheidet am 9. Juni 2024 über die Stadtklima-Initiativen. In Basel wurden beide Initiativen 2023 abgelehnt. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit den Stadtklima-Initiativen soll Winterthur an den Klimawandel angepasst werden.
  • Das Stadtparlament hat zwei Gegenvorschläge ausgearbeitet. Die Abstimmung ist am 9. Juni.
  • Alexandra Stadelmann vom Komitee «4× NEIN zu den Stadtklima-Initiativen» äussert sich.

Am 9. Juni 2024 wird in Winterthur über die beiden Stadtklima-Initiativen – sprich über die Gute-Luft-Initiative und Zukunfts-Initiative – abgestimmt. Mit der Gute-Luft-Initiative soll Winterthur mit entsprechenden Massnahmen fit für den Klimawandel gemacht werden. Die Zukunfts-Initiative will klimafreundliche Verkehrsmittel fördern.

Das Stadtparlament lehnt die Initiativen ab, hat aber zwei Gegenvorschläge ausgearbeitet. Gegen die Stadtklima-Initiativen und die Gegenvorschläge hat sich das Komitee «4× NEIN zu den Stadtklima-Initiativen» gebildet. Alexandra Stadelmann erklärt im Nau.ch-Interview, weshalb Sie gegen die Vorlagen ist.

Nau.ch: Aus welchen Gründen lehnen Sie die beiden Stadtklima-Initiativen sowie die Gegenvorschläge ab?

Alexandra Stadelmann: Mit der Annahme der Stadtklima-Initiativen würden 300’000 Quadratmeter Strassen in Winterthur zerstört. Das wäre eine Verschwendung von Ressourcen und würde mindestens 300 Millionen Franken kosten.

Alexandra Stadelmann Stadtklima-Initiativen Nein
Alexandra Stadelmann ist Präsidentin der Mitte Winterthur und Mitglied des Komitees «4× NEIN zu den Stadtklima-Initiativen». - zVg

Winterthur würde während 15 Jahren in eine Grossbaustelle verwandelt und der Verkehr blockiert werden. Dies hat meiner Meinung nach nichts mit Nachhaltigkeit zu tun, sondern ist einfach unrealistisch.

«Nachhaltige Fortbewegungsmittel werden in Winterthur schon lange gestärkt»

Nau.ch: Mit der Zukunfts-Initiative sollen nachhaltige Fortbewegungsmittel gestärkt werden. Könnten dadurch die Einwohnenden dazu motiviert werden, vermehrt das Auto zu Hause zu lassen?

Stadelmann: Nachhaltige Fortbewegungsmittel werden in Winterthur schon lange gestärkt. Die jüngsten Beispiele sind die Stadthausstrasse und die Rudolfstrasse, ja der ganze Raum zwischen Hauptbahnhof und Neuwiesenstrasse, aber auch die Velorouten durch die Stadt. Der Stadtrat wird diese Strategie sowieso weiterverfolgen und auch die Mitte setzt sich für die Stärkung von Velo und Bus ein. Darüber, ob dies die Einwohnenden motiviert, ihr Auto zu Hause zu lassen, kann ich nur mutmassen.

Öffentliche Verkehrsmittel Winterthur Stadtklima-Initiativen
Die öffentlichen Verkehrsmittel würden in Winterthur schon lange gestärkt, sagt Stadelmann im Interview. (Symbolbild) - keystone

Was mich jedoch stört, ist, dass neue Velo- oder Gehwege sowie ÖV-Trassen, die zuvor nicht vom MIV benutzt wurden, nicht angerechnet werden, wie zum Beispiel der Veloweg entlang des Mattenbachwegs oder die Querung Grüze.

Nau.ch: Sie befürchten einen massiven Abbau von Parkplätzen, obwohl im Initiativtext nicht direkt von einem Parkplatz-Abbau gesprochen wird. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?

Stadelmann: Auch wenn die Initianten es nicht offen zugeben, bezwecken sie, dass Parkplätze aufgehoben werden. Bereits die Gegenvorschläge verlangen die Umwandlung einer Fläche von 21'000 Parkplätzen, was dreimal so viel wäre wie sämtliche bestehende Parkplätze auf öffentlichem Grund. In Videoanimationen auf der Website der Initianten sieht man klar und deutlich, wie Parkplätze durch Velofahrbahnen oder Grünflächen ersetzt werden.

«Umwandlung von Strassen in einem Ausmass, das finanziell nicht tragbar ist»

Nau.ch: Die Gute-Luft-Initiative hat das Ziel, für mehr Grünflächen in der Stadt zu sorgen. Ist dies nicht eine Chance für mehr Lebensqualität in Winterthur?

Stadelmann: Natürlich bin ich der Meinung, dass mehr Grünraum und mehr Bäume in der Stadt einen wichtigen Beitrag für ein gutes Stadtklima leisten, und ich bin auch bereit, ambitionierte Klimaziele zu verfolgen, jedoch nicht mit so schwerwiegenden Folgen für Winterthur.

Stadtklima-Initiativen Visualisierungen
Visualisierungen des Initiative-Komitees zeigen, wie sich das Stadtbild von Winterthur bei einem Ja verändern könnte. - umverkehR

Die Gute-Luft-Initiative zielt einseitig auf den vom MIV-genutzten Strassenraum. Entsiegelte Flächen, die aktuell keine MIV-Flächen sind, zum Beispiel Plätze oder Gehwege, werden ebenso wenig mitgezählt wie Fassadenbegrünungen. Ausserdem möchte die Initiative eine Umwandlung von Strassen in einem Ausmass, das finanziell nicht tragbar ist.

«Neue Areale zur Begrünung müssen miteinbezogen werden»

Nau.ch: Welche alternativen Massnahmen schlagen Sie vor, um dem fortschreitenden Klimawandel vorzubeugen und die Stadt besser auf Wetterextreme vorzubereiten?

Stadelmann: Bei regulären Bauprojekten sollen beispielsweise Parkflächen und Strassen konsequent entsiegelt werden, ohne dass deren wichtigen Funktion beeinträchtigt wird, oder es sollen schmalere Trottoirs auf der einen und breitere Trottoirs mit Bäumen auf der anderen Strassenseite geschaffen werden.

Eulachpark Winterthur Stadtklima-Initiativen
Der Eulachpark in Winterthur ZH. - keystone

Neue Areale zur Begrünung müssen miteinbezogen werden. Mehr Wohnraum kann durch Aufstockung geschafft werden. So bleiben mehr Freiflächen erhalten. Weiter braucht es mehr Fassaden- und Dachbegrünungen.

Es sollte zudem geprüft werden, mehr Grün auf öffentlichem Grund mit mehr Grün auf privatem Grund zu vernetzen. Die Initiativen berücksichtigen weder die Begrünung von privaten Flächen noch die Begrünung auf öffentlichen Plätzen. Eine pragmatische Lösung, wie der Gegenvorschlag des Stadtrates, wäre für mich die richtige Wahl gewesen. Leider kommt dieser nicht zur Abstimmung.

Erachtest du die Stadtklima-Initiativen als sinnvoll?

Zur Person: Alexandra Stadelmann (31) Präsidentin der Mitte Stadt Winterthur sowie Mitglied des Komitees «4× NEIN zu den Stadtklima-Initiativen». Sie arbeitet als Primarlehrerin und wohnt in Winterthur.

Kommentare

User #1385 (nicht angemeldet)

Das sind die wahren Probleme von Winti. Die grünen reissen uns in den Abgrund des Wohlstands

User #1321 (nicht angemeldet)

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