Wahl von Migrant Atici in Regierung «hat Signalwirkung»
Basel-Stadt wählt Mustafa Atici in die Kantonsregierung: Für die Menschen mit Migrationshintergrund könnte dies eine Signalwirkung entfalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sozialdemokrat Mustafa Atici schafft den Sprung in die Stadtbasler Kantonsregierung.
- Er ist nicht der erste Schweizer mit Migrationshintergrund, der diesen Erfolg feiern kann.
- Polit-Analyst Mark Balsiger weiss: Die Wahl von Atici kann grosse Signalwirkung haben.
Der Sozialdemokrat Mustafa Atici schreibt Geschichte: Am Sonntag wird der kurdischstämmige Stadtbasler im zweiten Wahlgang in die Kantonsregierung gewählt – als erster Schweizer mit Migrationshintergrund.
Mit 25'198 Stimmen platziert sich der Gastrounternehmer knapp vor seinem bürgerlichen Widersacher Luca Urgese: Der Freisinnige konnte 22'228 Stimmen auf sich vereinen. Abgeschlagen an dritter Stelle folgt Rechtsaussen-Exzentriker Eric Weber mit 1732 Stimmen.
Mustafa Atici als Signal für politische Partizipation
Mustafa Atici ist nicht die erste Person mit Migrationshintergrund, die den Sprung in eine Kantonsregierung schafft: 2013 beispielsweise entschied sich das Genfer Wahlvolk für den argentinischstämmigen Grünen Antonio Hodgers. 2023 wurde Ylfete Fanaj ihrerseits für die SP in die Luzerner Kantonsregierung gewählt – sie wurde im heutigen Kosovo geboren. Andere prominente Beispiele heissen Cesla Amarelle, Josef Zisyadis, Serge dal Busco, Mauro Poggia oder Jean-Nathanaël Karakash.
Polit-Analyst Mark Balsiger möchte nicht von einem neuen Trend sprechen, wie er auf Anfrage von Nau.ch erklärt: «In Regionen, in welchen der Anteil an Ausländern und eingebürgerten Migranten hoch ist, ist deren Akzeptanz generell grösser.» Entsprechend seien insbesondere die Resultate aus Basel-Stadt oder Genf keine Überraschung.
Die Zahlen zeigten aber, dass Eingebürgerte deutlich weniger am politischen Prozess teilnehmen: «Deshalb sind solche Wahlerfolge wichtig – für die jeweilige Diaspora. Für Menschen, die sich politisch engagieren möchten, kann dieser Erfolg eine Signalwirkung entfalten.»
Politische Teilhabe beginnt am Familientisch
Im Rahmen der jüngsten Nationalratswahlen konnten sich nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund durchsetzen – trotz wachsender Anzahl aufgestellten Kandidaten. «Die Hürden bei Nationalratswahlen sind enorm hoch. Beim Zusammenstellen der Listen achten die Parteien darauf, dass sie Leute zur Kandidatur bewegen, die möglichst bekannt sind.»
Denn diese Kandidaturen hätten das Potenzial, möglichst viele Stimmen auf sich zu vereinen. «Man muss also Anlauf holen und sich beweisen», erklärt der Polit-Analyst. Letztes Jahr schafften beispielsweise Farah Rumy aus Solothurn oder Islam Alijaj aus Zürich den Sprung ins Parlament. «Wenn sich die beiden im Nationalrat durchsetzen und eine stete Präsenz in den Medien erlangen, kann das andere motivieren!»
Mit Blick auf politische Partizipation, Integration, Diversität und Chancengleichheit stelle der Wahlerfolg von Mustafa Atici also eine Chance dar: Der Stadtbasler kam als junger Erwachsener in die Schweiz – heute ist er Chef eines Catering-Unternehmens, Alt-Nationalrat und Familienvater. «Das macht in einem Land wie der Schweiz erst recht Eindruck – eine regelrechte Tellerwäscherkarriere!»
Die politische Sozialisierung sei für die Teilhabe am politischen Diskurs nämlich zentral, erklärt der Polit-Analyst und Buchautor: «Wer am Familientisch oder unter Kollegen regelmässig über Politik diskutiert, interessiert sich dafür. Das ist der erste wichtige Schritt – nicht nur für Menschen mit Migrationshintergrund.»