Wittwer (EDU TG) zu Prämienverbilligungen: «Solidarität hat Grenzen»
Der EDU-Kantonsrat Marcel Wittwer spricht im Interview über eine Neubemessung der individuellen Prämienverbilligungen im Thurgau.
Das Wichtigste in Kürze
- Marcel Wittwer (EDU TG) spricht über eine Neubemessung von Prämienverbilligungen.
- Ein Vorstoss wollte mehr Personen den Zugang zu Prämienverbilligungen ermöglichen.
- Wittwer lehnt dies ab, dadurch würden bisherige «Ansprecher» eine Kürzung erleiden.
Die steigenden Krankenkassenprämien sind ein allgegenwärtiges Thema. So auch im Kanton Thurgau. Ein Vorstoss forderte eine Neubemessung der Prämienverbilligungen, wodurch mehr Personen von einer solchen hätten profitieren können. In der Zwischenzeit haben die Vorstossenden jedoch angekündigt, das Geschäft zurückziehen zu wollen.
Nau.ch hat mit Marcel Wittwer (EDU) über eine Neubemessung der individuellen Prämienverbilligung gesprochen. Eine pauschale Erweiterung «des Ansprecherkreises» lehnt er ab.
Nau.ch: Befürworten Sie die vorgeschlagene Anpassung der Bemessung der Prämienverbilligung?
Marcel Wittwer: Die individuelle Prämienverbilligung soll ein Instrument für die gezielte Entlastung von Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen sein. Durch die Anknüpfung an den einfachen Steuerbetrag wohnt der Entlastung ein Giesskannenprinzip inne.
Wenn die Steuerbeträge angehoben werden, würde der Streuverlust von Versicherten, die eine Prämienverbilligung nicht nötig haben, noch grösser werden und jene, die es nötig haben, müssten teilweise mit weniger Prämienverbilligung vorliebnehmen.
«Weitere Präzisierung der Voraussetzung ist angezeigt»
Eine weitere Präzisierung der Voraussetzung ist angezeigt, um wirklich jenen zu Hilfe zu kommen, die unter den horrenden Prämien ächzen. Eine pauschale Erweiterung des Ansprecherkreises ist allerdings nicht angezeigt.
Nau.ch: Der Regierungsrat lehnt die Änderung ab. Zwar würden laut ihm durch die Anpassung mehr Personen von einer Verbilligung profitieren, dadurch die Vergünstigung pro Person aber geringer ausfallen. Teilen Sie diese Haltung?
Wittwer: Der Vorstoss verlangt eine kostenneutrale Anhebung der Steuerbeträge. Somit werden mehr Versicherte die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine individuelle Prämienverbilligung erfüllen. Auf der anderen Seite erleiden bisherige Ansprecher teilweise eine Kürzung.
Nau.ch: Gehen Sie von einer grossen Anzahl Personen aus, die durch die Änderung neu oder einen höheren Anspruch auf Prämienverbilligungen erheben könnte?
Wittwer: Da viele Steuerpflichtige keine oder wenig Steuern zahlen, gehe ich von einer hohen Anzahl Betroffenen aus. Die Anhebung pro Stufe um je 200 Franken ist prozentual erheblich.
«Wie so oft ist es das Wie, das die Geister scheidet»
Nau.ch: Am 9. Juni wird über die nationale Prämien-Entlastungs-Initiative abgestimmt. Stimmen Sie dem Anliegen der Volksinitiative zu?
Wittwer: Das Anliegen, die Bevölkerung von den hohen Prämien zu entlasten, teilt vermutlich jeder. Wie so oft ist es das Wie, das die Geister scheidet. Die Initiative sowie der Gegenvorschlag wollen das Grundproblem der explodierenden Kosten mit Millionen von Steuerfranken zuschütten.
Das Problem bleibt ungelöst. Die unkritische Finanzierung der steigenden Kosten mit öffentlichen Geldern wird das Problem verschärfen, weil wieder neue Fehlanreize gesetzt werden.
Nau.ch: Sind von Ihnen sonstige Massnahmen geplant, um Haushalte der unteren und mittleren Einkommensschicht zu entlasten?
Wittwer: Es sind keine konkreten Massnahmen geplant. Entlastend würde wirken, wenn wir zu mehr Eigenverantwortung zurückkehren. Solidarität hat Grenzen und wird aktuell überstrapaziert.
Zur Person: Marcel Wittwer (30) ist Kantonsrat und Vizepräsident der EDU Thurgau. Er ist Geschäftsleitungsmitglied eines Finanz- und Versicherungstreuhandbüro und wohnt in Schocherswil bei Amriswil.