Abbrüche, Absagen, Geisterspiele - Nicht mit Union
Eisern Union und das Spiel vor Zuschauern gegen die Bayern. Während Ligen den Betrieb einstellen und Geisterspiele erstmal zur Gewohnheit werden könnten, entscheidet die zuständige lokale Behörde anders. Ob es dabei bleibt, wird man sehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Stadion An der Alten Försterei im Berliner Stadtteil Köpenick ist nicht nur für die Fans des 1. FC Union Berlin etwas Besonderes.
Die Eisernen nennen sie sich.
Immun gegen das neuartige Coronavirus sind sie natürlich nicht. Dennoch wird - so der aktuelle Stand - die Partie, die erste der Unioner vor heimischer Kulisse als Fussball-Bundesligist gegen den FC Bayern München, vor proppenvollen Rängen ausgetragen.
Wie kann das sein, wenn andernorts in Deutschland Geisterspiele Einzug halten? Wenn der FC Bayern das Heimspiel im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Chelsea, fast ein kleines Revival des «Finale dahoam», ohne Zuschauer spielen wird. Wenn die Deutsche Eishockey Liga erstmals in ihrer Historie auf einen Meister verzichtet und die Saison vorzeitig für beendet erklärt.
Und wenn in Berlin, der Stadt von Aufsteiger und Neuling Union, das Kulturleben fast zum Erliegen kommt und die Aufführungen in den grossen Sälen der staatlichen Häuser in der deutschen Hauptstadt zunächst bis zum 19. April abgesagt sind.
«Klar ist weiterhin: Entscheidungen über tiefgreifende Massnahmen für den Spielbetrieb wie Zuschauerausschlüsse oder Spielabsagen müssen von den zuständigen Gesundheitsbehörden getroffen und veranlasst werden», erklärte der Deutsche Fussball-Bund nach einer Sitzung der Präsidenten und Geschäftsführer der Regional- und Landesverbände. «Wir vertrauen der Expertise der Behörden vor Ort», betonte DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius. «Sie sind hier die Fachleute. Nur auf dieser Grundlage können entsprechende Massnahmen für den Spielbetrieb veranlasst werden. Dies gilt sowohl für den Profi- wie auch den Amateurfussball.»
Die örtlichen Behörden im Berliner Stadtbezirk Treptow-Köpenick hätten den Verein informiert, dass «sie nach umfangreicher Prüfung der aktuellen Risikobewertung in Bezug auf die Ausbreitung des Corona-Virus entschieden haben, keine Anordnung über einen Ausschluss von Zuschauern für das Heimspiel am 14.03.2020 zu erlassen», hatte Union mitgeteilt. Allerdings sah sich das Gesundheitsamt Treptow-Köpenick am Abend genötigt, eine Klarstellung zu veröffentlichen, in der es hiess, dass das Amt und auch der zuständige Dezernent keine Entscheidung zur Durchführung des Spieles am 14.03.2020 mit Zuschauerbeteiligung getroffen habe.
Auf jeden Fall trafen sie keine gegen Zuschauer. «Union oder Köpenicks Bürgermeister: Wer hat denn jetzt das Sagen?» fragte die Boulevardzeitung «BZ». Darin wollte Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) einen Zuschauer-Ausschluss nicht ausschliessen, sagte aber auch: «Ich wünsche mir natürlich, dass Union in einem voll ausverkauften Stadion gegen die Bayern gewinnt!» Vereinsboss Dirk Zingler hatte zuvor in der «Berliner Morgenpost» deutlich gemacht, dass er von einem Spiel mit Zuschauern ausgehe.
Anders als beispielsweise beim Nachholspiel am Mittwoch zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln - dem ersten Bundesliga-Geisterspiel überhaupt. Oder beim Revierderby Dortmund gegen Schalke am Samstag - sonst ein Jahreshöhepunkt der beiden Fanlager. Oder die Partie Bremen gegen Leverkusen am Montag.
«Aus infektiologischer Sicht sind Stadien Hotspots», sagte der Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, Jonas Schmidt-Chanasit, zeit.de: «50.000 Menschen oder mehr auf engstem Raum, die sich umarmen und grölen: Das ist eigentlich all das, was wir vermeiden wollen.» Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» kommentierte: «In Berlin aber, bei Union, begreifen sie immer noch nicht, welches Spiel jetzt läuft.»