Amnesty-Expertin: WM-Boykott würde Fortschritte zurückwerfen
Die WM in Katar im kommenden Jahr wird ein Streitpunkt bleiben. Norwegische Clubs fordern einen Boykott, genauso eine deutsche Fanvereinigung. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International rät davon aber ab - und nennt Gründe.
Das Wichtigste in Kürze
- Amnesty International hält einen Boykott der Fussball-WM in Katar 2022 für nicht sinnvoll.
«Katar hat sich durchaus gesprächsbereit gezeigt und Reformen angestossen», sagte die Katar-Expertin Regina Spöttl von der Menschenrechtsorganisation in Deutschland dem Nachrichtenportal watson.de.
Nachdem zuletzt mehrere norwegische Erstliga-Clubs ihre Nationalmannschaft aufgefordert haben, der Endrunde vom 21. November bis 18. Dezember nächsten Jahres fernzubleiben, ergänzte Spöttl: «Es gibt Fortschritte, und mit einem Boykott würden diese um Jahre zurückgeworfen werden.» Auch die deutsche Fanvereinigung ProFans hatte sich generell gegen eine Teilnahme ausgesprochen.
Amnesty setze auf Aufdeckung und Sichtbarmachung der Missstände und den Dialog mit allen Beteiligten, betonte aber Spöttl. Aus ihrer Sicht kann Katar vielmehr eine wichtige Vorbildfunktion in der arabischen Welt einnehmen. Sportfunktionäre, Spieler, Verbände und andere Beteiligte sollten sich auch einsetzen und einbringen, um «ihren Gesprächspartnern und persönlichen Kontakten in Katar die Probleme nahezubringen».
Spöttl äusserte sich auch zu einem Bericht der englischen Zeitung «The Guardian», wonach in den vergangenen zehn Jahren mehr als 6500 Arbeiter aus fünf asiatischen Ländern in Katar gestorben sein sollen. «Ich fürchte, diese hohe Zahl stimmt», sagte sie. «Allerdings ist es sehr schwierig zu überprüfen, wie viele Todesfälle es im Umfeld der WM gegeben hat und welche die Ursachen dafür waren. Katar hat keine offiziellen Daten dazu veröffentlicht.»
Auch FIFA-Präsident Gianni Infantino äusserte jüngst kein Verständnis für Boykottüberlegungen. Ein solcher sei «definitiv nicht die richtige Massnahme», um etwas zu erreichen, sagte der Boss des Weltverbandes. «Es ist immer, war immer und wird immer der einzige Weg sein, in den Dialog zu treten und sich zu engagieren, um Veränderungen herbeizuführen», hatte der 50 Jahre alte FIFA-Chef argumentiert.