Netflix-Serie und Geld aus Russland befeuern den Schachboom

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Deutschland,

Schachvereine sind geschlossen, fast alle Turniere abgesagt, doch das Interesse an dem Denksport ist gross wie lange nicht. Vor allem Russland und Weltmeister Magnus Carlsen stehen dabei im Fokus. Und klar ist: Online-Schach boomt weiter.

Das Interesse am Denksport Schach ist gross wie lange nicht. Foto: Felix König/dpa
Das Interesse am Denksport Schach ist gross wie lange nicht. Foto: Felix König/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Dank Netflix und Internet hat Schach 2020 einen Boom wie nie erlebt, und auch dieses Jahr wird spannend.

Ausgerechnet Russland dürfte 2021 noch wichtiger werden - trotz des Cas-Urteils zum Ausschluss der Sportnation bis 2022.

Online-Schach ist ein absoluter Renner: Schon zu Weihnachten meldete die Plattform «Chess.com» ihr fünfzigmillionstes Mitglied. Und mindestens einhundert Millionen Menschen haben die seit zwei Monaten auf Netflix gestreamte Serie «Damengambit» gesehen.

Um Weltmeister Magnus Carlsen entstand eine Firmengruppe, die im Oktober an die Osloer Börse ging und derzeit 110 Millionen Euro wert ist. Ihr Produkt: Onlineschach in allen Facetten. Dazu gehört eine vom Norweger Carlsen selbst angestossene Champions Chess Tour um 1,5 Millionen Dollar Preisgeld. Übertragen wird sie nicht nur auf Schachkanälen, sondern auch bei Eurosport.

Allerdings kommen im Online-Schach neue Faktoren ins Spiel. Manche Partie wird durch eine unglückliche Bewegung an der Computermaus entschieden oder weil die Internetverbindung abbricht. Mancher Verlierer wurde im Nachhinein zum Sieger erklärt, weil ein Algorithmus im gegnerischen Spiel verdächtig viele Übereinstimmungen mit Computerzügen entdeckte.

Im Finale der internationalen Pro Chess League soll Tigran Petrosjan, der zweimal mit Armenien die Schacholympiade gewann, betrogen haben. Vorige Woche wurde auf der Plattform Lichess der frühere U20-Weltmeister Parham Maghsoodloo aus dem Iran überführt.

Als Mitte März bereits alle internationalen Sportveranstaltungen abgesagt waren, wurde im russischen Jekaterinburg noch das Kandidatenturnier der WM gestartet. Es besorgte dem Denksport nicht nur Schlagzeilen, sondern auch die Aufmerksamkeit von Buchmachern. Auf einmal boten fast alle Schachwetten an.

Nach der Hälfte der Runden wurde die Ermittlung von Carlsens nächstem WM-Herausforderer unterbrochen. Offiziell begründet wurde es mit der Einstellung des Linienflugverkehrs. Nur: Ein Schachturnier, das weltweit beachtet wurde, passte vor allem nicht mehr zur von «Alles-unter-Kontrolle» auf Lockdown umgeschlagenen Covid-19-Strategie der russischen Regierung.

Schon vor dem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs Cas gegen Russland war der Weltschachföderation Fide eine sportpolitische Bastion des Kremls. An ihrer Spitze steht Arkadi Dworkowitsch - bis 2018 Stellvertretender Ministerpräsident Russlands. Achtzig Prozent der Fide-Sponsoren kommen aus diesem Land.

Die Schacholympiade 2022 wurde in die weissrussische Hauptstadt Minsk vergeben. Wegen der Wirtschaftskrise wollte Machthaber Alexander Lukaschenko die Veranstaltung bereits im Juni aber wieder loswerden. Nun soll der Nationenwettbewerb in Moskau stattfinden.

Bei den Weltcups der Männer und Frauen springt Russland ebenfalls ein, Preisgelder und Teilnehmerzahlen werden aufgestockt. Mindestens drei Millionen Euro lassen sich die Russen die wenig beachteten Weltcups kosten. Gespielt werden soll im Juli 2021 in Sotschi.

Im kommenden Frühjahr soll in Jekaterinburg das Kandidatenturnier zu Ende gebracht werden. Dworkowitsch schliesst nicht aus, dass einzelne, gemeint sind vor allen die Chinesen Ding Liren und Wang Hao, unter schiedsrichterlicher Aufsicht online weiterspielen. Platzt die Weltausstellung in Dubai und damit die dort für November geplante WM, darf Russland nicht in die Bresche springen: Weltmeisterschaften sind dort laut Cas-Urteil erst wieder von 2023 an erlaubt.

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