Wie Simracing und Motorsport zusammenwachsen
Während andere Sportsimulationen noch Defizite im Realismus haben, gehen Simracing-Spiele extrem in die Tiefe. Man könnte meinen, dass Simracing bald ernsthaft mit dem Motorsport konkurriert. Aber stattdessen scheinen sich die beiden Disziplinen immer weiter zu vermischen.
Das Wichtigste in Kürze
- Motorsport im Virtuellen haben in der Corona-Pandemie einen regelrechten Boom erlebt.
Formel 1, NASCAR, Le Mans: Was auf der echten Strasse nicht möglich war, wurde in den E-Sport verschoben.
Diesen Boom bekamen unter anderem auch die Hersteller der verschiedenen «Simracing»-Titel zu spüren - also Spiele, die den Motorsport möglichst realistisch simulieren sollen. Einer dieser Titel, iRacing, verzeichnete einem Bericht der Seite «Roadshow» zufolge einen Anstieg der Abonnenten von 110.000 auf 160.000. Zugehörige Hardware war im Onlinehandel zeitweise vergriffen.
Der E-Sport-Disziplin bringen die virtuellen Ersatzrennen mehr Akzeptanz - auch in der Motorsport-Community. «Ich denke angesichts der jüngsten Entwicklungen wird Simracing mehr Zukunft haben als Motorsportrennen», sagt James Baldwin im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. «E-Sport erlebt gerade ein enormes Wachstum und wer weiss, wo das hinführen wird.»
Mehr Respekt gibt es auch von den Rennfahrern. «Es ist üblich, dass wir Simracer die Motorsportler anhimmeln, aber in letzter Zeit kam auch sehr viel Wertschätzung zurück», sagt E-Sportler Georg Ortner, der hauptsächlich im Spiel rFactor2 an den Start geht. «Viele Fahrer, die jetzt ihre ersten virtuellen Rennen bestreiten, lernen dadurch, wie viel Talent und harte Arbeit im Simracing steckt.»
Dabei sind beide Disziplinen nicht einmal sehr weit voneinander entfernt. Baldwin kann beide Seiten gut vergleichen: Im vergangenen Jahr gewann der 22-Jährige den Wettkampf «World's Fastest Gamer» - zum Preis gehörte die Teilnahme an einem realen Motorsportrennen.
Inzwischen fährt Baldwin für McLarens GT3-Team und gewann am 2. August sogar die Britische GT-Meisterschaft in seiner Disziplin. Das Digitale aufgeben will er trotzdem nicht.
«Die Fähigkeiten, die für die Ausübung beider Disziplinen vonnöten sind, sind sehr übertragbar», sagt Baldwin. «Ich benutze viele ähnliche Techniken und meine mentale Vorbereitung ist komplett identisch. Der grösste Unterschied ist der physische Aspekt des Motorsports, besonders die G-Kräfte die auf den Körper einwirken.» In scharfen Kurven können Rennautos das fünffache der Erdschwerkraft auf Rennfahrer ausüben.
Und noch einen Vorteil hat das Digitale: «Simracing ist sehr einsteigerfreundlich, zumindest im Vergleich zum Motorsport», sagt Ortner. Echter Motorsport hat eine enorme finanzielle Einstiegshürde.
Ein halbwegs professionelles Simracing-Setup gibt es schon für ein paar Hundert Euro. «Dadurch haben wir es schon oft erlebt, dass die Motorsportligen junge Talente aus dem Simracing unter Vertrag nehmen. Ich denke, die beiden Disziplinen werden weiter zusammenwachsen.»