Fussball ohne Edel-Fans und Fingerfood

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Deutschland,

In der Diskussion um die Teil-Rückkehr von Zuschauern geht es vor allem um die Hardcore-Anhänger der Bundesliga-Clubs. Doch auch der Corona-Lockdown in den Hospitality-Bereichen der Fussball-Stadien ist teuer für die Vereine.

Bayern München
Auch beim FC Bayern bleiben die Plätze im VIP-Bereich leer. - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Business-Logen sind leer, Sekt wird nicht ausgeschenkt, Schnittchen werden nicht serviert: In Zeiten von Geisterspielen bleiben auch die Abschnitte jenseits der billigeren Plätze in den Stadien leer.

Ob Edel-Fan oder Hardcore-Anhänger – vor dem Coronavirus sind alle gleich.

In der Diskussion um die Teil-Rückkehr von Zuschauern in die Bundesliga-Arenen spielen VIPs, finanzkräftige Geschäftsleute und Unternehmen keine Rolle. Das kann Marco Sautner, Deutschland-Chef von Infront, nachvollziehen. «Die Clubs wären nicht gut beraten, zuerst die VIP-Gäste und dann die Public-Gäste zuzulassen», sagt er. Das würde nicht gut ankommen und wäre auch nicht gerecht. «Ich glaube schon, dass die Vereine soviel Empathie haben», sagt Sautner.

Dabei ist Hospitality ein wichtiger Posten in den Bilanzen der Bundesliga-Clubs, auch wenn die Zahl der Stadionbesucher auf den teuren Sitzen im Bundesliga-Betrieb weit hinter denen der Normal-Zuschauer liegt. «Grundsätzlich hat das für jeden Club, egal ob nun Kiel oder Sandhausen, Osnabrück, Borussia Dortmund oder Köln, schon einen riesengrossen Ausschlag», sagt Sautner.

Netzwerke pflegen, Kunden binden, Geschäfte anbahnen, Mitarbeiter motivieren - das Event Top-Fussball war vor Corona eine attraktive Kulisse für Unternehmen. Laut dem Wirtschaftsreport der Deutschen Fussball Liga für die Saison 2018/19 steuerte der Ertrag aus Werbung und Sponsoring mit 845,4 Millionen Euro 21 Prozent zum Rekord-Umsatz der Bundesliga von 4,2 Milliarden Euro bei. Der Anteil der Hospitality-Einnahmen am Bereich Sponsoring und Werbung liegt nach Schätzung von Sautner im Schnitt bei 40 Prozent.

Bei den Ticketeinnahmen pro Spieltag sind die Anteile zwischen den Eintrittskarten für den Normal-Bereich und die Business-Plätze im Schnitt etwa ausgeglichen. «Das zeigt die Relevanz, wie wichtig Hospitality ist. Sowohl wenn man den Spieltag betrachtet als auch den Anteil am gesamten Sponsoring», sagt Vermarktungs-Experte Sautner.

Die Eintrittserlöse der Clubs liegen je nach Grösse eines Stadions pro Bundesliga-Spiel immerhin im Schnitt von 1,5 Millionen bis zu drei Millionen Euro - wie bei Borussia Dortmund mit seiner grossen Arena mit über 81.000 Plätzen.

Der ehemalige Oberliga-Fussballer Sautner betreut mit seinem Team in der Bundesliga Werder Bremen, den 1. FC Köln, den SC Freiburg und Mainz 05. Derzeit nicht gerade Vereine mit internationaler Strahlkraft. Top-Clubs wie Bayern München, Borussia Mönchengladbach oder RB Leipzig nehmen die Vermarktung selbst in die Hand.

Auch in der Kategorie ist der deutsche Rekordmeister FC Bayern Spitze. Nach einer Aufstellung des Sportbusiness-Portals «sponsors.de» vom Dezember 2019 kostete in der vergangenen Saison die teuerste Loge in der Allianz Arena für eine Spielzeit 320.000 Euro, für die günstigste musste der Käufer noch immer 103.500 Euro berappen. Sämtliche 106 Logen mit 1368 Plätzen waren ausverkauft. Gleiches galt für die 2152 Business Seats, deren Saison-Preise zwischen 7000 und 12.000 Euro betrugen.

13 Bundesligisten meldeten bei den Logen eine hundertprozentige Auslastung. Zwei Vereine machten keine Angaben, der SC Freiburg und der SC Paderborn haben keine Fingerfood-Plätze. Sechs Clubs gelang es sogar, sowohl Logen als auch Business Seats komplett zu verkaufen.

Einige Vereine hatten vor der vergangenen Spielzeit in ihre Hospitality noch einmal investiert. Laut «sponsors.de» gab der VfL Wolfsburg beispielsweise zwei bis drei Millionen Euro aus, um den Bereich aufzuwerten. Stichwort: Hospitality 2.0. Doch wann die zahlungskräftige Klientel wieder in den Genuss von neuen Catering-, Sound- und Lichtkonzepten oder Aktionsständen kommen, ist nicht absehbar.

«Wir leben gerade in nicht so ganz einfach Zeiten», sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei der Vorstellung der «FC Bayern Welt» in München und blickte dabei auf Attila Dogudan. Der Österreicher macht mit seinem an der Börse notierten Unternehmen seit vier Jahren das Catering für die Bayern in der Allianz Arena. «Wir sind im Epi-Zentrum», sagte der Vorstandschef des Konzerns Do & Co über die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Krise in der Gastronomie.

Seine weltweit operierende Firma ist auch Caterer für andere sportliche Grossereignisse und macht vor allem Umsatz mit dem Beliefern von grossen Airlines. Doch das ist alles weggebrochen. Der Umsatz sei binnen kurzer Zeit von einer Milliarde auf null gefallen, meinte Dogudan. Auch wenn die Gesundheitsminister der Länder am Montag eine Rückkehr von Fans zu den Bundesliga-Spielen zumindest bis zum 31. Oktober ausgeschlossen haben, hofft Dogudan bald auf eine Öffnung der Stadien. «Nicht mit 80.000 Menschen, mit 10.000. Und dann schauen, wohin die Reise geht.» Denn auch für die Vereine sei Hospitality «lebenswichtig».

Immerhin hat Sautner in der Krise gute Erfahrungen mit Kunden gemacht. «Ich muss gestehen, dass ich sehr, sehr positiv überrascht war, wie offen und solidarisch sich die Sponsoren und allen voran die Hospitality-Kunden gezeigt haben», sagte er. Die meisten seien auch mit Herzblut dabei und nicht nur als Geschäftspartner.

Er räumt aber auch ein, dass es deutlich schwieriger werde, je länger die Situation andauert. «Ich glaube, dass wir nicht noch zwei Jahre darauf verzichten sollen», meint Sautner. «Man braucht irgendwann den Turning Point. Dass man merkt, jetzt geht es weiter.» Damit endlich in den Logen der Bundesliga-Stadien wieder der Sekt kalt gestellt werden kann.

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