Nach den Hass-Plakaten gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp geraten Fussball-Fans immer mehr in den Fokus. Wie reagiert die Liga und die Vereine?
Im Zentrum von Fan-Anfeindungen: Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp. Foto: Roland Weihrauch/dpa
Im Zentrum von Fan-Anfeindungen: Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp. Foto: Roland Weihrauch/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Dietmar Hopps Anwalt Christoph Schickhardt hat nach den Hass-Plakaten gegen Hoffenheims Mäzen ein hartes Durchgreifen des Staates gefordert.
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«Es muss zu Hausdurchsuchungen kommen, da muss man auch mal ein paar abgreifen und auch mal einen Tag in der Zelle lassen. Das hat sich immer bewährt», sagte der 64-Jährige aus Ludwigsburg im SWR. Ob das juristisch umsetzbar ist, ist fraglich.

Zudem brachte Schickhardt in der SWR-Livesendung «Sport im Dritten» ein bundesweites Stadionverbot für die Übeltäter ins Gespräch. «Das Verbandsrecht kann ein Stadionverbot aussprechen, ein bundesweites Stadionverbot. Das ist ein sehr scharfes Schwert», sagte der Hopp-Anwalt.

Der Jurist hat in den vergangenen Jahre verschiedene Bundesligisten bei Verhandlungen vor dem DFB-Sportgericht vertreten. Schickhardt sprach sich für Modelle wie das «Kick it out» in Grossbritannien aus, wo zum Beispiel rassistische Vorfälle angezeigt werden können. «Das Muster aller Lösungen ist die Selbstreinigung. Die Fans müssen diese Leute ausschliessen. Die Fans sind die Lösung», sagte er.

Wegen Schmähungen gegen Hopp durch Anhänger des FC Bayern war am Samstag die Bundesliga-Partie der Münchner bei der TSG zweimal unterbrochen worden. Die Bayern-Führungsriege und zahlreiche Spitzenfunktionäre hatten sich daraufhin mit Hopp solidarisiert. Auch in anderen Stadien gab es Fan-Attacken gegen Hopp und den Deutschen Fussball-Bund (DFB).

«Das ist jetzt der Wendepunkt, die haben jetzt die Machtfrage gestellt. Jetzt muss die Liga hinstehen und Flagge zeigen», forderte Schickhardt. Der Jurist nahm vor allem die Deutsche Fussball Liga in die Pflicht: «Die DFL muss voran gehen, die geistige Führung übernehmen.»

Der FC Bayern gründete eine Kommission zur Aufarbeitung der Vorfälle. «Wir können da nicht zur Tagesordnung übergehen nach den Vorkommnissen vom letzten Samstag», sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei «Bild live». Bei einer Vorstandssitzung, an der auch Präsident und Aufsichtsratschef Herbert Hainer teilnahm, habe man die Gründung der Kommission beschlossen. Sollten nach Auswertung der Polizeiaufnahmen Täter identifiziert werden, «müssen die natürlich damit rechnen, dass sie nachhaltig von Bayern München bestraft werden», sagte Rummenigge, äusserte sich aber nicht detailliert zu möglichen Konsequenzen.

Der Vorstandschef erneuerte seine Kritik an den «gewissen Chaoten», bei denen man mit Reden offenbar nicht weiterkomme. «Ich bin ein Freund des Dialogs, aber der Dialog hat nicht dazu geführt, dass wir irgendeine Lösung haben, die von Ultras bisher akzeptiert worden ist. Ich habe immer den Eindruck, wir befinden uns in einer Einbahnstrasse, in der die Clubs nur geben müssen und die Fans nur nehmen wollen, aber nicht bereit sind, ihr eigenes Verhalten in irgendeiner Art und Weise zu korrigieren und dementsprechend dem Fussball zu dienen», sagte der 64-Jährige.

Die Schalker Ankündigung, im Falle ähnlicher Vorkommnisse im Pokal-Viertelfinale am Dienstag den Platz zu verlassen, bezeichnete Rummenigge als «konsequente Haltung». Das Prozedere mit drei Stufen gebe den Fans die Chance, zweimal «den Zirkus» zu veranstalten, bevor der Schiedsrichter abbrechen müsse. Das könne keiner wollen, sagte Rummenigge. Wichtig sei es, dass sich die Clubs abstimmen, «wie wir mit den Dingen umgehen, die hoffentlich nicht passieren».

Michael Gabriel, Chef der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), befürchtet indes «eine Spirale der Eskalation» im deutschen Fussball. «Ich glaube, dass alle Beteiligen schauen müssen, dass man diese Spirale stoppt», sagte der Diplom-Sportwissenschaftler der Deutschen Presse-Agentur. Man müsse nach Möglichkeiten suchen, miteinander ins Gespräch zu kommen. «Wenn das nicht passiert, dann steht tatsächlich die Befürchtung, dass wir auf sehr unruhige Zeiten zusteuern», warnte Gabriel.

Werder Bremens Angreifer Davie Selke hat gefordert, bei Beleidigungen in Fussball-Stadien nicht lange mit Konsequenzen zu warten. «Man sollte versuchen, direkt durchzugreifen. Dann verkürzt man es, wenn man klare Kante zeigt», sagte Selke in Bremen. Der 25 Jahre alte Stürmer spielte vier Jahre in der Jugend von 1899 Hoffenheim und kennt Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp daher. «Während dieser Zeit habe ich gesehen, was Dietmar Hopp für ein toller Mensch ist und was er der Region gebracht hat», sagte Selke.

Zur Verhinderung von Fan-Beleidigungen fordert Sport-Strafrechtler Ingo Bott mehr Initiative von den Vereinen. «Als Inhaber des Hausrechts sollten sich Clubs damit auseinandersetzen, was sie tun können, um Beleidigungen, Volksverhetzung und Hasskriminalität vorzubeugen», sagte der Jurist dem «Kicker». Der Experte für Sport-Strafrecht regte einen klaren Katalog für mögliche Verstösse an. «In Zeiten, in denen sich Meinungen radikalisieren, muss klar sein: Was ist noch Meinungsfreiheit, was schon Straftat?», sagte Bott.

Der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, Hans E. Lorenz, geht nach den Ankündigungen von Verbandspräsident Fritz Keller von stärkeren Konsequenzen im Kampf gegen Hass und Rassismus im Fussball aus. «Den Worten müssen Taten folgen», sagte Lorenz am Rande einer Sportgerichtsverhandlung in Frankfurt. Die sich ständig wiederholenden Beleidigungen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp verurteilte er. «Wenn die Fans unbedingt jemanden suchen, auf den sie draufhauen wollen, dann sollen sie den DFB nehmen - und nicht den Herrn Hopp», sagte Lorenz der Deutschen Presse-Agentur.

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