Klinsmann lächelt nicht mehr: Herthas im Abstiegskampf
Das Wichtigste in Kürze
- Das sonst so typische Lächeln war aus dem Gesicht von Jürgen Klinsmann verschwunden.
Ernst und nachdenklich wirkte der Trainer von Hertha BSC nach dem nächsten Dämpfer im Abstiegskampf der Fussball-Bundesliga, er verordnete seinen Profis zwei aus seiner Sicht dringend benötigte freie Tage. «Die Jungs sollen sich die Köpfe frei machen, mit ihren Frauen ein bisschen rausgehen und das verdauen», sagte er. Der frühere Bundestrainer sagte das für Sonntag geplante Training ab. Erst am Dienstag treffen sich die Berliner wieder.
Das mut- und ideenlose 1:3 (0:1) des Hauptstadtclubs gegen den FSV Mainz 05 am Samstag war ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Trotz Investitionen von rund 80 Millionen Euro in der Winterpause ist die Realität der auf Platz 14 abgerutschten Hertha weiterhin nur der Kampf um den Klassenerhalt, der Traum vom «Big City Club» ist weit entfernt. «Für uns ist das enttäuschend, aber irgendwo auch nachvollziehbar», sagte Klinsmann nach der Pleite und fand recht schnell eine Erklärung: «Das war eine sehr intensive Woche. Das war alles ein bisschen viel, soll aber keine Ausrede sein.»
Die 120 Minuten im Achtelfinale des DFB-Pokals beim FC Schalke 04 (2:3 n.V.) am Dienstag und die anschliessenden Diskussionen um die Rassismus-Vorwürfe von Hertha-Profi Jordan Torunarigha haben für Unruhe rund ums Team gesorgt. Fans und Teamkollegen solidarisierten sich am Samstag im Stadion für alle sichtbar mit Torunarigha, der auf Schalke laut eigener Aussage rassistisch beleidigt worden war. «Es ist wichtig, in diesen Situationen zusammenzustehen. Das ist eine wichtige Botschaft an den Spieler», sagte Manager Michael Preetz.
Spielerisch lief dafür kaum etwas zusammen. Gab es im Pokal noch gute Ansätze und Kombinationsspiel inklusive einer zwischenzeitlichen 2:0-Führung, war davon gegen die aggressiven Mainzer nichts mehr zu sehen. «Wir sind alle sehr enttäuscht, wir haben nicht wirklich viele Ideen gehabt», sagte Maximilian Mittelstädt. Herthas einziges Tor in den vergangenen vier Heimspielen war dann auch ausgerechnet ein Eigentor durch den Mainzer Jeffrey Bruma (84. Minute). Dessen Kollege Robin Quaison machte für die Rheinhessen mit einem Dreierpack (17./81. und 90.+4/Foulelfmeter) alles klar und bescherte seinem Team den ersten Sieg im Jahr 2020. Für Berlin gab es hingegen in den vergangene fünf Bundesligaspielen nur einen mageren Erfolg.
Vor allem die Offensivschwäche muss Hertha ganz schnell in den Griff bekommen, denn Preetz hat längst die «Wochen der Wahrheit» ausgerufen. Der Start gegen Mainz misslang, beim SC Paderborn am kommenden Sonntag sowie gegen Köln, Düsseldorf und Bremen geht es alleine im nächsten Monat gegen vier weitere direkte Konkurrenten. Noch hat Hertha sechs Punkte Vorsprung vor der Abstiegszone, doch bereits an diesem Wochenende sammelten die Gegner Zähler.
«Der Blick geht auf die kommenden Aufgaben, um das Ding wieder geradezubiegen», sagte Mittelstädt. Wichtig sei es, «den Kopf oben zu behalten». Die Hoffnung sei gross, dass das gelingt. Allerdings ist spürbar, dass sowohl das nötige Selbstvertrauen als auch der richtige Plan auf dem Rasen fehlen. Ausserdem bitter: In Paderborn muss Klinsmann auf Marius Wolf verzichten, der vor der Saison-Minuskulisse von 35 049 Zuschauern am Ende noch die Gelb-Rote Karte sah.