Mehr Wertschätzung? Mario Götze vor Neuanfang in Eindhoven
Nach zuletzt unbefriedigenden Jahren in München und Dortmund nimmt Mario Götze einen neuen Anlauf. Unter der Regie von Trainer Roger Schmidt soll es für den WM-Helden von 2014 in Eindhoven aufwärts gehen. Damit nimmt er vorerst Abschied von der grossen Bühne.
Das Wichtigste in Kürze
- Eindhoven statt Berlin, Eredivisie statt Bundesliga, niederländische Beschaulichkeit statt Big-City-Rummel.
Auf der langen Suche nach einem neuen Impuls für seine ins Stocken geratene Karriere ist Mario Götze fündig geworden.
In der Hoffnung auf mehr Spielanteile und Wertschätzung unterschrieb der zurzeit vereinslose Weltmeister von 2014 einen Zweijahresvertrag bei der PSV Eindhoven - und nicht wie zuletzt erwartet bei Hertha BSC. «Ich fühle mich bereit für eine ganz andere Herausforderung und bin zuversichtlich, dass dies ein sehr angenehmer Übergang für mich sein wird», kommentierte Götze seine überraschende Entscheidung.
Nach monatelangen Spekulationen über einen Wechsel zur AS Monaco, einer Rückkehr zum FC Bayern und dem Interesse aus Berlin gab der vom ehemaligen Leverkusener Trainer Roger Schmidt gecoachte Tabellenzweite der niederländischen Liga am späten Dienstag den Coup bekannt und sorgte in den heimischen Medien für mächtig Wirbel. «Ich hatte viele Angebote diesen Sommer, aber ich bin ein Gefühlsmensch und treffe meine eigenen Entscheidungen», wurde der Siegtorschütze des WM-Finales von Rio von seinem neuen Club zitiert.
Das triste Dasein als Edelreservist, das dem 28-Jährigen zuletzt in Dortmund zu schaffen machte, soll ein Ende haben. Sein während der jüngsten Vereinssuche geäusserter Wunsch, einmal die Champions League gewinnen zu wollen, dürfte in Eindhoven jedoch kaum in Erfüllung gehen. Nach Stationen im Rampenlicht der Branchengrössen aus Dortmund und München muss sich Götze in Eindhoven fürs erste mit der Europa League begnügen. Die Unterschrift von Götze schürt beim einstigen Europapokalsieger der Landesmeister (1988) und UEFA-Pokal-Sieger (1978) die Hoffnung auf bessere Zeiten: «Wir sind sehr stolz», sagte PSV-Direktor John de Jong.
Für solch positive Signale ist der zuletzt leidgeprüfte Götze derzeit extrem empfänglich. Nach ersten Profi-Jahren mit steiler Erfolgskurve, zwei Meisterschaften und einem Pokalsieg in Dortmund begann sein Stern mit dem Wechsel 2013 zum FC Bayern zu sinken. Diesen Trend konnte auch der historische WM-Treffer von Rio nicht umkehren. In München wurde Götze zwar dreimal Meister, aber nie wirklich glücklich. Und auch die Rückkehr 2016 nach Dortmund trug nicht zur erhofften Wende bei. Eine Stoffwechselstörung brachte ihn früh aus dem Tritt. Deshalb fehlte er den Dortmundern fast die komplette erste Jahreshälfte 2017.
Zuletzt war für Götze im System von Trainer Lucien Favre kein Platz mehr. Dennoch wurde mit beim BVB lange über eine Verlängerung des bis 2020 datierten Vertrages verhandelt. Weil der einstige Superstar in der Gehaltsliste weiter oben stand, als es seine sportliche Bedeutung für das Team widerspiegelte, verliefen diese Gespräche jedoch erfolglos.
Es passte ins Bild eines um Neuorientierung bemühten Profis, dass er sich zuletzt gleich zweimal einen neuen Berater suchte. Anders als seine einstigen WM-Kollegen André Schürrle und Benedikt Höwedes, die ihre Karrieren überraschend früh beendeten, wagt der Mittelfeldspieler einen Neuanfang. Ein Foto auf der Homepage seines neuen Clubs zeigt ihn in kämpferischer Pose mit geballten Fäusten. Entscheidend für den Erfolg von Götze dürfte sein, wie er sich mit dem von Schmidt favorisierten sehr laufintensiven Fussball arrangiert. «Wir hatten einige nette Gespräche», kommentierte der Edeltechniker.
Obwohl er als vereinsloser Spieler nicht an Transferfristen gebunden war, drängte die Zeit. Denn alle Europapokal-Teilnehmer mussten bis Dienstag noch ihre Spieler-Meldelisten für die Champions League und die Europa League an die UEFA übermitteln. «Mario war sofort interessiert, nachdem unser Cheftrainer Roger Schmidt Kontakt mit ihm aufgenommen hatte. Und am Ende erwies er sich als der Glücksfall, auf den wir gehofft hatten», sagte de Jong.