Ronaldo: Danke Mama, dass du mir diese Frisur verboten hast!
Ronaldo entschuldigt sich 19 Jahre nach der WM 2002 bei allen Müttern für seine Dreiecks-Frisur. Mein Kindheits-Idol fällt mir in den Rücken! Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Ronaldo (44) findet seine Frisur von der WM 2002 in Japan und Korea heute «schrecklich».
- Damit gibt der Brasilianer meiner Mutter recht, die seinetwegen mit mir kämpfen musste.
- Ein Kommentar.
Ronaldo. DER überragende Spieler an der Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea und Japan.
Trikotnummer: neun. Tore: acht. Dribblings: unzählige! Der Brasilianer schiesst sein Land fast im Alleingang zum Titel.
Damit sichert er sich auch den prominentesten Platz an der Posterwand in meinem Zimmer. In Echtgrösse hängt Ronaldo Luís Nazário de Lima (auch seinen richtigen Namen kannte ich damals natürlich auswendig!) gleich neben meinem Bett.
Viele europäische Fussball-Fans regen sich über die speziellen Anspielzeiten auf. Weil die Koreaner und Japaner jeweils sieben Stunden voraus sind, werden die Spiele hier im Zeitfenster von 08.30 Uhr bis 13.30 Uhr angepfiffen.
Ich als 7-jähriger Zweitklässler und Fussball-Junior im Bernbiet verstehe nicht, warum das den Grossen nicht passt. Ist doch perfekt – so darf ich alle Spiele schauen! Ich sprinte nach der Schule nach Hause und bewundere den Zauber-Fussball der Seleção.
Nach dem verspäteten Mittag-Essen wiederhole ich mit meinen Freunden die WM-Begegnungen auf der Quartier-Strasse. Einzig der Streit, wer nun Ronaldo spielen darf, ist etwas nervig. Aber der Fall ist klar – schliesslich war ich der erste, der ein Ronaldo-Shirt hatte!
Ronaldo präsentiert seine Dreiecks-Frisur
Das Turnier nimmt seinen Lauf, Ronaldo trifft und trifft und trifft. Und zeigt sich plötzlich, beim Halbfinal, mit einer anderen Frisur!
Hinten kahl, vorne ein nichtrasiertes Dreieck. Meine Eltern und alle Lehrer finden es hässlich. (Auch Ronaldo sagt heute, 19 Jahre später: «Das war schrecklich!»)
Ich finde aber: Cool!
Da kommt mir in den Sinn, dass meine Haare mittlerweile eigentlich auch zu lang sind. Meine Mutter organisiert mir also einen Termin beim Coiffeur. Jedoch weiss sie noch nichts von meinem Vorhaben.
Als ich auf dem Friseur-Stuhl sitze, zeige ich der Coiffeuse ein Bild von Ronaldo. «So will ich es haben.» Sie lacht. Im Gegensatz zu meiner Mutter.
Statt Ronaldo-Frise gab es einen 3-Millimeter-Bürstenschnitt
«Das kannst du vergessen. Mit diesem Haarschnitt kannst du ja nicht mehr in die Schule gehen!» Doch, genau das will ich ja!
Nach langem Betteln schaffe ich es immerhin, dass sie noch meinen Vater um Rat fragt. Überraschenderweise ist auch er nicht begeistert.
Und obwohl ich die Coiffeuse inzwischen auf meiner Seite habe («Die wachsen ja schnell wieder nach...»), muss ich mich mit einem 3-Millimeter-Bürstenschnitt zufrieden geben.
«Kürzer wird nicht geschnitten!», so das wenig überzeugende Argument meiner Mutter.
Heute sagt meine Mutter zwar: «Eigentlich hätten wir es dir erlauben sollen.»
Ich sage: Danke, dass du mir diese schreckliche Ronaldo-Frisur verboten hast!
Und auch Ronaldo stellt sich 19 Jahre später auf die Seite der Eltern, die seinetwegen mit ihren Kindern kämpfen mussten. «Ich entschuldige mich bei allen Müttern, deren Kinder den gleichen Haarschnitt wie ich wollten.» Der Held meiner Kindheit fällt mir einfach so in den Rücken!