Die Dominanz der europäischen Teams bei der Frauen-WM ist frappierend. Der Kampf um die drei Europa-Tickets für Olympia in Tokio spitzt sich zu.

Das Wichtigste in Kürze

  • Afrika raus, Ozeanien raus, Südamerika raus, Asien raus - die Fussball-Weltmeisterschaft in Frankreich ist zu Europa-Spielen mutiert.
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Deutschlands Fussball-Frauen auch nach dem Spiel gegen Schweden Grund zum Jubel haben. Foto: Sebastian Gollnow
Deutschlands Fussball-Frauen auch nach dem Spiel gegen Schweden Grund zum Jubel haben. Foto: Sebastian Gollnow - dpa-infocom GmbH

Erstmals kommen sieben von acht Viertelfinalisten bei einer Frauen-WM aus dem europäischen Verband UEFA. Allein der Weltranglisten-Erste und Titelverteidiger USA vertritt in der K.o.-Runde den Rest der Frauenfussball-Welt. «Die WM ist zur EM geworden», stellte die deutsche Co-Trainerin Britta Carlson im ARD-«Morgenmagazin» fest.

Am Dienstag verabschiedeten sich in den früheren Frauenfussball-Weltmächten China (0:2 gegen Italien) und Ex-Weltmeister Japan (1:2 gegen die Niederlande) die letzten zwei Asien-Vertreter im Achtelfinale aus dem Turnier. Zuvor waren die Brasilianerinnen mit Superstar Marta am Gastgeber Frankreich (1:2) und Kanada an Schweden (0:1) gescheitert. Auch die afrikanischen Teilnehmer Kamerun (0:3 gegen England) und Nigeria (0:3 gegen Deutschland) sowie Geheimfavorit Australien (1:4 im Elfmeterschiessen gegen Norwegen) sind schon raus.

«Japans Frauenfussball ist stark genug, um auf der Weltbühne mitzuspielen», sagte Nationaltrainerin Asako Takakura frustriert und ein wenig trotzig nach dem unglücklichen Aus der Nadeshiko gegen Europameister Niederlande in Rennes. Aber auch sie räumte ein, dass die besten Clubs der Welt in Übersee beheimatet sind. Das heisst: in den USA und in Europa. «Wir müssen uns weiter verbessern, hart arbeiten und von den europäischen Vereinen lernen», sagte Takakura.

Südafrikas Trainerin Desiree Ellis sieht zwar eine gute Entwicklung des Frauenfussballs in ihrer Heimat, wo im August an ein landesweiter Ligabetrieb startet. Aber Europa sei viele weiter. Daher hat sie auch nichts dagegen, wenn ihre Spielerinnen den Sprung nach Europa schaffen und dort dazulernen. Die Topclubs dort seien viel weiter in ihrer Entwicklung und ihren Strukturen, sagte Ellis. Für das jamaikanische Stürmer-Talent Khadija Shaw hat sich der Traum schon erfüllt. Die 22-Jährige unterschrieb während der WM einen Vertrag beim französischen Erstligisten Girondins Bordeaux.

Die Dominanz der Europäer kommt nicht unerwartet - und schon gar nicht aus heiterem Himmel. Insbesondere weil in England, Frankreich und Spanien, aber auch in den Niederlanden und Italien seit einigen Jahren massiv in den Frauenfussball und die Talentförderung investiert wird. Und es sind längst die an grosse Männer-Vereine wie FC Arsenal, Manchester City, FC Barcelona, Olympique Lyon, Paris Saint-Germain und hierzulande den VfL Wolfsburg und den FC Bayern angeschlossenen Frauen, die international alle Titel wie die Champions League abräumen. Zur neuen Saison sicherte sich Real Madrid die Lizenz von Erstliga-Aufsteiger CD Tacon und steigt ins boomende Geschäft ein.

«Wenn die Königlichen jetzt auch Königinnen präsentieren, was kann es besseres für den Frauenfussball geben», betonte Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt, am Mittwochmorgen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Der Vorreiter und Vordenker in Sachen Frauenfussball-Vermarktung in Deutschland bastelt gerade an einer Zusammenarbeit seines (noch) reinen Frauenfussball-Vereins 1. FFC mit Eintracht Frankfurt. Dietrich prophezeit: «In den nächsten Jahren wird es kein reiner Frauenfussball-Club mehr schaffen, einen Titel zu gewinnen. Es sei denn, ihnen fällt ein Milliardär auf den Tisch.»

In Frankreich führt Europas Dominanz zu einem verschärften Gerangel um die Olympia-Tickets für Tokio. Die UEFA hat bei den Spielen 2020 drei Startplätze, die an die drei besten WM-Teams des Kontinents gehen. In der nächsten K.o.-Runde kommt es gleich zu drei europäischen Duellen. Vor dem Spiel der DFB-Elf gegen Schweden am Samstag (18.30 Uhr) in Rennes treffen am Donnerstag Norwegen und England aufeinander. Die Oranjeleeuwinnen spielen ebenfalls am Samstag gegen Italien. Um sich für Olympia zu qualifizieren, muss man nun ins Halbfinale kommen.

So bewahrheitete sich die Prognose von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg vor dem WM-Start: «Um nach Tokio zu fahren, müssen wir mindestens das Viertelfinale, wahrscheinlich sogar das Halbfinale erreichen.» Sollte Frankreich gegen die USA am Freitag ausscheiden, wären die drei europäischen WM-Halbfinalisten bei Olympia dabei. Setzt sich die Équipe tricolore gegen die Amerikanerinnen durch, würden die Olympia-Tickets an die Sieger der Halbfinals und den Gewinner des Spiels um Platz drei vergeben werden. 2016 hatte Deutschland in Rio die Goldmedaille gewonnen.

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