Fanforscher will mehr Fanarbeiter und weniger Polizei
Fan-Krawalle beschäftigen die Schweizer Behörden seit Jahren. Mehr Repressionen führen jedoch zu keiner Lösung, meint Fanforscher Jonas Gabler.
Das Wichtigste in Kürze
- Fan-Gewalt rund um Fussballspiele sind in der Schweiz keine Seltenheit.
- Deshalb arbeiten die Behörden fast ununterbrochen an neuen Repressionen.
- Fanforscher Jonas Gabler sieht in den aktuellen Massnahmen keine längerfristige Lösung.
Ausschreitungen von Fussballfans sorgen in jeder Saison für Negativ-Schlagzeilen. Seit Jahren versuchen die Behörden daher, das Problem mit neuen Repressionen in den Griff zu kriegen. Die gewünschten Resultate bleiben meistens aus.
Nun machen die neusten Pläne der kantonalen Polizeidirektionen Schlagzeilen. Zukünftig sollen nur noch personalisierte Tickets ausgestellt werden. Die Fanlager in der ganzen Schweiz protestieren gegen diese Pläne.
Auch Fanforscher Jonas Gabler findet die personalisierten Tickets keine gute Idee. Diese würden keine Straftaten verhindern, ist er sich sicher. Vielmehr würden sie den Matchbesuch komplizierter machen und den Aufwand für alle Beteiligten vergrössern.
Aktionismus der Politik
«Der Entscheid riecht darum nach Aktionismus. Die Politik will zeigen: Wir tun etwas. Wir sind handlungsfähig und haben die Situation im Griff», meint Gabler gegenüber dem «Beobachter».
Vielmehr müsse es das Ziel sein, Täter zu identifizieren und zu bestrafen. Nur wenn Taten Konsequenzen hätten, wirke das abschreckend, führt der Fanexperte aus.
Gabler meint weiter: «Delikte im Stadion zu 100 Prozent verhindern wollen, das ist sehr theoretisch. Das gelang nicht einmal in einem autoritären Überwachungsstaat wie der DDR.»
Mit mehr repressiven Massnahmen könne man kaum mehr etwas erreichen. Nun seien andere Wege gefragt, so der Fanforscher. Er schlägt Fan-Sozialarbeit als Lösungsansatz vor. Damit soll gewalttätigem Verhalten entgegengewirkt werden.
Die Klubs setzen bereits auf Fanarbeiter, doch für Gabler dürfte es noch mehr sein: «Warum ist es selbstverständlich, dass an jedem Spiel Polizisten und Sicherheitsleute im Einsatz sind, aber nur zwei bis drei Fan-Sozialarbeiter?» Weiter stellt er sich die Frage, ob die Sozialarbeiter den gleichen Stellenwert und die gleichen Mittel haben sollten.
«Das Wichtigste ist der Dialog»
Für ihn ist aber klar: «Das Wichtigste ist der Dialog.» Daher seien jetzt die Klubs gefordert. Sie sollen die Anliegen der Fans ernst nehmen und die positiven Seiten der Fankultur stärker anerkennen, meint Gabler.