YB erlebt ein Debakel in der Ostschweiz, beim FCB brennt der Baum. Und wie stark ist eigentlich der FC Zürich wirklich? Willkommen beim Fussball-Talk.
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YB erlebt gegen den FC St.Gallen eine Schlappe. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Gleich mit 0:4 verliert Meister YB beim FCSG und belegt mit 0 Punkten den letzten Platz.
  • Der FCB verliert auch sein zweites Spiel, sorgt aber auch neben dem Platz für Unruhe.
  • Der FC Luzern legt in der Offensive nach und holt Donat Rrudhani von YB.
  • Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
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Nau.ch: Starten wir gleich mit dem Paukenschlag: Meister YB geht in St.Gallen mit 0:4 unter. Eure Meinung zum Spiel?

Mischi Wettstein: Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Böhli. Du warst ja in St.Gallen vor Ort und ich wusste nicht, ob du nach dieser Schmach wirklich nach Bern zurückkehrst. Oder dich vor dem Talk drücken wirst…

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Patrick Rahmen erlebt mit YB einen schlechten Saisonstart. - keystone

Christoph Böhlen: Sagen wir es so: Wir sind zügig abgereist. Ich kann mich in jüngerer Vergangenheit an keinen schlechteren Auftritt von YB erinnern. Alle Probleme, die sich schon gegen Sion und Servette angedeutet haben, wurden schonungslos aufgedeckt. Es liegt beim Meister nicht nur an den verletzten Innenverteidigern. Da stimmt ganz vieles nicht, das Kader ist nicht optimal zusammengestellt.

Ein Beispiel: YB spielt mit einem 4-4-2, doch auf den wichtigen Flügelpositionen fehlt es an Qualität: Joel Monteiro steht komplett neben den Schuhen und Darian Males enttäuscht ebenfalls auf der ganzen Linie.

Mischi Wettstein: Geht es bei YB überhaupt noch schlechter als gestern?

Christoph Böhlen: Klar ist: Mit so einer Leistung wird es gegen jeden Gegner richtig schwer. Dass Sportchef Steve von Bergen noch in dieser Woche Transfers ankündigt, ist keine Panikreaktion, sondern unumgänglich. Das YB-Kader braucht eine Blutauffrischung. Nicht nur fussballerisch, sondern vor allem auch in puncto Leadership.

YB-Goalie David von Ballmoos platzt die Hutschnur: Er geht im St.-Gallen-Spiel (0:4) seinem Verteidiger Hadjam an die Gurgel. - SRF

Mischi Wettstein: Mir tut Trainer Patrick Rahmen richtig leid. Er kann nur mit den Spielern arbeiten, die er hat. Und die Suppe, die er auslöffeln muss, ist sehr dünn. Aber es ist ja klar: YB muss und wird nachrüsten!

Christoph Böhlen: Dass die Nerven beim Meister schon früh blank liegen, zeigt die Szene mit David von Ballmoos. Der Captain verliert in der zweiten Halbzeit die Nerven, er schüttelt Teamkollege Hadjam ordentlich durch. Zwar hat Dävu mit seinem Ärger nicht unrecht, aber es macht natürlich keine gute Falle nach aussen. Zumal er in den ersten drei Spielen auch nicht restlos überzeugt hat. Aber durch diese Krise muss YB jetzt durch, das gehört dazu.

Nau.ch: Ihr habt jetzt nur über das schwache YB gesprochen. Aber wie war denn der Auftritt der Gastgeber?

Christoph Böhlen: Der FCSG hat die Schwächen von YB hervorragend ausgenützt. Man merkt, dass ein eingespieltes Team am Werk ist. Das hat sich schon gegen Tobol gezeigt, als das Maassen-Team einen Rückstand noch gedreht hat. Läuft alles normal, setzen sich die Ostschweizer am Donnerstag in Kasachstan locker durch.

FC St.Gallen
Enrico Maassen und der FC St.Gallen gewinnen YB und treffen als Nächstes auf Tobol. - keystone

Nau.ch: Wechseln wir zum nächsten Brandherd in der Super League. Mischi, du hast gestern von den Unruhen am Rheinknie berichtet.

Mischi Wettstein: Der FCB hat sich seinen Baum selber angezündet! Wieso bestraft man einen nächtlichen Ausflug, bei dem mehrere Spieler dabei sind, unterschiedlich? Startelf, Bank und Tribüne? Klar ist Barry ein «Wiederholungstäter», aber eine klare Linie in der Bestrafung ist nicht ersichtlich. Damit kratzen Celestini und die sportliche Führung an ihrer Glaubwürdigkeit. Da helfen jetzt nur Resultate, um aus dem «Seich» zu kommen.

Christoph Böhlen: Mal losgelöst von den Disziplinproblemen: So schlecht war der Auftritt gegen Lugano ja nicht?

Fabio Celestini über die Bestrafung von Barry und Kololli. - Nau.ch

Mischi Wettstein: Die zweite Halbzeit war jetzt kein Graus, es waren Ansätze erkennbar. Die eingesetzten Spieler haben aus meiner Sicht alles gegeben. Aber wie die FCB-Defensive beim 1:2 steht, wirft schon Fragen auf.

Aber: Der FCB hat gegen eine der besten Mannschaften der Schweiz verloren – und nicht gegen Gelterkinden. Gegen Lugano darf man auch mal einen Nuller einziehen, das Croci-Torti-Team zählt zu den besten in der Schweiz.

Ich glaube, dass der FCB jetzt dann punktet: Es warten GC und Servette auswärts. Das sind zwar schwierige Affichen, aber sie bieten immer auch die Chance, zu überraschen.

GC-Trainer Marco Schällibaum im Interview mit Nau.ch. - Nau.ch

Nau.ch: Apropos GC, die Hoppers schrammen beim 2:2 gegen Luzern knapp am ersten Sieg vorbei.

Mischi Wettstein: Es war ein Spiel mit Auf und Abs, das GC eigentlich heimschaukeln müsste. Luzern hat nach der Pause bis zur 85. Minute nicht mehr mitgemacht. Die Hoppers müssen sich an der eigenen Nase nehmen, haben sie den Dreier nicht ins Trockene gebracht.

GC-Stürmer Muci hat mit seinem Tor auf sich aufmerksam gemacht und gezeigt, dass er dem Team helfen kann. Aber auch FCL-Neuzugang Karweina hat, wie schon gegen Servette, starke Ansätze gezeigt. Falls ihm der Knoten platzt, wird er den Luzernern Freude bereiten.

Der Stürmer wird zudem bald Unterstützung in der Offensive erhalten, sobald die Tinte unter dem Wechsel trocken ist: Der FC Luzern holt nämlich Donat Rrudhani von YB.

YB
Donat Rrudhani verlässt YB in Richtung Luzern. - keystone

Nau.ch: Bleiben wir gleich in Zürich: Der FCZ gewinnt das Kantonsderby gegen Winterthur mit 4:2.

Christoph Böhlen: Es scheint, als würden die Neuzugänge von Sportchef Milos Malenovic schon gut einschlagen. Vor allem Stürmer Perea gefällt mir. Ist der FCZ schon ein Titelkandidat, Mischi?

Mischi Wettstein: Ich wusste, dass jetzt noch so eine «Löli-Frage» kommt, damit du vom YB-Debakel ablenken kannst… Was der FCZ wirklich leisten kann, beurteile ich erstmals nach dem Spiel gegen YB am nächsten Sonntag. Holt man dort auch einen Dreier, dann ja: Zusammen mit Servette und Lugano kann der FCZ ein Meisterkandidat sein.

Christoph Böhlen: Beim 4:2 kam Winterthur zweimal zum Ausgleich durch Neo-Torschützenleader Di Giusto. War ein Punktgewinn für Winti möglich?

FC Zürich
Der FC Zürich feiert den zweiten Saisonsieg. - keystone

Mischi Wettstein: Einen Punktgewinn für Winterthur hatte ich höchstens in der Schlussphase, mit ganz viel Fantasie, für möglich gehalten. Da sündigte der FCZ im Abschluss böse, das hat sich schon oft gerächt. Aber der FCZ-Sieg im Kantonsderby ist diskussionslos. Trotzdem breche ich noch nicht in eine FCZ-Euphorie aus.

Bei den Zürchern ist die Ausrichtung sehr offensiv ausgelegt, das gibt für den Gegner die Möglichkeit, in offene Räume reinzustechen. Darum bin ich auf den kommenden Sonntag gegen YB gespannt.

Dazwischen trifft das Moniz-Team im Quali-Rückspiel noch auf Shelbourne. Aber das Spiel in Dublin dürfte kein Problem darstellen.

Christoph Böhlen: Auch Lugano wird international im Einsatz stehen: Die Tessiner treffen im Rückspiel auf Fenerbahce und José Mourinho. Das 3:4 im Hinspiel in Thun war ein ziemliches Spektakel, in Hexenkessel von Istanbul dürfte es schwierig werden, das Spiel zu drehen.

Mischi Wettstein: Ich möchte noch kurz in die Westschweiz blicken: Servette führt die Tabelle unter Neo-Trainer Thomas Häberli mit neun Punkten aus drei Spielen an. Die Genfer haben eine gute Mannschaft, das ist aber nichts Neues. Mit den Grenats ist zu rechnen, sie haben jetzt schon fast doppelt so viele Punkte wie vor einem Jahr zum gleichen Zeitpunkt.

Und beim FC Sion hätten wohl wenige auf sechs Punkte aus zwei Spielen getippt. Der Aufsteiger ist sehr stabil und frisch unterwegs.

Mischi Wettstein
Mischi Wettstein ist Fussball-Chefreporter bei Nau.ch. - Nau.ch

Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?

Mischi Wettstein: Ich gratuliere Thun nach zwei Runden zum Aufstieg in die Super League. Für mich ist klar: Sie laufen durch, können sich im Normalfall nur selber schlagen, wenn sie von der Verletzungshexe verschont bleiben.

Sie haben eine eingespielte Achse und die Neuzugänge bereits gut integriert. Zudem hat der Club die Lehren aus der verlorenen Barrage gezogen. Die Berner Oberländer steigen auf.

Christoph Böhlen: Nach der Startpleite gegen Thun holt der FC Aarau gegen den FC Wil den ersten Punkt – trotz Rückstand. Ein gewonnener Punkt?

Mischi Wettstein: Ich denke schon, man hat einen Punkt in Unterzahl geholt nach 0:2. Aber ein Punkt nach zwei Spielen – tja…

Christoph Böhlen
Christoph Böhlen ist Sportchef bei Nau.ch. - Nau.ch
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