Fussball-Talk: Bringt FCZ-Moniz das Cup-Derby zum Kochen?
Das erste von zwei Zürcher Derbys findet keinen Sieger. Der FCB muss einen Dämpfer hinnehmen. Und YB arbeitet sich nach oben. Willkommen beim Fussball-Talk.
Das Wichtigste in Kürze
- Der FCB muss sich zuhause gegen Lausanne mit einem 1:1 begnügen, jetzt wartet Sion im Cup.
- Nach dem 1:1 im Zürcher Derby vom Samstag kommt es am Dienstag zum Cup-Duell.
- YB ist mittlerweile fünf Ligaspiele unbesiegt und macht in der Tabelle Boden gut.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Starten wir mit dem Samstag: Das Zürcher Derby endet 1:1. Mischi, du sprichst im Anschluss von einem Grusel-Kick?
Mischi Wettstein: Für mich war es das schlechteste Derby, das ich je gesehen habe. Die Stimmung in der ersten Halbzeit war wie auf einem Friedhof und erinnerte an die Pandemie. Man hörte alles, weil sich die Südkurve mit den GC-Fans solidarisierte. Von denen wurden einige von der Polizei eingekesselt. Die kamen dann zu spät – oder gar nicht – ins Stadion.
Christoph Böhlen: Aus neutraler Sicht darf man sich schon fragen, ob dieses Vorgehen der Polizei clever war… Schliesslich steht ja schon morgen das nächste Derby vor der Tür. Aber zurück zum Spiel: Wie siehst du die sportliche Seite?
Mischi Wettstein: GC verpennt den Start, der FCZ nutzt das nach 37 Sekunden aus. Dann gleichen die Hoppers verdient aus – und noch vor der Pause sieht FCZ-Emmanuel die Gelb-Rote Karte.
Über diese kann man sicher diskutieren. Und sich fragen, warum nicht auch andere Spieler vom Platz flogen. FCZ-Spieler Bledian Krasniqi sagt im Nau-Interview, dass auch zwei GC-Spieler (darunter Captain Abrashi) hätten vom Platz gestellt werden können.
Christoph Böhlen: Wenn sich der FCZ jetzt ärgert, dass GC-Verteidiger Seko den Kontakt vor dem Platzverweis dankend annimmt und sich hinlegt: Ich erinnere gerne an die Schuhwurf-Szene von YB-Monteiro Anfang November. FCZ-Verteidiger Mirlind Kryeziu wird dabei kaum berührt und geht trotzdem zu Boden. Es ist unschön, gehört aber dazu. Da muss man sich nicht päpstlicher als der Papst aufführen…
Nau.ch: Trotzdem war FCZ-Trainer Ricardo Moniz nach dem Derby zunächst sauer auf den Schiri – und dann auf dich, Mischi! Warum wurde er wegen deiner Fragen gleich so hässig?
Mischi Wettstein: Ich bin doch gerne der Blitzableiter, wenn es ihm gutgetan hat. Wenn danach sogar noch der GC-Trainer Oral fragt, ob er einen Beruhigungstee brauche, ist doch alles gesagt. Die Sache können wir auf sich beruhen lassen. Wenn er mich nicht mag, ist das halb so wild.
Ich hatte nie Probleme mit Ricardo Moniz, für mich bleibt er ein interessanter Zeitgenosse, der Klartext spricht. Emotionen gehören zum Fussball. Und bringen die Spieler seine Emotionen auf den Platz, hat der FCZ gute Aussichten, das Cup-Derby für sich zu entscheiden.
Christoph Böhlen: Ich finde: Wer Respekt einfordert, muss auch Respekt entgegenbringen. Du hast einfach Klartext gesprochen und deine Meinung zum Spiel gesagt. Das gehört doch dazu. Dass es gut ist, mit einem Mann weniger einen Punkt zu holen, zweifelt ja niemand an. Trotzdem darf man von einem Grusel-Kick sprechen.
Mischi Wettstein: Das Positive an diesem Spiel: Anhand der Ereignisse wird sich die fade, trostlose Partie morgen im Cup sicher nicht wiederholen. In diesem Zürcher Derby wird es brennen – schliesslich geht es im Cup um «Sein oder Nichtsein»!
Nau.ch: Wechseln wir den Schauplatz: Der FCB bleibt Leader, muss sich aber gegen Lausanne mit einem 1:1 begnügen.
Mischi Wettstein: Ganz überrascht bin ich nicht. Das Remis drückt natürlich auf die zuletzt entstandene FCB-Euphorie. Das ist vielleicht aber gar nicht so schlecht für das Team. Ich erwarte jetzt aber aus den nächsten Spielen gegen den FCSG (a) und GC (h) sechs Punkte.
Christoph Böhlen: Ich habe schon letzte Woche gesagt, dass der FCB (noch) nicht so stark ist, wie man nach der Shaq-Show gegen Servette gemeint hat. Aber was oftmals etwas untergeht: Lausanne hat ein starkes Team zusammen, Ludovic Magnin macht dort einen guten Job! Gegen die Waadtländer Punkte liegenzulassen, ist keine Schande.
Nau.ch: Jetzt wartet im Cup das Spiel gegen Sion auf den FCB. Hat das Duell Überraschungs-Potential?
Mischi Wettstein: Vielleicht aus Berner Sicht… Für mich ist klar, dass sich der FCB zuhause durchsetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bebbi ausscheiden.
Christoph Böhlen: Sion steht defensiv gut und ist traditionell ein Cup-Team. An den Wallisern werden sich Shaqiri und Co. die Zähne ausbeissen. Ich sage: Sion gelingt der Cup-Coup!
Nau.ch: Im dritten Samstagsspiel holt der FCL einen Auswärtssieg beim heimstarken Yverdon!
Mischi Wettstein: Schaut auf die Tabelle: Der FCL beisst sich oben fest! Und in Yverdon haben viele Teams schon Punkte liegen lassen, der Sieg ist aller Ehren wert!
Nau.ch: Wechseln wir zum Sonntag: YB holt sich unter Joël Magnin den vierten Liga-Heimsieg in Serie.
Mischi Wettstein: Böhli, erzähl du, du warst im Stadion.
Christoph Böhlen: Die erste Halbzeit war sicher eine der besten in dieser Saison. Der FCSG sah lange kaum einen Ball, der 0:2-Rückstand zur Pause war – trotz der Slapstick-Treffer – eher schmeichelhaft. Nach der Pause hat es das Magnin-Team nicht clever gemacht, besonders nicht mit einem Mann mehr auf dem Platz.
Trotzdem hatte man im Stadion nie den Eindruck, dass YB dieses Spiel nicht gewinnen könnte. Bei den Bernern kommen einige Spieler wie Lakomy, Itten oder Virginius langsam richtig gut in Form – und Loris Benito macht das Team halt einfach eine Klasse stärker.
Nau.ch: Weil jeder jedem Punkte abnimmt, beträgt der YB-Rückstand auf die Spitze «nur» neun Punkte – und es ist erst knapp Quali-Halbzeit. Was liegt noch drin?
Mischi Wettstein: Das ist das, was mich am meisten schockiert: Lugano und Servette konnten den miserablen YB-Start nicht ausnutzen. Die beiden Teams müssten doch beide viel mehr Punkte auf dem Konto haben. Aber keiner nutzt die Gunst der Stunde.
Christoph Böhlen: Das heisst doch einfach, dass das Niveau in der Super League ausgeglichen ist? Unsere Liga ist besser, als viele meinen. Das sorgt aktuell für eine Spannung, die man lange nicht mehr erlebt hat.
Den Titel habe ich für YB zwar schon mehrfach abgeschrieben – aber was ist, wenn YB bis Weihnachten noch sechs Punkte holt und im neuen Jahr (und einigen Mutationen im Kader) richtig heissläuft?
Nau.ch: Noch ein Wort zum FCSG, der im Wankdorf lange erschreckend harmlos auftrat. Was ist mit den Espen los?
Mischi Wettstein: Am nächsten Sonntag wäre es an der Zeit, zuhause gegen den FCB zu punkten. Aber so sicher ist das nicht: Die einst heimstarken Ostschweizer haben zuletzt wettbewerbsübergreifend sechs Heimspiele nicht gewonnen. Und das gegen Teams wie Winterthur, Sion oder Yverdon.
Aber Vorsicht: Die Basler werden nach ihrem Punktverlust geladen in die Ostschweiz reisen.
Christoph Böhlen: Goalie Lawrence Ati Zigi ist überdurchschnittlich gut, er hat gegen YB eine deutlich höhere Niederlage verhindert. Doch ansonsten sehe ich nicht so viel Qualität, wie man Anfang Saison annahm!
Den Abgang von Isaac Schmidt konnten die Espen nicht kompensieren, zudem fehlten Quintilla und Geubbels. Wenn dann auch Leitwolf Lukas Görtler einen schwachen Tag einzieht, wird es schwierig. Ich sehe den FCSG in dieser Form nicht in den Top 6!
Nau.ch: Bleiben noch die Spiele Servette-Lugano (3:0) und Winterthur-Sion (1:3)!
Mischi Wettstein: Das Ergebnis im Spitzenspiel hat mich überrascht. Lugano hat offenbar Mühe mit der Doppelbelastung. Dass Servette hingegen ein starkes Team hat, das um die Meisterschaft mitspielen muss – und das ohne zusätzliche Wettbewerbe – ist hingegen ein Fakt.
Zu Winterthur: Wenn du gegen die direkten Konkurrenten zuhause nicht punktest – gegen wen dann? Da muss man sich beim FCW überlegen, ob man auf dem richtigen Weg ist…
Christoph Böhlen: Winti hat mit 12:35 die Torbilanz eines Absteigers. Sie werden zusammen mit GC, Yverdon und Sion die letzten vier Plätze ausmachen. Und da hat der FCW derzeit die schlechtesten Karten.
Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?
Super League (02.12.2024) | Sp | S | N | U | Tore | Pkt | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | 16 | 9 | 5 | 2 | 39:17 | 29 | ||
2. | 16 | 8 | 4 | 4 | 25:19 | 28 | ||
3. | 16 | 8 | 4 | 4 | 27:24 | 28 | ||
4. | 16 | 7 | 3 | 6 | 24:20 | 27 | ||
5. | 16 | 7 | 4 | 5 | 28:23 | 26 | ||
6. | 16 | 7 | 6 | 3 | 24:21 | 24 | ||
7. | 16 | 5 | 5 | 6 | 26:22 | 21 | ||
8. | 16 | 5 | 6 | 5 | 21:20 | 20 | ||
9. | 16 | 5 | 6 | 5 | 22:25 | 20 | ||
10. | 16 | 4 | 8 | 4 | 15:26 | 16 | ||
11. | 16 | 3 | 10 | 3 | 12:35 | 12 | ||
12. | 16 | 2 | 9 | 5 | 15:26 | 11 |
Super League (02.12.2024) | Sp | Pkt | ||
---|---|---|---|---|
1. | 16 | 29 | ||
2. | 16 | 28 | ||
3. | 16 | 28 | ||
4. | 16 | 27 | ||
5. | 16 | 26 | ||
6. | 16 | 24 | ||
7. | 16 | 21 | ||
8. | 16 | 20 | ||
9. | 16 | 20 | ||
10. | 16 | 16 | ||
11. | 16 | 12 | ||
12. | 16 | 11 |
Christoph Böhlen: Der FC Thun erarbeitet sich zuhause ein 1:1 gegen Aarau, obwohl die Aargauer die besseren Chancen aufweisen. Mit fünf Punkten Vorsprung sieht es für das Lustrinelli-Team nach wie vor gut aus im Hinblick auf einen möglichen Aufstieg. Und der FC Aarau ist mittlerweile mitten im Rennen um den Barrage-Platz angekommen.