Fussball-Talk: FCB-Vogels Flügel gestutzt! Wo endet FCZ-Höhenflug?
Auch ohne den entlassenen Timo Schultz läuft es beim FCB nicht besser. Auf YB wartet eine spannende Woche und beim FCZ läufts. Willkommen beim Fussball-Talk!
Das Wichtigste in Kürze
- Der FCB schlittert nach dem 0:3 zuhause gegen Ouchy immer tiefer in die Krise.
- Der FCZ steht an der Tabellenspitze und ist für FCL-Coach Frick ein Meisterkandidat.
- Auf Meister YB warten in dieser Woche Belgrad auswärts und das Heimspiel gegen den FCB.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Nach dem 1:1 gegen Luzern entlässt der FCB Trainer Timo Schultz, dafür kassiert man gestern ein 0:3 gegen Ouchy. Ist der FC Basel am Tiefpunkt angekommen?
Mischi Wettstein: Für mich hat sich der FCB beim Zeitpunkt der Trainerentlassung verkalkuliert. Man hat sicher damit gerechnet, dass «Wieder-Trainer» Heiko Vogel gegen Ouchy mit einem Sieg loslegen kann. Aber sind wir ehrlich: Ein 0:3 hätte auch Timo Schultz hingekriegt! Somit hat sich Vogel eigentlich gleich selber die Flügel gestutzt!
Christoph Böhlen: Ich habe schon vor einer Woche gesagt, dass das Problem nicht nur am Trainer liegt. Man hat Schultz sehr spät ein Team zusammengestellt und ihm dann kaum Zeit gegeben. Zudem: Wer sagt denn, dass eine Ansammlung von sehr talentierten Einzelspielern auch eine gute Mannschaft ergibt?
Ich habe gestern kaum einen Spieler gesehen, der sich gegen die Pleite gestemmt hat. Der hochgelobte Renato Veiga war kaum zu sehen, das 19-jährige «Wunderkind» Juan Carlos Gauto muss sogar in der Pause raus. Allein für ihn haben die Bebbi fast vier Millionen bezahlt! In der Defensive ist der FCB zudem anfällig wie eh und je. Ich bin nicht sicher, ob Trainer Vogel aus der Mannschaft von Sportchef Vogel wirklich mehr herausholen wird.
Nau.ch: Vor der Nati-Pause wartet jetzt noch das Spiel in Bern auf die Bebbi. Dort hat man zuletzt im Mai 2016 gewonnen. Wartet der nächste Tiefschlag auf Rotblau?
Mischi Wettstein: Die Hoffnung für Basel: Viel schlechter kann es jetzt nicht mehr werden. Zudem hängt vieles von der YB-Verfassung nach der Belgrad-Reise ab. Und ob die Berner für einmal wirklich die Gunst der Stunde nutzen werden, um zu zeigen, wer Sheriff im Land ist.
Christoph Böhlen: Auf dem Papier wird das Spiel am Sonntag sehr einseitig. Aber vorsichtig: Wenn man es am wenigsten erwartet, wird man oft am meisten überrascht. Zu verlieren haben die Basler nichts. Und von YB erwarten alle einen klaren, deutlichen Sieg.
Nau.ch: Bleiben wir gleich bei den Bernern: Nach einer Niederlage in St.Gallen gewinnt YB dank Ittens Traumtor bei GC. Jetzt wartet die harte Prüfung gegen Roter Stern. Ist der Meister bereit?
Mischi Wettstein: Das 1:2 am Mittwoch war einfach ein schwaches Spiel, das kann passieren. Am Samstag hat man sich drei Punkte geholt. Für die Art und Weise muss man sich auf diesem Acker nicht schämen, da bin ich ganz bei Trainer Wicky. Dass sie besser kicken können, wissen alle.
Ein Vergleich zum nächsten Spiel ist unnötig: Belgrad in der Champions League ist eine ganz andere Affiche. Eine Prognose ist aber schwierig, das Gros von uns kennt die Serben schlicht zu wenig, um eine Prognose zu machen. Oder was meinst du?
Christoph Böhlen: Bei einigen YB-Fans wächst offenbar die Unzufriedenheit, weil die Spiele teilweise zu wenig Unterhaltung bieten. Das erinnert an die Zeit, in der Urs Fischer beim FCB trotz Meistertitel gehen musste. Gewinnen allein scheint nicht allen zu genügen.
Trotzdem muss YB in Belgrad natürlich mindestens eine Schippe drauflegen, will man europäisch überwintern. 2019 ist man im Playoff an den Serben mit zwei Unentschieden gescheitert. Jetzt ist die Zeit reif für einen Sieg – aber es wird bestimmt kein Spaziergang.
Nau.ch: Weil die Berner ein Spiel weniger haben, führt derzeit der FCZ die Tabelle an. Die Zürcher sind immer noch unbesiegt – und für FCL-Trainer Frick gar ein Meisterkandidat. Wie seht ihr das?
Mischi Wettstein: Mario Frick muss den FCZ nicht in eine Rolle drängen, nur weil sein FCL gerade gegen die Zürcher verloren hat. Das ist mir dann doch etwas zu fest ein Ablenken von den eigenen Themen. Die Meisterrolle dem FCZ zuzuschieben, ist nach nur neun Runden übertrieben.
Aber ein genauer Blick auf die Tabelle erklärt die aktuelle Stärke: Nur 7 Gegentore sind bemerkenswert und der Grundstein für den starken Start. Und mit 19 erzielten Treffern hält der FCZ auch in diesem Wert die Bestmarke. Zudem ist das Team von Bo Henriksen seit neun Spielen ohne Niederlage. Dieser Saisonstart bedeutet Vereinsrekord!
Für mich ist es kein Zufall, wenn man einen Blick auf den FCZ-Kader wirft: Bis auf Neuzugang Fabio Daprelà spielt die gleiche Truppe wie in der Vorsaison. Fabio hat die Abwehr nochmals stabilisiert, ansonsten ist der FCZ ein gutes Beispiel dafür, dass sich Kontinuität auszahlen kann.
Christoph Böhlen: Einen krassen Gegensatz zum FCZ-Erfolg findet man im gleichen Stadion: GC wartet seit dem 3:1 gegen den FCB Anfang August auf einen Liga-Sieg. Die Hoppers sind unter Bruno Berner mit einer katastrophalen Bilanz gestartet. Gegen YB waren die Hoppers zwar engagiert, aber es fehlt eigentlich in jeder Linie an Qualität.
Mischi Wettstein: Ich wiederhole mich gerne: GC ist derzeit ein Puzzle, bei dem die Teile (noch) nicht alle zusammenpassen. Und wenn es so weiter geht, muss man sich über die Kader-Qualität bei GC ernste Gedanken machen. Oder sich die Frage stellen, ob Trainer Bruno Berner überhaupt das richtige Rezept findet, damit es besser wird. Am Samstag gibt es in Yverdon die nächste Chance!
Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?
Mischi Wettstein: Klammheimlich hat sich der FC Aarau mit zwei Siegen stabilisiert. Dank der Resultate der Mitstreiter sieht der Abstand zur Spitze in der Challenge League nicht mehr so dramatisch aus. Aber es ist noch lange kein Grund, sofort in eine Euphorie zu verfallen.
Und: Nach den Siegen über den FCB und jetzt auch den FCSG winde ich Marco Schällibaum das «Kränzchen der Woche»! Yverdon steht nach neun Spielen auf Platz sechs, damit haben wohl die wenigsten gerechnet. Und das, obwohl die Waadtländer eine hohe Fluktuation hatten und 17 neue Spieler integrieren mussten.
Christoph Böhlen: Bei anderen Vereinen in der Schweiz wird die hohe Fluktuation ja als Grund für einen schwachen Saisonstart angesehen… Eine lustige Bemerkung zu diesem Thema liefert übrigens Yverdon-Keeper Sebastian Breza: Der Keeper sagt, dass der Neuenburger-See bei der Integration der Spieler eine Hilfe sei. Vielleicht bräuchte der FC Basel also einen See, statt des Rheins!