Fussball-Talk: «Kann Heiko Vogel den FCB-Absturz noch stoppen?»
Das Wichtigste in Kürze
- YB muss sich kurz vor dem CL-Kracher gegen ManCity mit einem 0:0 gegen den FCZ begnügen.
- Der FC Basel verliert zuhause gegen Servette mit 0:1 und traf unter Vogel noch nie.
- Auf GC wartet nach zwei Siegen der Gang zum heimstarken FC St.Gallen.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Auch die zwei Wochen Nati-Pause bringen keine Besserung: Der FC Basel taucht zuhause gegen Servette – ist der FCB ein hoffnungsloser Patient?
Mischi Wettstein: Sicher nicht! Hoffnungslos ist man erst, wenn man tot ist – und die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt. Dem Patienten FCB hilft aber jetzt nur eins: Erfolgs-Erlebnisse und Punkte. Dafür muss man Gras fressen und mit anderen Tugenden arbeiten, als es nur mit spielerischen Elementen zu versuchen. Es ist nicht die Zeit, einen Schönheits-Preis zu gewinnen, sondern höchste Zeit für Punkte.
Nau.ch: Was ist in den nächsten Wochen zu erwarten?
Mischi Wettstein: Wenn ich die nächsten drei Partien bis zur nächsten Nati-Pause anschaue: Gegen Lausanne, Yverdon und Servette müssen mindestens sieben Punkte her. Das wäre ein Lebenszeichen und man würde Hoffnung schöpfen, dass man mit Heiko Vogel noch mindestens in die Winterpause fliegen kann. Dann kann man die nächste Analyse machen.
Kommen diese Punkte in den nächsten drei Spielen aber nicht, muss man sicher über die Bücher. Vogels Bilanz mit 0 Punkten und 0 Toren aus drei Spielen ist schlicht niederschmetternd und eine grosse Enttäuschung für jeden Bebbi-Fan.
Christoph Böhlen: An der Stelle von David Degen würde ich mir schon jetzt überlegen, ob ich nicht den Notfallschirm ziehen soll. Bis auf die Conference-League-Kampagne und die Unterstützung von Xhaka und Frei spricht eigentlich nichts für Trainer Vogel! Die Rückrunde in der Liga war bereits durchzogen, von den Transfers von Sportchef Vogel hat keiner eingeschlagen und die letzten Spiele waren allesamt schlecht. In Basel wurden schon Trainer mit besseren Bilanzen vom Hof gejagt!
Nau.ch: In Basel heisst es, man brauche Zeit. Aber wie ist es zu erklären, dass trotz zwei Wochen Nati-Pause kaum Fortschritte sieht?
Mischi Wettstein: Es ist fragwürdig, wieso man gegen Servette die Anfangsformation mit 4-1-4-1 wählt und während dem Spiel das System nochmals umstellt. Die Mannschaft ist schon genug verunsichert, da bringen solche Aktionen nichts, wie das Resultat belegt. Heiko hat sein Schicksal selbst in der Hand und muss jetzt beweisen, dass er noch den richtigen Schlüssel zum Erfolg hat. Sonst muss Club-Boss Degen handeln.
Nau.ch: YB und der FCZ trennen sich im Spitzenkampf 0:0. Hat die Affiche gehalten, was sie versprochen hat?
Mischi Wettstein: Spitze waren nur die Fans im ausverkauften Wankdorf. Beide Teams haben nur je eine Halbzeit das Niveau für einen Spitzenkampf erreicht. Der FCZ war in der ersten Halbzeit klar besser, YB in der zweiten. Aber das Gezeigte hat mich nicht vom Sitz gehauen.
Christoph Böhlen: Ich gebe zu: Ich war felsenfest von einem YB-Sieg überzeugt. Dass der FCZ mit einem Punkt abreist, zeigt, dass die bisherige Saison eben kein Zufall ist. Die Zürcher sind eine stabile und eingespielte Mannschaft. Bei YB fehlte mir vor dem Tor die sonst typische Kaltschnäuzigkeit.
Und: Ein weiteres Mal kommt in Bern eine Diskussion über Trainer Raphael Wicky und den Fussball unter ihm auf. Vielen ist dieser offenbar nicht attraktiv genug, es wird zu häufig mit langen Bällen operiert. Vielleicht fehlt in diesem Herbst auch ein wenig der Fokus, wegen der Champions League?
Mischi Wettstein: An das Bekenntnis, dass man im Kopf noch nicht beim Spiel des Jahres gewesen sei, glaube ich nicht. Am Mittwoch kommt mit ManCity die beste Mannschaft der Welt nach Bern. Unterbewusst kann man da schon mal in einer Aktion zurückziehen, weil man das Spiel nicht verpassen will. Es ist vielleicht das geilste Spiel in der Karriere der YB-Profis. Ein starker Auftritt im CL-Schaufenster kann einem Spieler über Nacht neue Türen öffnen.
Nau.ch: Was traut ihr YB gegen Manchester City denn überhaupt zu?
Christoph Böhlen: Zuhause hat YB noch jedem Gegner Paroli geboten. Ich gehe davon aus, dass die Engländer vor dem Derby gegen ManUtd am Sonntag nicht alles reinhauen. Zudem braucht es auf dem ungewohnten Kunstrasen immer ein wenig Anpassungszeit. Wenn alles passt, liegt für die Berner am Mittwoch ein Punkt drin.
Mischi Wettstein: YB kann gegen ManCity nur überraschen. Die Rollen sind klar verteilt, das Wicky-Team hat null Druck und gar nichts zu verlieren. Die Spieler sollen Freude haben und zeigen, dass sie auch gut kicken können.
Wie endet das Spiel zwischen YB und Manchester City?
Nau.ch: Schauen wir noch rasch bei den Hoppers vorbei: GC gewinnt zum zweiten Mal in Serie, setzt sich gegen Lugano durch. Ist der Bann mit zwei Siegen in Serie gebrochen?
Mischi Wettstein: Die Hoppers wissen wohl bis heute nicht, wie sie gegen die Tessiner zu diesen drei Punkten gekommen sind, Lugano war bis zur GC-Führung in allen Belangen überlegen. Spannend wird es jetzt in der nächsten Runde: Nach zwei Siegen in Folge wartet der Gang nach St.Gallen. Die Ostschweizer sind zuhause eine Macht und müssen nach der Niederlage in Winterthur wieder reagieren.
Christoph Böhlen: Die Ostschweizer sind mir wirklich ein Rätsel. Die Diskrepanz zwischen Heim- uns Auswärtsspielen ist unglaublich. Auf fremden Plätzen scheint der Fussball von Trainer Zeidler einfach nicht zu funktionieren. Der letzte Auswärtssieg datiert vom Februar… Wäre der FCSG in der Fremde etwas stabiler, könnte man durchaus ein Wörtchen um den Titel mitreden.
Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?
Mischi Wettstein: Es ist wirklich eindrücklich, wie sich der FC Thun in der Challenge League oben festnagelt. Auswärts in Wil musst du zuerst mal 3:0 gewinnen. Es kristallisiert sich schon heraus, dass die Berner Oberländer zusammen mit dem FC Sion den ersten Platz unter sich ausmachen.
Nach dem Unentschieden im Ländle kann der FC Aarau schon mit der Planung für die nächste Saison beginnen. Und bereits im Winter die ersten Weichen für die kommende Spielzeit stellen. In dieser Saison wird das nichts mehr, wenn kein Wunder passiert.
Christoph Böhlen: Ich möchte Patrick Rahmen und dem FC Winterthur ein grosses Lob aussprechen. Das letztjährige Kellerkind spielt bisher eine starke Saison und ist in meinen Augen ein ernsthafter Kandidat für die Top-6. Rahmen lässt mit einem gut zusammengestellten und optimierten Team einen attraktiven Fussball spielen. Das gefällt mir!
Und meine Szene des Wochenendes hat sich im Joggeli abgespielt: Die Kamera hat Degen-Vorgänger Bernhard Burgener beim Durchstöbern seines Portemonnaies gezeigt. Das hat nicht nur im FCB-Umfeld für einige Schmunzler gesorgt.