Fussball-Talk: Woche der Wahrheit für YB, in Kürze Klarheit zu Yakin
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einem 3:1 über YB klettert der FCZ auf den Leaderthron der Super League.
- Auf die Berner warten die wichtigen Spiele gegen Belgrad und Servette.
- Der FC Basel wird unter Fabio Celestini immer mehr zu einer Mannschaft.
- Was bringt die Nati-Analyse vor der Gruppenauslosung zu Tage?
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Seit Samstag heisst der Super-League-Leader FCZ! Die Zürcher entthronen Meister YB – eure Meinung zum Spiel?
Mischi Wettstein: Von YB bin ich negativ überrascht! Ich hätte nicht erwartet, dass sie schon im November den Samichlaus spielen und fleissig Geschenke verteilen. Aber auch der Meister darf einen schwachen Tag einziehen.
Und mit dem CL-Kracher vom Dienstag gegen Belgrad im Hinterkopf kann man auch sagen: Eine verpatzte Hauptprobe sorgt oft für eine gelungene Premiere.
Christoph Böhlen: Einige Spieler haben einen ganz üblen Tag eingezogen. Anthony Racioppi und Ali Camara haben in einem Spiel mehr Fehler angesammelt, als in der ganzen Saison bisher.
Was mir aufgefallen ist: Im Zentrum war YB physisch unterlegen, dabei war das in den letzten Jahren stets die grosse Stärke der Berner. Aber bis auf Filip Ugrinic konnte im Mittelfeld keiner überzeugen, auch nicht Neuzugang Darian Males. Der FCZ hat verdient gewonnen, auch ohne zu glänzen.
Mischi Wettstein: Der Pluspunkt beim FCZ ist die Kompaktheit. Sie sind als Kollektiv sehr diszipliniert aufgetreten. Das Spiel zeigt: An einem schwachen Tag ist YB schlagbar. Vorerst wird es keinen Alleingang der Berner geben. Denn dann lauern der FCZ und auch das starke Servette – mit mittlerweile sieben Siegen in Serie!
Nau.ch: Mischi, Du hast es bereits angetönt: Auf YB wartet morgen der vorgezogene Gruppenfinal in der Champions League. Eure Prognose?
Mischi Wettstein: Ich masse mir nicht an, die Stärke von Belgrad bewerten zu können. Deshalb greife ich zu einer Floskel: YB muss im Vergleich zum Samstag zwei Schippen drauflegen. Das traue ich ihnen aber auch zu. Aber so lausige Fehler, wie gegen den FCZ, darf sich der Meister gegen die Serben nicht erlauben.
Wer gewinnt das Champions-League-Spiel in Bern?
Christoph Böhlen: Bis jetzt hat YB noch vor keinem CL-Spiel eine überzeugende Leistung abgerufen. Darum ist das FCZ-Spiel für mich kein Massstab. YB wird vor den eigenen Fans und im eigenen Stadion eine ganz andere Energie auf den Platz bringen, als am Samstag im Letzigrund.
Das Einzige, das mir etwas Sorgen macht: Mit Cédric Itten fehlt der wichtigste Mittelstürmer für die internationalen Spiele. Auch wenn Nsame gegen den FCZ startete: Morgen rechne ich mit einem Startelf-Einsatz von Silvere Ganvoula.
Er bringt die nötige Physis für dieses Niveau mit. Gelingt Ganvoula ein gutes Spiel, wird sich YB gegen die Serben durchsetzen und europäisch überwintern.
Nau.ch: Zurück in die Super League, der FCB findet mit dem 2:0 über den FCSG langsam wieder in die Spur. Was macht Fabio Celestini besser als seine Vorgänger?
Mischi Wettstein: Das habe ich Fabio Celestini (siehe Video) gestern nach dem Spiel gefragt. Für mich einer der Hauptgründe: Er ist sprachgewandt, kann sich mit allen in ihrer Landessprache unterhalten und sich so allen Spielern annehmen.
Das Miteinander beim FC Basel ist spür- und sichtbar. Sei es auf dem Platz oder beim Torjubel: Es wächst ein Team zusammen, das ist sicher der Verdienst von Fabio Celestini.
Christoph Böhlen: Ich bin noch nicht sicher, ob der Sieg gleich zum Befreiungsschlag für die Bebbi wird. Das ganze Spiel wirkt doch noch recht fragil, vor allem in der Defensive. Klar gelingt Marwin Hitz ein «Shutout», aber der FCSG tritt ausserhalb des eigenen Stadions sehr harmlos auf.
Mischi Wettstein: Was zudem auffällt: Die Tabelle der Super League nimmt langsam Formen an. Die gut gestarteten Aufsteiger und der FC Winterthur lassen häufiger Federn. Der FCW ist mittlerweile die Schiessbude der Liga. Nur der FCB stört mein Bild noch nicht in dieser Tabellenregion.
Nau.ch: Am Wochenende wartet ein weiteres Fussball-Highlight: Die EM-Gruppen werden ausgelost. Doch erst danach soll die Analyse mit Trainer Yakin stattfinden. Macht das Sinn?
Mischi Wettstein: Nati-Direktor Tamis Ankündigung, erst nach der Auslosung zusammenzusitzen, war eine Schnapsidee und wird nicht umgesetzt. Ich habe erfahren: Der SFV-Zentralvorstand wird schon morgen Dienstag tagen.
Ich erwarte nichts anderes, als dass Murat Yakin ohne jegliche Zweifel bis mindestens nach der EM 2024 im Amt bestätigt wird. Sein gültiger Vertrag bis nach der EM wird (und kann) nach dieser Analyse nicht zur Debatte stehen.
Und zur Gruppenauslosung: Mittlerweile haben wohl alle Nati-Fans gemerkt, dass Topf 4 kein Nachteil sein muss. Schliesslich ist ja sogar Titelverteidiger Italien mit uns im Topf…
Christoph Böhlen: Ich habe nur einen Wunsch: Ich möchte gerne zu Gastgeber Deutschland gelost werden. Vor 75'000 Fans in der Münchner Allianz Arena das Eröffnungsspiel bestreiten, wäre ein Highlight für die Nati. Ansonsten spielt es keine grosse Rolle, auf welche Gegner wir treffen: Im Vergleich zur Quali muss bei vielen Profis eine deutliche Steigerung her bis Juni 2024.
Nau.ch: Was ist Euch sonst noch aufgefallen?
Mischi Wettstein: Wie immer folgt der Blick in die Challenge League: Eine Prognose ist dort fast nicht möglich, jeder kann jeden schlagen! Jetzt wandelt auch der FC Thun auf dem «Achterbahn-Pfad» und verliert auswärts bei Aufsteiger Nyon. Spannend: Am Sonntag steigt das Aargauer Kantonsderby zwischen Baden und dem FC Aarau.
Christoph Böhlen: Am kommenden Sonntag wartet auch in der Super League ein Leckerbissen: YB empfängt das formstarke Servette zum nächsten Spitzenkampf. Nach dem Spiel gegen Roter Stern folgt also gleich die nächste Herausforderung. Ich bin gespannt, wie Trainer Raphael Wicky diese beiden wegweisenden Spiele moderieren wird.